Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
Vom Netzwerk:
liegt in der Oxidationszeit zwischen Grün und Schwarz, aber …«
    »Ja, ja, Vorlesung brauch ich keine. Sehr schön im Geschmack, leicht seidig. Auch die Farbe ist wunderbar.«
    »Hm«, Glanicic-Werffel hatte schon die zweite Tasse in der Hand. Das war mir gar nicht recht. »Leuchtend goldig.«
    »Davon werden nur ein paar Hundert Kilo im Jahr hergestellt.«
    »Wie kommen Sie dann dazu?«
    »War eine Art Bestechung.«
    »Ich hoffe, es hat sich rentiert?«
    »Hauptsächlich Lebensgefahr und ein gebrochenes Herz, aber der Tee wiegt das wieder auf.«
    »Lassen wir die Blödeleien. Ich brauche einen Kontakt von Ihnen.«
    »Ah ja.«
    »Ja. Sie kennen doch Leute in gewissen Kreisen.«
    »Ein paar.«
    »Gibt es Auftragskiller wirklich und wenn ja, was kosten sie?«
    Der schöne Morgen war dahin. Nicht einmal der Tee schmeckte mehr. Was für eine Schande.
    »Geben tut’s die schon, aber ich rate ab. Solche Sachen gehen immer schief und schlussendlich …«
    »Ich will den Kontakt und keinen guten Rat.« Glanicic-Werffel schenkte sich nach. »Also diesen Tee ziehe ich jedem Champagner vor.«
    »Freut mich, dass er Ihnen schmeckt. Ich glaube trotzdem …«
    »Den Kontakt. Können Sie’s oder nicht?«
    Ich wand mich auf dem Stuhl, während sie mich mit ihrem Blick festnagelte. Wenigstens wusste ich jetzt, wo die Griechen die Idee mit den Medusenhäuptern herhatten.
    »Jetzt zieren Sie sich nicht. Ich habe gar nicht vor, einen Experten auf meinen Mann anzusetzen. Es geht mir mehr um die seelische Beruhigung. Dass ich weiß, dass ich es jederzeit kann, wenn ich will.«
    Sie schob mir einen Stift und ein exakt ausgeschnittenes Stück Papier hin. Ich schrieb eine Nummer drauf. Irgendeine. Sie meinte nur: »Na also, war doch nicht so schwer.«
    Zwei Minuten später saß ich wieder in meinem Büro, der Oolong war leer und der Reiz der Brandenburger Konzerte verflogen. Ich hatte zum ersten Mal mit einer Frau gefrühstückt, mit der ich nicht zuvor geschlafen hatte. Außer mit meiner Mutter natürlich. Aber der Vergleich machte mich gar nicht froh.

II
    Nachdem Glanicic-Werffel das Institut Richtung Marriott verlassen hatte, atmete ich tief durch. Endlich wieder alleine. Ich beschloss, heute alles ruhen zu lassen. Mir konnte die ganze Welt gestohlen bleiben, nur ich, Tee und der Panini. Vielleicht auch noch ein bisschen Blues, doch der erst später. Wie immer, hielt auch an diesem Tag das Leben nichts von meinen Plänen, denn mein Handy surrte, kaum dass ich mich über das Buch gesetzt hatte. Es war Erich.
    »Hast du was?«
    »Ja. Keine Ahnung.«
    »Ich muss nachher zum Kardinal. Er hat heute Morgen schlechte Laune. Also ein bisschen mehr Ernst bitte.«
    Mit ein wenig mehr Ernst, aber nicht mehr als unbedingt nötig, schilderte ich ihm den gestrigen Abend in allen Details. Natürlich ohne die Unterredung mit meiner Chefin. Und ein paar andere Sachen ließ ich auch noch aus.
    »Also bis jetzt habe ich überhaupt gar nichts gefunden, das in irgendeiner Hinsicht auf den großen Versucher hindeutet.«
    »Die theologische Beurteilung überlasse getrost den Spezialisten, von dir will ich nur die Fakten hören. Wir werden sehen, was der Kardinal sagt.«
    Mit einem kurzen Gruß legte er auf. Ich legte das Handy beiseite, rückte den Stuhl zurecht und vertiefte mich wieder in das Buch. Keine vier Worte später die nächste Störung.
    »Hi, Shahin.«
    »Stell dir vor, ich hab was gefunden.«
    »Bin ganz Ohr.«
    »Komm zu mir, erzähl ich dir dann. Das ist gemütlicher.«
    »Für gewöhnlich sagen das die Leute, die dann tot sind, wenn man bei ihnen eintrifft. Dir ist klar, dass du aus narrativtheoretischer Sicht soeben Selbstmord begangen hast?«
    »Guter Aspekt. Man könnte auch sagen: ›Er richtete sich selbst‹. Find ich super. Bis nachher.«
    Wieder aufgelegt.
    Ich hatte mich noch kaum auf den Weg zu Shahin gemacht, als das Handy schon wieder vibrierte.
    »Servus, Reichi.«
    »Alles safe? Kann ich auch?« Es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, was er meinte.
    »Ich würde mit dem Seelenverkaufen noch warten. Mir scheint, da spielt sich was im Hintergrund ab.«
    »Buhu, du jagst mir keine Angst ein. Ich wollte Luzi schon immer mal kennen lernen.«
    »Wirst du schon noch, keine Sorge. Doch darum geht’s mir im Moment gar nicht. Es ist einfach keine gute Gelegenheit. Korkarian ist nervös, irgendwas geht da vor. Sobald sich der Rauch verzogen hat, gebe ich dir Bescheid.«
    »Na gut.«
    »Du bist 29 Jahre mit deiner Seele

Weitere Kostenlose Bücher