Seelenschacher
Sache.«
»Alles hat so seine Vorteile.«
»Genau.«
»Willst du mir nicht wenigstens sagen, was du dort suchst?«
»Sicher nicht. Aber deine Telefonnummer wär interessant.«
Einen Augenblick später war auch das erledigt und ich hielt ihm die Hand hin. Er zögerte.
»Meine Finger sind dreckig.«
»Nur an der Oberfläche.« Er lächelte wieder auf seine ganz spezielle Art. Gott sei Dank war ich keine Frau. Dann schlug er ein.
Als ich schon im Gehen war, kam noch eine Frage.
»Wenn ich dich einfach verpfeife?«
»Du meinst, du rufst bei der Polizei an?«
»Was dann?«
»Dann müssen sie mich auf frischer Tat ertappen, sonst bringt das ihnen nichts. Außerdem tust du’s nicht.«
»Woher willst du das wissen?«
»Bist nicht der Typ dafür.«
Ich drehte mich einfach um und ging. Er war ganz sicher nicht der Typ dafür. Hoffentlich.
Erstaunlicherweise fühlte ich mich danach doch um einiges besser. Vielleicht ging sich im Laufe des Tages sogar ein Glas Wasser aus. Der Durst war kaum mehr auszuhalten. Ich ging hinüber in den Reithofferpark und legte mich auf eine Bank, nachdem ich die Reste des Nachtregens, der sich im Schatten der Bäume bis jetzt gehalten hatte, abgewischt hatte. Tauben spazierten gurrend herum, ein paar Kinder spielten Fußball im Käfig und Mütter saßen auf den Bänken, Sonnenblumenkerne knabbernd. Ich lag auf dem Rücken und starrte in den grauen Himmel hinauf. Die Sonne schien zwar nicht, es war auch nicht so heiß wie die letzten Tage über, aber die Schwüle nahm zu. Mein Jackett hatte ich mir unter den Kopf geschoben. Die Zeit war gekommen, Erich anzurufen.
»Ja.«
»Hi. Ich werd’s machen.«
»Gut. Alles, was du findest, bringst du morgen mit. Ich sag dir dann, wo wir uns treffen.«
»Halt, so schnell schießen die Preußen auch wieder nicht. Das Ganze wird, wenn alles glattläuft, erst morgen Abend steigen.«
»Morgen erst.«
»Ja.«
»Gehts nicht schneller?«
»Es ist so schon viel zu schnell. Eigentlich muss man so was ein paar Tage vorbereiten.«
»Wie willst du das anstellen?«
»Ich fahr hin, steig ein und fahr heim.«
»Ernst jetzt.«
»Sicher, ist mein Ernst.«
»Du willst nicht darüber reden.«
»Genau.«
»Dann viel Glück und lass dich nicht erwischen.«
»Schon gut.«
Wir legten auf. Dass ich gar nicht bei Korkarian einsteigen wollte, hatte ich ihm nicht gesagt. Auch Erich musste nicht alles wissen. Ich starrte noch ein wenig in den Himmel hinauf, dann rollte ich mich zusammen und schlief ein.
Kapitel 5
I
Zwei Stunden später saß ich in meinem Büro. Regentropfen schlugen hart an die Fensterscheiben und draußen war es dunkel. Herinnen brannte das Licht, der Tee zog in der Kanne und ich hatte mein letztes Hemd angezogen. Die gleichen Tropfen, die es jetzt in meinem Büro so heimelig werden ließen, hatten mich von meiner Bank vertrieben. Alles war nass gewesen, ehe ich aufgewacht war. Sommerregen kann was Wunderschönes sein, allerdings nur, wenn man Sachen zum Wechseln und ein Dach über dem Kopf hat. Vor allem das mit dem Dach ist eine wichtige Sache, die für gewöhnlich unterschätzt wird. Also war ich zurück auf die Uni gefahren. Anabolikagebirge hin oder her. Wenn schon in Unannehmlichkeiten schlittern, dann wenigstens mit Tee, und davon hatte ich noch einen schönen Vorrat im Büro.
Voller Vorfreude stand ich neben der Kanne und wartete darauf, dass ich mir eine Schale einschenken konnte. Da ging die Tür auf und jemand trat ohne Grußwort ein. Ein bisschen kleiner als ich und hager. Er trat an den Tisch, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, und schenkte sich ohne zu fragen meine Schale voll. Dann stürzte er den Inhalt hinunter.
»Hm, Illam Feng.«
Er füllte nach. Die zweite Tasse nahm er in zwei Schlucken.
»Den magich überhauptnicht.«
Wieder schenkte er nach und setzte sich dann mit der vollen Schale in der Hand auf den Studentenstuhl.
Ich brauchte ein wenig, um mich zu erinnern, wo ich den Mann schon mal gesehen hatte. Seine zusammengezogene Sprechweise half mir auf die Spur.
»Hm, hastnähnliches Loch wieich.«
Da fiel der Groschen bei mir.
»Was kann ich für Sie tun, Herr Aronofsky?«, fragte ich, mich setzend.
»Hastwasvergessen, bei mirimBriefkasten.« Schwupps, die dritte Tasse war geleert und eine vierte nachgeschenkt. »Ahh. Tee.«
Genau. Tee. Und zwar meiner. Wenn ich mich nicht beeilte, dann blieb für mich nichts mehr übrig. Also schnappte ich mir meine Bürokanne und holte mir eine Schale
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