Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
Vom Netzwerk:
aus einer der Schubladen meines Schreibtisches. Dann schenkte ich ein. Zuerst mir, dann ihm. Die Kanne behielt ich in der Hand. Sicher ist sicher.
    »Was soll ich denn bei Ihnen vergessen haben?«
    »Euros.«
    »Und darum sind Sie hier?«
    »Genau.«
    »Wie haben Sie mich gefunden?«
    »Ich bin Detektiv. Ein echter. Nichtsoein Amateurwie du.« Er hielt mir die Schale entgegen. Zuerst ignorierte ich seinen Wunsch, doch dann knurrte er ein wenig. Das Knurren fand erst ein Ende, als die Schale randvoll war. Genießerisch schlürfte er.
    »Das heißt, Sie haben seit März nach mir gesucht und mich nun gefunden?«
    »Soungefähr.«
    »Und jetzt wollen Sie mir das Geld zurückgeben.«
    »Genau.« Er leerte seine Schale und hielt sie wieder her, für einen Refill. Während er darauf wartete, dass ich nachschenkte, holte er einen zerknautschten Schein aus einer Hosentasche und legte ihn auf den Tisch. Es war ein Fünfziger.
    Soweit ich mich erinnern konnte, hatte ich ein paar Hunderter bei ihm gelassen.
    »Was ist mit dem Rest?«
    »Ist draufgegangen. Spesenundso. Aber ein Aronofsky bleibt nichts schuldig.« Ich streckte die Hand aus, um den Schein an mich zu nehmen.
    »Nichtsoschnell.«
    »Ja?«
    »Ichhabwas, könnte gutundgerne einen Fünfziger wert sein.«
    »Was?«
    Er hielt mir die Teeschale entgegen. Ich schenkte nach.
    »Ihr Teeistleer.« Er musste es ja wissen, schließlich hatte er ihn ausgetrunken. Mir war gerade eine Tasse geblieben. »Sollteneinen neuenaufsetzen.« Ich tat wie geheißen. »Aber keinen Feng. Sencha.« Also gut, Sencha.
    Während ich herumwerkelte und den Wasserkocher anmachte, ging das Gespräch weiter.
    »DiekleineMila, diemachtWeltreise, mit allem Drum und Dran.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Ich bin Detektiv. Wir wissensoeiniges. Hatdichordentlich aufs Kreuz gelegt.« Dem war nichts hinzuzufügen.
    »50 Euro ist mir das nicht wert.«
    »Denkichmir. Aber die Anwältin, die Lignamente. Vonderweißichwas.«
    »Was?« Mir zog sich der Magen zusammen.
    Er streichelte den Geldschein. Ich nickte.
    »SiehatnFreund. Ziemlicher Bonze, sonGeldscheissertyp. Würdmichbeeilen. Die wollnsschon zusammenziehen.«
    »Und was soll ich dagegen tun?«
    »AlsDetektivbist du Scheiße, aber sonst ganz in Ordnung. Keiner von den 99Prozent Vollidiotendadraußen. Wirddirschonwas einfallen.« Eine kleine Pause. »Obwohl bisschen knausrig mit dem Tee vielleicht.« Der war gerade fertig geworden und ich schenkte nach. Er stürzte die Tasse hinunter und griff sich den Schein. »Somussweiter. Onefortheroad?« Ich nickte. Er holte eine verbeulte Thermoskanne aus der Tasche und schraubte auf. Ich füllte ein. Nachdem seine Thermoskanne voll war, blieb mir gerade noch eine Tasse. Aber das war Aronofsky egal, denn er war schon draußen. Ich hörte seine Schritte auf dem Gang und dann die Institutstür. Wie hatte er die eigentlich aufgekriegt? Ach ja, der Mann war Detektiv.

II
    Die Wolken hatten sich verzogen, die Sonne brannte hell herunter und das Regenwasser kochte förmlich auf dem schwarzen Asphalt. Die Stadt hatte etwas von einem Dampfbad. Nur nicht ganz so sauber.
    Die Augen der Weltgeschichte sahen Arno Linder auf dem Weg über den Roosevelt-Platz hinüber in die Liechtensteinstraße. Dort befindet sich ein pakistanisches Restaurant, in dem man das bezahlt, was man will, keine Fleischgerichte serviert werden und das Curry feuert wie im Punjab. Obwohl es auf dem »Zahl so viel du willst«-Prinzip basiert, existiert es schon ein paar Jahre. Auch so ein Wunder im Zeitalter der ›Geiz ist Geil‹-Mentalität, hinter das ich nie so ganz gekommen bin.
    Wie immer war das Lokal voll. Studenten, Alternative und Pakistani saßen an den Tischen und schnatterten beim Schmatzen. Ganz weit hinten in der Kakafonie war leiser indischer Pop zu hören. Schweißiger Gewürzduft trieb in schweren Schwaden durch den Raum, immer im Kampf mit dem Zigarettenrauch. Alle schienen beim Essen zu qualmen. Wenn möglich, war es herinnen noch heißer als draußen. Cumin und Koriander ließen mir das Wasser im Mund zusammenlaufen, während die Hitze mir den Schweiß auf die Stirn trieb. Ich schnappte mir einen Teller und schöpfte. Rotes Erdäpfelcurry, gedünstete Brokkoli, zwei warme Chapati-Fladen und eine Kelle gelben Reis mit Rosinen drin.
    Neben einem Pärchen unbestimmter Herkunft, er mit Islamistenbart, sie im Mini, fand sich noch ein Plätzchen. Doch nur, weil ich mich klein machte und den Teller auf den Schoß nahm. Er war blond und

Weitere Kostenlose Bücher