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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Millionärs, die andere wegen eines Papyrus, den sie dann erst recht nicht erwischen konnte.
    Glanicic-Werffel hörte aufmerksam zu, bis zu dem Moment, an dem ich von meiner Chefin zu sprechen begann, vor der ich in konstanter Angst lebte, für die ich Aufsätze schreiben musste und die mit einem Nicken meiner Existenz ein Ende setzen könnte. Da unterbrach sie mich.
    »Wenn Sie auf meinem Stuhl sitzen, dann werden Sie auch nicht mehr alles selbst schreiben müssen. Sie insubordinieren jeden Tag, ich muss alles aufbieten, um Ihnen Paroli bieten zu können, um noch wenigstens einen letzten Rest von Achtung mit nach Hause zu nehmen.«
    Ich sagte ihr, dass es mir gleich ginge. Danach schwiegen wir beide.
    »Sie haben mir da viel zum Nachdenken gegeben, Linder.« Sie stützte ihren Kopf in ihre Hände, die Ellbogen auf dem Tisch. Ein bronzener Armreif rutschte langsam zum Ellenbogen hinab und sie lächelte. Müde, aber die Fältchen wirkten wieder sexy und kein bisschen mutlos. Um ein Haar hätte ich sie geküsst. Sie bemerkte es, fuhr mir ganz leicht über meine Rechte, die auf dem Tisch lag, und stand dann auf.
    »Ich denke, es ist besser, wenn Sie jetzt gehen.«
    »Sie wollen doch nicht hier schlafen?«
    »Wo sonst? Nach Hause gehe ich sicher nicht.«
    »Es gibt Hotels.«
    »Ich hab ein Zimmer reserviert, im Marriott. Mein Gepäck ist schon dort. Ich bin eine Dame, ich werde sicher nicht allein um halb zwei Uhr morgens in einem Hotel ankommen.« Einen Hinweis darauf, dass sich ja auch schon am Nachmittag dafür Zeit gefunden hätte, unterließ ich.
    »Soll ich Sie hinbegleiten?« Ich war ebenfalls aufgestanden.
    Einen Moment zögerte sie, war sich nicht sicher. Dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle.
    »Das wär ja noch schöner. Sicher nicht. Gehen Sie jetzt, ich bin kein Porzellanpüppchen, eine Nacht kann ich auch im Sessel schlafen.«
    »Aber morgen werden Sie ins Hotel ziehen?«
    »Wollen Sie mich loswerden, Linder? Das hier ist mein Institut.« Mit diesen Worten schob sie mich bei der Türe hinaus in den dunklen Gang. Dort stand ich noch ein Weilchen, unfähig zu verstehen, was da eben passiert war.

Kapitel 3

I
    Der nächste Morgen war ein Wahnsinn. Kühle Luft drang durch das geöffnete Lichtfenster, meine Fliege saß auf meiner Wange und es duftete nach Regen. Draußen hingen die Wolken tief und grau, keine Spur von Sonne. Ich kuschelte mich noch ein wenig in meine Decke, erneuerte den Schwur gegen den Quälgeist und stand dann auf. Ich kramte zwei Boxen aus der untersten Schublade, schloss meinen iPod an und ließ die Brandenburger Konzerte erklingen. Das war Musik für weiße Batistservietten, Silberkelche und Champagner, nebst Perücken, Spitzenmanschetten und geistreicher Konversation. Hatte ich zwar alles nicht, aber das ließ mich kalt. Ich schnappte mir den Wasserkocher und ging ihn füllen. Wenigstens guter Tee war vorhanden. Ende April hatte mich jemand mit einer Portion Formosa Fancy Oolong erfolgreich bestochen. Davon gabs noch ein paar Gramm. Superior Quality. Damit macht das Leben Spaß.
    Ich kam gerade von der Toilette zurück, der Wasserkocher war gefüllt und ich gewaschen, als in meinem Hinterkopf etwas zu dämmern begann. Ich kam nicht drauf, was. Erst als sich die Institutstüre öffnete und ich in Shorts vor meiner Chefin stand, kam mir die gestrige Nacht wieder zu Bewusstsein. Zu spät. Wie immer.
    »Linder, ziehen Sie sich Hosen an, wir frühstücken gemeinsam. Und bringen Sie die Boxen mit, ich liebe Bach, auch wenn Ihre Aufnahme eine Katastrophe ist.« Ich zog mich noch schnell an, machte den Tee und kam mit meinen Sachen in ihr Büro. Der Ehrlichkeit halber sei gesagt, dass der Bach zu ihren Räumlichkeiten entschieden besser passte als zu meinen. Jedoch hatte ich in den Shorts herrlich gefröstelt, im Juli ist das was Wundervolles.
    Vor mir standen ein doppelter Espresso, zwei mürbe Kipferln und ein Glas Orangensaft. Dazu noch der Bach und der Oolong, es war gar nicht schlecht. Das wollte ich mir nicht anmerken lassen. Nach der zweiten Tasse vom Oolong hatte ich die Erinnerungen an gestern Nacht verdaut und bemerkte: »Sie hätten nicht so knausrig zu sein brauchen, wir hätten auch im Palais Coburg frühstücken können. Da soll es sogar ›free flow‹ Champagner geben.«
    »Mit Ihnen lass ich mich dort nicht blicken. Ihr Tee riecht gut, würden Sie mir einschenken?« Gefragt, getan. »Hmmm. Der ist nicht schlecht. Das ist kein Grüntee, oder?«
    »Nein, das ist Oolong. Der

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