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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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näherte, erbebte der Baum, und dann stand er auf.

    Chaison entfuhr ein lautes Schimpfwort, und auch Antaea hörte sich leise fluchen. »Schon gut«, sagte sie dann. »Es ist ein Freund.«
    Glaube ich jedenfalls.
    Der Tiefenschwärmer hatte sich getarnt, so viel war klar. Die dichten Äste konnten seine glitzernde Oberfläche allerdings nicht völlig verdecken, und als er nun den Kopf hob und sie ansah, war die zerschrammte Kugel frei von Laub. Antaea kannte diese Kugel. Der Schwärmer war einer der wenigen, die sie jemals aus der Nähe gesehen hatte.
    Â»Du bist der Führer von Flug Zwölf«, sagte sie überrascht. Flug Zwölf war Telens Staffel gewesen.
    Der Schwärmer legte den Kopf schief, doch bevor Antaea noch mehr sagen konnte, erhoben sich ein Dutzend menschliche Gestalten in die Lüfte, die sich rings um die Baracke versteckt hatten.
    Die sieben Männer und fünf Frauen kreisten Antaea rasch ein und bedeuteten ihr mit angelegten Waffen zu landen. Die meisten von ihnen erkannte sie. Es waren Gonlins Leute. Jedenfalls war sie am richtigen Ort.
    Aber … »Was tut der hier?«, fragte sie eine der Frauen, als sie neben der Baracke aufsetzten. Etliche Mitglieder des Heimatschutzes sahen sich nervös nach dem Riesenwesen um, als befürchteten sie, von ihm angegriffen zu werden. Antaea sah, dass das auch Chaison aufgefallen war; sie wechselte einen Blick mit ihm, der zum ersten Mal seit Stunden eher verständnisinnig als feindselig war.
    Niemand antwortete auf ihre Frage. Einer der Männer nickte zur Baracke hin, deren Tür jetzt offen stand.
Antaea wurde der Mund trocken. Sie trat ein. Das Seil ließ sie draußen.
    Vor der Spalte im Steinboden, die zum Bergwerk führte, zögerte sie erneut. Hier war etwas faul. »Was denn, keine Glückwünsche?«, wandte sie sich an die Leute vom Heimatschutz, die sie grimmig ansahen. »Wie wäre es wenigstens mit einem ›Willkommen daheim?‹.«
    Ein Mann namens Erik, den sie einmal näher gekannt hatte, sagte: »Willkommen daheim.« Ihr Lächeln erwiderte er nicht.
    Chaison warf ihr wieder einen Blick zu und schüttelte kaum merklich den Kopf. Antaea rang sich ein Lächeln und sogar ein Lachen ab. »Vielen Dank!« Sie schlüpfte in den Spalt, und die anderen folgten.
    Antaea hatte einmal gehört, dass solche Spalten im Allgemeinen Milliarden Jahre alt waren. Die hier mochte entstanden sein, bevor es auf der alten Erde Leben gab. Früher hätten solche Fakten sie vielleicht beeindruckt, aber inzwischen hatte sie dem Tod ins Auge gesehen, und Vergangenheit und Zukunft schienen ihr nicht mehr so weit auseinander zu liegen, sondern waren ihr so nahe wie die Luft an der Innenseite einer Blase, jederzeit einfach durch den Akt des Sterbens zu erreichen.
    Dennoch, von diesem Ort ging eine unheimliche Kälte aus, die sie an den Rand der Welt erinnerte. Der Spalt weitete sich hinter dem Eingang, bis seine Seiten vollends verschwanden. Antaea bewegte sich zwischen zwei Felswänden vorwärts, nur eine Kette von surrenden Gaslichtern wies ihr den Weg.
    Sie war schon einmal bei Tageslicht hier gewesen und erinnerte sich, in der Ferne schmale Lichtstreifen gesehen
zu haben. Der Asteroid war an dieser Stelle in zwei Hälften zerbrochen; die Wellenformen, die sie mit ihrer nach oben gestreckten Hand ertastete, waren die gleichen wie unter ihren Füßen. Es gab noch weitere Ein-und Ausgänge, groß genug für eine zierliche Frau, aber nicht für Bergwerksmaschinen. Eine Tatsache, die man unter den gegebenen Umständen nicht vergessen durfte.
    Vor ihr begannen, gekennzeichnet durch weitere Lichter und Baracken, die Abbaubereiche. Die Baracken bestanden lediglich aus Wänden, die Decke und Boden miteinander verbanden; einige waren an einer Seite offen, andere an zweien. Zumeist wurden darin nur Werkzeuge gelagert. Aber etliche waren auch ganz geschlossen und hatten erleuchtete Fenster.
    Â»Da hinein.« Einer der Männer deutete mit seinem Gewehr auf eine der größeren Hütten. Antaea ging zögernd darauf zu. Das leichte Scharren von Chaisons Füßen verriet ihr, dass er ihr folgte. Ansehen konnte sie ihn nicht. Ihr war übel.
    Â»Die Tiefenschwärmer gehören also auch zu deiner Verschwörung«, murmelte Chaison, als die Barackentür aufschwang.
    Â»Es ist nicht meine Verschwörung«, zischte sie und spürte, wie sie rot

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