Seelenraub
ist nicht der Grund.«
Beck ließ sich in einen Sessel gegenüber der Couch fallen, als würden seine Beine ihn nicht länger tragen. »Und wieso kommst du zu mir gerannt?«
»Ich habe einen Fehler gemacht, das weiß ich, aber da ist noch mehr. Ich brauche deine Hilfe, weil Ori … kein Mensch ist. Er ist ein Engel.«
»Engel vögeln nicht mit Sterblichen, Mädel. Er hat dich mal wieder angelogen.«
Sie verzog das Gesicht über die rüde Ausdrucksweise und wegen der kaum verhüllten Wut dahinter. »Er hat mir seine Flügel gezeigt.«
Beck feixte. »Ich wette, das ist nicht alles, was er dir gezeigt hat.« Dann runzelte er die Stirn. »Warum sollte ein Engel dich wollen?«
Das hatte Riley sich hundertmal gefragt, aber jetzt kannte sie die Antwort. »Weil ich Paul Blackthornes Tochter bin. Weil er meine Seele wollte.«
Damit er ein vollständiges Set hat
.
»Engel interessieren sich nicht für Seelen. Nur Höllenbrut wollen solche …«
Sie konnte genau den Moment benennen, in dem er die Wahrheit erfasste.
»Heilige Scheiße, er ist ein
gefallener Engel?
«, fragte Beck. »Wie konntest du nur so dämlich sein?«
Endlich regte sich ihr Ärger. »Ich habe einen Fehler gemacht, okay? Ich habe ihm vertraut. Du machst es doch genauso, wenn du alles glaubst, was die Schreibertussi dir erzählt.«
»Lass Justine aus dem Spiel«, sagte er. Sein Gesicht lief rot an.
»Frag dich doch mal, warum sie dich will. Weil du so gut im Bett bist, oder steckt noch mehr hinter? Bist du sicher, dass sie nicht hinter deiner Seele her ist?«
Beck schnappte sich seine Reisetasche und sprang auf, ein wildes Knurren stieg aus seiner Kehle auf.
»Ich werde mir keinen Vortrag von einem hirnamputierten Mädchen anhören, das es mit Dämonen treibt«, rief er. »Ich hatte immer gedacht, du wärst anders als die anderen. Ich war so ein verdammter Idiot.«
Mit wenigen Schritten war er zur Tür raus, Sekunden später dröhnte der Truck auf. Sie trat ans Fenster und wusste, dass sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Jetzt musste sie nach Fago gehen, raus aus Atlanta. Musste Denver Beck, die Zunft, all ihre Freunde zurücklassen.
Mit quietschenden Reifen fuhr der Truck aus der Auffahrt und auf die Straße. Als Beck davonraste, sprach er mit jemandem am Telefon und gestikulierte in Richtung Haus. Wahrscheinlich erzählte er Stewart, wie sehr sie es vergeigt hatte.
Ihr Fehler, ihr Riesenfehler, schlug bereits Wellen wie ein Tsunami. Ihre Lehrlingslizenz konnte sie vergessen. Nie und nimmer würde jemand, der sich mit einem gefallenen Engel eingelassen hatte, in der Zunft bleiben dürfen. Beck würde sie für den Rest des Lebens hassen. Das schmerzte am meisten.
Verdammt, Ori, du hast alles ruiniert. Und ich habe dich gewähren lassen.
Riley beugte sich über das Waschbecken in Becks kleinem Badezimmer und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Egal, was sie unternahm, sie fühlte sich, als würde sie von innen verbrennen, als würde der Kohlenklumpen in ihrem Bauch seine Hitze über jede einzelne Zelle ihres Körpers verteilen. Lag es daran, dass sie mit einem gefallenen Engel geschlafen hatte? Würde es jemals aufhören? Sie starrte ihr Spiegelbild an. Sie hatte Schweißperlen auf der Stirn, und ihr Gesicht war trotz des kalten Wassers gerötet.
Gott, sehe ich alt aus
. Als hätte eine Nacht mit Ori sie drei Jahrzehnte gekostet. Die dunklen Ringe unter den Augen traten noch deutlicher hervor, und die Haut wirkte durchscheinend, aber nicht auf angenehme Weise. Riley zupfte an einem silbernen Haar, das sie an ihrer Schläfe entdeckte. Sie war erst siebzehn. Wie konnte sie jetzt schon graue Haare haben? Sie riss es heraus, musterte es finster und spülte es ausgesprochen mürrisch im Ausguss hinunter.
Ein scharfes Klopfen rüttelte Riley auf. Jemand hämmerte gegen das Badezimmerfenster. Das konnte nicht Ori sein. Der würde einfach aus dem Nichts auftauchen, sie packen und mit ihr an einen entlegenen Ort verschwinden, wo er sie martern konnte. In die Hölle, zum Beispiel, wo diese dämlichen Fußball-Dämonen lebten.
Das Klopfen hörte nicht auf, wurde heftiger, und sie meinte, eine vertraute schrille Stimme zu hören. Riley schob den Vorhang beiseite und schrak überrascht zurück. Die Elster aus ihrer Wohnung fuchtelte wild mit den Armen und hüpfte auf dem Fenstersims herum.
»Was machst du denn hier?«
Der Dämon kreischte etwas.
»Ganz ruhig. Was versuchst du zu sagen?«
»Dämoooonen…jääägrr«, rief
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