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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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hatte, fragte er: »Korrumpiert? Das hört sich nicht gut an. Komm herein, und erzähl mir mehr darüber.«
    Sie betraten ein kleines Wohnzimmer, das auch als Werkstatt und Lagerraum genützt wurde: Genau eine Hälfte der Bodenfläche war sauber und ordentlich, die Wände auf dieser Seite waren frei von Gerümpel und mit gerahmten Fotografien behängt. Die andere Hälfte war ein unübersehbares Labyrinth aus Kisten und Arbeitstischen, überall lagen Werkzeuge, Verpackungsmaterial und Papiere herum. Auf der sauberen Seite standen zwei Ledersessel schräg mit dem Rücken zu diesem Chaos.
    Antaea hatte Shambles über gemeinsame Bekannte kennengelernt. Sie übten ähnliche Berufe aus und verwendeten dasselbe Schmuggler- und Informantennetzwerk, deshalb war es wohl unvermeidlich, dass ihre Wege sich kreuzten. Die erste Begegnung war nicht ganz spannungsfrei, denn sie versuchten, zwei verschiedene Flüchtlingsgruppen in eine Charge Fässer zu pferchen, die zu den Prinzipalitäten geschickt werden sollte. Nachdem sie einen Kompromiss erzielt hatten, durch den ein Blutbad vermieden wurde, hatte er versucht, sie für die Untergrundbewegung von Aerie anzuwerben, und sie hatte ihm einen Platz im Heimatschutz versprochen.

    Einmal hatten sie sich zusammen bei viel Portwein eine Nacht um die Ohren geschlagen, und bei dieser Gelegenheit hatte sie sie ihm ihren idealistischen Traum anvertraut, das angesammelte Wissen und die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Heimatschutzes dem Volk zu übergeben. Gonlin wäre außer sich gewesen, wenn er gewusst hätte, dass sie diese Pläne einem Außenseiter offenbarte – aber Gonlin hatte keine Ahnung von Shambles’ Existenz, nur deshalb hatte sie hier Zuflucht gesucht.
    Shambles stellte die Kerze ab und ließ sich in einen der Sessel sinken. Dabei fiel Antaea zum ersten Mal auf, dass er trotz der späten Stunde unter dem Morgenrock voll angekleidet war. Sie hatte jedoch keine Zeit, sich darüber weitere Gedanken zu machen, denn Shambles legte die Fingerspitzen aneinander und streckte die langen Beine über den Teppich. »Dass du auf einmal hier auftauchst, überrascht mich nicht allzu sehr«, sagte er. »Böse Omen, die das Ende der Welt prophezeien, scheinen an der Tagesordnung zu sein. Zwei Sorten von Pöbel durchstreifen die Straßen; man gilt entweder als regierungstreu oder als Agitator, und jede Gruppe will zuerst wissen, wo man selbst steht, bevor sie preisgibt, wohin sie gehört. Gibt man die falsche Antwort, dann knallt es! Den verdammten Bullen ist alles egal, sie bauen darauf, dass die beiden Parteien sich gegenseitig auslöschen werden.« Er schüttelte verbittert den Kopf. »Seit Slipstream Aerie erobert hat, träumen meine Freunde und ich von einer solchen Situation. Und nachdem sie nun eingetreten ist, muss ich sagen, dass sie unsere Lage noch verschlechtert hat.«

    Â»Geht es wirklich nur darum, dass die Trennung sich nicht ergeben will?«, fragte Antaea. Sie bemühte sich, ihre Gedanken zu ordnen; wie viel sollte sie Shambles erzählen, und was wäre zu verrückt oder zu kompromittierend?
    Â»Es geht nicht um die Trennung «, sagte Shambles. »Es geht um diesen verdammten Admiral. Diesen Fanning.«
    Antaea stockte der Atem. Sie starrte krampfhaft auf die harmlosen Bilder an Shambles’ Wand.
    Â»Jemand schürt die Unruhen in seinem Namen«, fuhr Shambles fort. »Und dieser Jemand geht dabei verdammt geschickt vor. Zuerst dachte ich – dachten wir alle –, es sei die Admiralität. Aber es ist noch eine andere Macht im Spiel.« Er richtete sich auf und sah sie direkt an. »Ist es der Heimatschutz? – Nein, sag mir, dass er es nicht ist!«
    Â»Er ist es nicht.«
    Â»Ha! Da bin ich aber froh.« Er verfiel ins Grübeln. Nach einer Weile fragte er: »Und warum bist du denn nun hier?«
    Antaea kam zu Bewusstsein, dass sie die ganze Zeit die Hände gerungen hatte. Sie legte sie langsam auf die Armlehnen ihres Sessels. »Wegen diesem Admiral Fanning«, gestand sie.
    Seine Augen wurden groß. »Ha! Das soll wohl ein Witz sein!« Er schielte zu ihr hinüber. »Kein Witz? Antaea, meine Liebe, du gehörst doch nicht etwa zu den vielen, die dem biblischen Zauber dieses Mannes erlegen sind?«
    Â»Ich weiß, wo er ist.«
    Hätte Shambles ein Glas in Händen gehalten, er hätte es verschüttet. So

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