Seelensplitter - Unsterblich wider Willen (German Edition)
gewundert. Immerhin hat sie offenbar keine Ahnung von Höflichkeit. Und du hast mir ja bereits erklärt, wie wichtig die dir ist“, spöttelte Melica.
Jonathan legte den Kopf schief. „Du meinst, weil sie nicht mit dir geredet hat?“
Als Melica nickte, verschränkte Jonathan die Arme vor der Brust. „Das ist schon ganz richtig von Klara gewesen. Ich glaube, das ist die einzige Regel, die sie kennt, aber es ist immerhin ein Anfang.“ Sein Lächeln verschwand, seine Augen wurden abweisend. „Klara weiß, dass du ein Dämon bist, Melica. Als Mensch steht sie demnach weit unter dir. Es wäre respektlos, wenn sie dich ohne deine Erlaubnis angesprochen hätte.“
Verwundert runzelte Melica die Stirn. „Warum beschwert sie sich nicht? Sie kann doch nicht ernsthaft glauben, dass Menschen weniger wert wären als Dämonen! Sie ist doch selbst einer!“
„So ist es aber nun einmal“, erklärte Jonathan achselzuckend. „Wir stehen über den Menschen. Dass sie es akzeptiert hat, ist das einzig richtige.“
„Aber wie kommt ihr denn darauf?“, fragte Melica verblüfft. „Menschen sind genauso wichtig wie wir!“
Jonathan lächelte spöttisch. „Du bist noch nicht lange genug dabei, um das zu verstehen“, sagte er. Er trat erneut auf die Einkerbung an der Mauer zu und drückte auf den Knopf. Augenblicklich schob sich die weiße Wand zurück vor die Stahltür.
Melica schüttelte den Kopf, sagte jedoch nichts dazu. Stattdessen runzelte sie die Stirn. „Wo kam die eigentlich her?“
„Von oben. Ich habe dir doch bereits erklärt, dass das alles so funktioniert wie in einem Aufzug.“
„Das habe ich schon verstanden“, erklärte Melica augenrollend. „Ich wollte aber wissen, warum sie genau in dem Moment herausspaziert kam, in dem du auf den Knopf da gedrückt hast.“
Jonathan zuckte mit den Schultern. „Es war nicht mehr als ein Zufall, dass wirklich jemand den Schacht benutzen wollte. Eigentlich hatte ich gedacht, der Raum hinter der Stahltür wäre leer. So wirkte das alles aber um einiges eindrucksvoller. Du hast echt Glück-“ Seine Worte gingen in einem ohrenbetäubenden Pfeifen unter. Auch der Boden begann erneut zu wackeln.
Melica blickte Jonathan ungläubig an. „Ist da etwa schon wieder jemand drin, der rausmöchte?“
Jonathan nickte und drückte zum dritten Mal auf den Knopf.
Während Melica beobachtete, wie sich die weiße Wand zur Seite schob und die Stahltür freilegte, musste sie zugeben, dass sie diese Technologie irgendwie faszinierte.
„Kommt man da alleine nicht raus?“, fragte sie neugierig.
„Nein, die Tür muss von außen geöffnet werden. Deshalb auch dieser Lärm. Wir Schattenkrieger übernehmen abwechselnd die Rolle des Pförtners. Er hat dann für einige Stunden die Pflicht, jeden von uns einzulassen, wenn er das Pfeifen hört.“
Mit drei kurzen Schritten war Jonathan an der Stahltür angelangt und wollte sie schon aufreißen, als Melica ihn zurückhielt: „Darf ich?“
Jonathans Augenbrauen schnellten in die Höhe. „Wozu?“
„Es interessiert mich. Ich muss es ohnehin lernen, wenn ich mich euch anschließe.“
„Ich weiß nicht, ob du das darfst. Es ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe.“
Melica warf ihm einen ungläubigen Blick zu. „Ich möchte eine Tür öffnen, du Idiot! Da ist nichts Verantwortungsvolles dran!“
Jonathan zögerte. Dann zuckte er mit den Schultern und trat einen Schritt zurück. Mit einem leichten Kopfnicken bedeutete er ihr, näher zu kommen.
Ein Grinsen überfiel Melicas Gesicht. Als sie direkt vor der Tür stand und die Hand auf den Griff legte, seufzte sie leise. „Hör‘ auf mich anzustarren! Das macht mich nervös!“
„Vergiss es!“, antwortete Jonathan schlicht.
Melica warf ihm einen verärgerten Blick zu. Sekunden später schob sie einen kleinen Riegel zur Seite und öffnete die Tür. „Oh Gott!“, hauchte sie entsetzt. Dann schlug sie die Tür mit einem spitzen Schrei zurück ins Schloss.
„Isak!“ In Jonathans Stimme schwang pures Entsetzen mit. „Scheiße, Isak! Komm‘ sofort her!“
Melica störte sich nicht an Jonathans Schreien, so laut sie auch waren. Sie war vor Schreck völlig gelähmt. Der Mann, der dort hinter der Tür wartete…
„Was ist los?“ Isak stürmte in die Halle, das Gesicht überschattet von Sorge.
Jonathan deutete auf die Stahltür. „Dieser Sarcone. Er ist hier.“
„Sarcone?“, wiederholte Isak, während er Melica sanft zur Seite schob und die Tür erneut öffnete.
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