Seelensturm
während ich ein paar Schritte hin und her lief, was mir beim besseren Denken half.
»Solange es nötig sein wird«, gab er knapp zurück. So langsam ärgerte ich mich ein wenig über ihn. Ständig sprach er in Rätseln.
»Was heißt das denn schon wieder?«
»Du bist ungeduldig, stimmt´s?«
»Was erwartest du denn? Du bestellst mich hier her, lässt mich deinen Spion halten und streicheln, willst unbedingt mein Vertrauen, obwohl wir beide wissen, dass das paradox ist. Ich habe keine Ahnung, woran ich nun bin und verstehe ehrlich gesagt überhaupt nicht, warum du wolltest, dass ich hierher komme.«
Lange sah er mich schweigend an. »Tja, ... wenn ich ehrlich bin, weiß ich es selbst nicht so genau. Aber ich sage dir was, Amy, auch wenn ich ein Taluri bin und es meine Aufgabe ist, dich zu töten, spüre ich noch etwas anderes. … Es ist wie eine Barriere, die mich stoppt, das zu tun, was ich schon viele Male getan habe. Mein Gefühl sagt mir, dass es falsch wäre. Das Verrückte an der Sache ist, ... normalerweise habe ich keine ... Empfindungen. Seit ich dich das erste Mal gesehen habe, nehme ich etwas wahr, das mir völlig fremd ist und ich habe keine Erklärung dafür.«
Konnte das sein? Kurz dachte ich über seine Worte nach. Nichts zu empfinden war für mich unvorstellbar. Wie sollte das funktionieren? Gefühle wie Angst, Glück, Trauer oder Wut kann doch jeder fühlen! Das war doch menschlich. Sollte ich ihm das abnehmen? Hatte dieser Morgion etwas damit zu tun?
»Du kannst nichts empfinden?«, fragte ich ungläubig und kräuselte angestrengt meine Stirn.
»Nein, nichts. Außer bei dir.« Mit seiner Hand berührte er seinen Oberarm und massierte den Muskel unterhalb seiner Schulter. Sein Geständnis verwirrte mich. Wie sollte ich damit umgehen? War das vielleicht eine Möglichkeit, ihn zu töten, bevor seine Gefühlswelt in Ordnung kam und er seine Meinung wieder änderte?
»Was fühlst du denn?«, wollte ich wissen.
Er dachte nach und schwieg. Auch er hatte sich von dem kleinen Felsen erhoben und ging nun ein paar Schritte umher.
»Ich weiß nicht genau, ob das mit dir persönlich zu tun hat oder dich als Illustris betrifft, aber ich spüre, wenn ich dich enthaupten würde, dass es falsch wäre, was eigentlich unmöglich ist. Zu dem fühle ich ... naja, ich weiß nicht genau, wie ich es sagen soll. Es sind meist ... aufregende und ... schöne Gefühle. Ich denke, … ich mag dich und genau das ist das Verrückte daran. Ich kann normalerweise niemanden mögen, außer meine Brüder.«
Er mag mich! Seine Worte hallten in mir nach, während er mich unsicher ansah. Ich war nicht entsetzt darüber, im Gegenteil, mein Herz schlug schneller und ich fühlte genau wie er.
»Du bist mir … sympathisch, seit ich dich das erste Mal sah«, sagte er leise gedankenverloren. »Vergiss es, vergiss einfach, was ich gerade gesagt habe, ... das ist alles so verwirrend für mich«. Jetzt wollte er sein Geständnis zurücknehmen und machte dazu eine abwinkende Handbewegung.
»Nein!«, unterbrach ich ihn eine Spur zu schnell.
Luca musterte mich neugierig. Ich fühlte förmlich seine Verzweiflung, die mir den Schrecken vor ihm nahm. »Ich habe keine Angst, obwohl ich weiß, wer und was du bist. Ich bin ... gerne heute Nacht gekommen.«
Mir war nicht klar, warum ich ihm dies sagte, doch der Augenblick seines Geständnisses verursachte auch in mir ein Durcheinander. Einerseits sollte ich ihm zeigen, dass ich mich nicht von seinem Vorhaben einschüchtern lassen würde und andererseits spürte ich, wie mein Körper in freudiger Aufruhr war.
Schweigend sahen wir uns lange an. Ich war fasziniert von ihm, obwohl ich ihn hassen sollte. Doch ich wusste, dass ich das nicht konnte und ich hatte es geschafft, mir dies einzugestehen.
Aus unseren ernsten Gesichtern wichen die tausend Fragen und die Zurückhaltung, bis wir uns schließlich anlächelten. Ich musste völlig verrückt geworden sein!
Wieder einmal unterbrach das Rauschen des Funkgerätes unser Gespräch und es erinnerte mich daran, dass es Zeit wurde. Ich sollte mich auf den Rückweg machen. Seine Geschichte hatte mich ergriffen. Ich verstand zwar nicht viel von seiner Welt, doch löste er mehr in mir aus, was ich lieber schnell unterdrückte.
»Du solltest jetzt gehen, Amy«, sagte er tonlos und ich glaubte, Bedauern herauszuhören.
Schweigend sah ich ihn an. Er tat mir fast leid, er wirkte irgendwie verloren. Eigentlich sollte ich froh sein, dass er so
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