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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Idealistin zu sein, um zu sehen, dass unsere Welt in einem Alptraum gefangen ist. Es ist eine Welt der Despoten und der Tyranneien, viele sterben zu früh, und andere sind ihr Leben lang unglücklich. Und warum? Weil das Energiefeld, mit dem Candesce fremde Mächte davon abhält, nach Virga einzudringen, weil dieses Feld auch die Technologien unterdrückt, die uns aus der Barbarei herausholen könnten, in der wir stecken!

    Du hattest es in der Hand, eine Veränderung herbeizuführen. Und was hast du getan? Du hast die Chance verplempert, um eine unbedeutende Schlacht im Namen eines unbedeutenden kleinen Piratenstaates draußen am Rande des Nichts zu gewinnen. Wie kläglich!«
    Jetzt redete die Frustration aus ihr, aber sie konnte nicht mehr an sich halten. Chaison blieb ungerührt. Er lehnte sich zurück und legte die Arme auf die Stuhllehnen. »Du bist natürlich nicht gewöhnt, Macht zu haben«, bemerkte er nachsichtig.
    Â»Was soll das heißen?«
    Â»Du glaubst, ich hätte die Möglichkeiten des Schlüssels nicht überblickt?« Er sah sie kühl an. »Genauer gesagt, die scheinbaren Möglichkeiten?« Er schüttelte den Kopf. »Macht einzusetzen und die Ergebnisse zu kontrollieren – das ist zweierlei. Das lernt man, wenn man etwa eine Flotte führt. Man kann ihr ein Ziel vorgeben, man kann sie losfliegen lassen, aber danach liegt alles in der Hand der Götter. Sicher ist nur eines: Man wird ein Chaos heraufbeschwören.
    Der Schlüssel zu Candesce eröffnet unbegrenzte Macht über jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in Virga. Mit ihm kann man die ganze Welt wärmer oder kälter machen, man kann die Winde verändern oder ganz ausschalten; man kann seine Nachbarn erfrieren und das eigene Land erblühen lassen. Oder man kann« – er hielt inne, schielte zu ihr hinüber – »einen weiteren Ausfall verursachen. Und der Künstlichen Natur Zutritt zu unserer Welt gewähren.
    Man kann Candesce entfesseln; aber man kann sie nicht kontrollieren .«
    Es wurde still zwischen den beiden.

    Antaea kämpfte ihren Zorn nieder und rang sich ein Lächeln ab. »O doch, das kann man schon.« Sie setzte sich wieder, beugte sich vor und faltete die Hände. »Du hast Candesce geschwungen wie einen Hammer, um deine Feinde zu zerschmettern. Aber die Erste Sonne ist ein sehr viel feineres Instrument, als du ahnst. Sicher, sie richtet verheerende Schäden an elektrischen Geräten an; aber du weißt wahrscheinlich nicht, dass sie auch die Menge an Informationen pro Kubikzentimeter begrenzt, die innerhalb Virgas verarbeitet werden können. Du bist so vorgegangen, als wäre das Unterdrückungsfeld ein Schalter, der entweder auf Ein oder auf Aus steht. Aber so ist es ganz und gar nicht. Man kann den Schalter nach oben und nach unten verschieben. Und im Moment steht er ganz oben .«
    Chaison legte die Fingerspitzen aneinander und lehnte sich zurück. Er sah sie über seine Hände hinweg an (und ein kurzer Lidschlag verriet ihr, dass er endlich doch bemerkt hatte, wie sie angezogen war). »Woher weißt du das?«, fragte er.
    Â»Ich arbeite für den Heimatschutz. Dort verfügt man über Kenntnisse, die überall sonst in Virga in Vergessenheit geraten sind. Ich habe Candesces Bauplan gesehen. «
    Hinter dem Dach seiner Finger blieben seine Augen auf sie gerichtet. Wenn sie ihn beeindruckt hatte, so zeigte er es nicht. »Das ist alles sehr interessant«, sagte er langsam, »aber es tut nichts zur Sache. Ich gebe dir eine kurze Zusammenfassung der Lage. Ich soll dir sagen, wo der Schlüssel zu Candesce ist, damit du – du , nicht der Heimatschutz – die Barriere herunterfahren kannst, die verhindert, dass die Künstliche Natur auf
Virga übergreift. Nicht so weit, dass die K. N. nach Virga eindringen kann, aber nicht viel weniger.«
    Â»Hm. Ja« gestand sie. »Du hältst meine Motive für egoistisch. Aber jeder ist egoistisch, bis ihm das Undenkbare widerfährt. Wenn das geschieht, bleiben die einen egoistisch – aber manche begreifen auch, dass sie nicht besser sind als alle anderen. Was anderen zustößt, ist ebenso wichtig wie das, was ihnen selbst zustößt.«
    Â»Und was ist dir Undenkbares widerfahren, Antaea, was dich so selbstlos machte, dass du dafür dein Leben riskierst?«
    Er war der Wahrheit zu nahe gekommen. Sie musste ihn in die

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