Seepest
Lichter von Langenargen, wenig später von Friedrichshafen und Immenstaad
vorbei. Erst als Meersburg querab lag, drosselten sie die Geschwindigkeit. Kurz
darauf hatten sie die ihnen angewiesene Zielkoordinate erreicht: in Sichtweite
der Insel Mainau, direkt am Übergang des Obersees in den Überlinger See. Vor
ihnen, kaum fünfhundert Meter entfernt, die in warmes Licht getauchte Fassade
des gräflichen Schlosses.
Der Wind hatte noch zugenommen, er
blies nun aus Osten und sorgte für schaumgekrönte Wellen. Besser hätten sie es
nicht treffen können. Der Irokese sah auf die Uhr. Kurz vor neun. Sie lagen gut
in der Zeit. Nun würden sie dem Großmaul beweisen, dass sie ihr Geld wirklich
wert waren.
Es lief alles wie am Schnürchen.
Nachdem sie sich davon überzeugt hatten, dass kein anderes Boot in der Nähe
lag, löschten sie ihre Positionslichter. Der Irokese schraubte den Deckel des
Tankeinfüllstutzens ab und führte vorsichtig den Schlauch der Handpumpe in den
Tank.
»Eine Handpumpe? Das ist ja wie in
der Steinzeit hier!«, hatte er sich noch im Beisein des Schattenmannes mokiert.
Natürlich wusste er so gut wie jeder andere, dass sie unnötiges Aufsehen
vermeiden mussten. Das Brummen einer Motorpumpe wäre meilenweit zu hören
gewesen. Doch das arrogante Gehabe dieses Lackaffen brachte ihn einfach auf die
Palme, er wusste selbst nicht, warum.
Der Schattenmann hatte nur hämisch
gegrinst und geantwortet: »Na und, was gibt’s daran auszusetzen – ihr habt doch
zwei Hände?« Allein dafür hätte ihm der Irokese am liebsten die Fresse poliert.
Gewaltsam lenkte er seine Gedanken
in eine andere Richtung, versuchte, sich auf den Job zu konzentrieren. Vor
ihnen lag eine schweißtreibende Dreiviertelstunde. Abwechselnd musste jeder von
ihnen für jeweils fünf Minuten den Pumpenschwengel betätigen, während der
andere Wache hielt. Liter um Liter ergoss sich der Tankinhalt ihres Bootes in
den See. Die Pumpe arbeitete geräuschlos, lediglich am Auslauf erklang hin und
wieder ein schmatzender Laut. Der Ölgestank jedoch war alles durchdringend.
Mehrfach war der Irokese nahe daran, sich zu übergeben. Nur ein Tuch, das er
vor Mund und Nase presste, konnte den Brechreiz etwas mildern. Hin und wieder
legten sie eine kurze Pause ein, in der sie sich in die trockene,
windgeschützte Kabine zurückzogen und den Füllstandsanzeiger kontrollierten.
Den Angaben des Instruments zufolge fasste der Tank dreihundertvierzig Liter.
Mit jeder Minute, die sie pumpten, ging die Nadel weiter zurück, zeigte
irgendwann zweihundertfünfzig, dann zweihundert, schließlich nur noch etwas mehr
als hundertfünfzig Liter an.
Zweihundert Liter hatten sie in den
See zu pumpen. In dieser Hinsicht war ihre Vorgabe unmissverständlich gewesen.
Knapp zwanzig Liter fehlten noch, die würde der Kleine auch allein schaffen.
Höchste Zeit also, dem Schattenmann Vollzug zu melden. Im Gegenzug würden sie
die Nummer für das Zahlenschloss erhalten und mit der Kohle so rasch als
möglich die Fliege machen. Wenn man von dem wichtigtuerischen Gehabe ihres
Auftraggebers einmal absah, dann war es ein recht einträglicher Job gewesen.
Zehntausend für jeden von ihnen – für nur fünf Stunden Arbeit! So eine
Gelegenheit bekamen sie nicht alle Tage.
Der Irokese zog sein Handy hervor
und tippte die Nummer ein, die ihm der Lackaffe genannt hatte. Endlose Sekunden
verstrichen. Schon fürchtete er, auf einer Mailbox zu landen, als die
Verbindung doch noch zustande kam.
»Ja?«
Trotz des herablassenden Tonfalls
gelang es dem Irokesen, sich zurückzuhalten. »Auftrag ausgeführt, keine
besonderen Vorkommnisse«, meldete er betont neutral.
»Und wer garantiert mir, dass das
stimmt?«, kam es misstrauisch zurück.
Ȇberzeug dich halt selbst. Aber
dazu musst du deinen Arsch hierher bewegen«, entgegnete der Irokese ungerührt.
Kurzes Zögern. »Sorry, hab im
Augenblick leider keine Zeit.«
»Scheiß drauf. Nenn mir endlich die
Nummer des Zahlenschlosses, damit wir hier wegkommen.«
Da war es wieder, das kaum
merkliche Zögern. Wollte ihn der Kerl etwa ins Bockshorn jagen?
»Na gut, dann will ich mal nicht so
sein. Kannst du dir vier Ziffern merken?«
»Nun red schon!«
»Eins … null … drei … sieben.«
Kaum war die letzte Zahl verhallt,
kappte der Irokese die Verbindung.
Na also, geht doch, grinste er
zufrieden. Mit hochgerecktem Daumen
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