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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Frau in der Einheitskleidung des Clubpersonals – gelbes Poloshirt und gelbe Shorts – sammelte am Beckenrand gerade Schwimmhilfen aus Styropor ein. Vera winkte sie zu sich heran.
    «Ja, bitte?» An einer Nylonschnur um den Hals der jungen Frau hing ein Namensschild: Sie hieß Lisa.
    Lisa warf die Schwimmhilfen auf einen Haufen und setzte ein professionelles Lächeln auf.
    «Im Dampfbad liegt eine Tote.» Der Lärm im Hintergrund war so laut, dass Vera nicht befürchten musste, jemand könnte sie hören.
    Aber die junge Frau hatte sie gehört. Ihr Lächeln verschwand. Lisa starrte sie an, sprachlos und entsetzt.
    «Ich bin von der Polizei», sagte Vera. «Detective Inspector Stanhope. Bleiben Sie hier stehen. Gehen Sie nicht hinein und lassen Sie auch niemanden sonst hineingehen.» Immer noch keine Antwort. Lisa starrte sie weiterhin an. «Haben Sie mich verstanden?»
    Lisa nickte – offenbar noch immer unfähig, etwas zu sagen.
    Der Umkleideraum war fast leer, schließlich war der Aerobic-Kurs noch nicht zu Ende. Vera nahm ihr Handy aus dem Schließfach und rief Joe Ashworth an, ihren Sergeant. Einen Augenblick lang überlegte sie, ob sie lügen sollte. Ich habe einen Kaffee an der Bar getrunken, und jemand vom Personal hat mich heruntergerufen, als sie die Leiche entdeckt haben. Aber das ging natürlich nicht. Sie hatte im Dampfbad geschwitzt, geniest. Ihre DNA würde dort sein. Neben der DNA zahlloser anderer Mitglieder des Fitness-Clubs. Und davon ganz abgesehen, wie oft hatte sie sich nicht schon über die kleinen Lügen aufgeregt, die Zeugen erzählten, um peinliche Dinge zu vertuschen?
    Mit der freien Hand zog Vera sich ihren Schlüpfer an. Wenn der Kurs erst mal vorbei war, würden die Leute Schlange stehen, um ins Dampfbad zu gehen, und sie war sich nicht sicher, ob die Kleine in Gelb das Zeug dazu hatte, die Menge aufzuhalten.
    Ashworth meldete sich.
    «Ich habe hier einen verdächtigen Todesfall», sagte sie. Sie brauchte ihm ja nicht gleich zu erzählen, wie sie in die Sache verwickelt war. Rasch skizzierte sie ihm die Einzelheiten. «Veranlassen Sie alles Nötige und kommen Sie dann her.»
    «Kann es denn kein natürlicher Tod gewesen sein? Die Hitze, die Anstrengung, da denkt man doch gleich an einen Herzinfarkt. Vielleicht hat ja einer von den Leuten im Fitness-Club zu viel Krimis im Fernsehen gesehen? Hat zwei und zwei zusammengezählt und fünf herausgekriegt?»
    «Die arme Frau ist erdrosselt worden.» Vera wusste, dass es unsinnig war, aber irgendwie erwartete sie, dass Ashworth ihre Gedanken lesen konnte, und wurde dann jedes Mal ungehalten, wenn sich herausstellte, dass dem nicht so war. Nur: Hätte sie ihn wirklich wegen eines Herzinfarkts alarmiert?
    «Ich bin sowieso in der Gegend», sagte er. «In dem Gartencenter gleich die Straße runter, um ein Geburtstagsgeschenk für meine Mutter zu besorgen. Bin in zehn Minuten da.»
    Sie legte auf und zog sich fertig an. Irgendwie war ihr Rock auf den Badeanzug gefallen und hatte jetzt hinten einen nassen Fleck. Es sah aus, als hätte sie in die Hose gemacht. Leise fluchend ging sie zurück in die Schwimmhalle, wobei sie über die Fußbecken hinwegstieg und missbilligende Blicke auf sich zog. Menschen in Straßenkleidung gehörten hier nicht hin. Sie musste den Geschäftsführer suchen, wollte aber am Tatort bleiben. Der Aerobic-Kurs erreichte gerade seinen Höhepunkt. Eine Schlange tänzelnder Damen – mit einem oder zwei Herren darunter – kreiste durch das Becken. Die Musik verstummte, und die Schlange löste sich in einen lachenden, schwatzenden Haufen auf. Die Frau im Gymnastikanzug rief in ihr Mikrophon, dass sie alle sehr gut gewesen seien, sie freue sich darauf, sie beim nächsten Mal wiederzusehen.
    Vera ergriff die Gelegenheit und schnappte sich das Mikrophon aus der Hand der Kursleiterin. Dann hielt sie einen Moment lang inne. Sie hatte es schon immer genossen, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Sie wusste genau, dass die Leute sie für eine Schießbudenfigur hielten, aber das war ihr lieber, als wenn man sie gar nicht beachtete.
    «Ladys und Gentlemen.»
    Die Leute starrten sie an, augenscheinlich verwirrt von dieser Frau, die so ganz offensichtlich nicht hierher gehörte. Was ging da vor sich? Vielleicht eine Demonstration? Die Demokratische Front der Fetten, die auf ihr Recht pochten, ungesund zu leben? So zumindest schätzte Vera ihre Reaktion ein. Aber sie war angezogen, und das verlieh ihr eine gewisse Überlegenheit.

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