Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Segeln im Sonnenwind

Segeln im Sonnenwind

Titel: Segeln im Sonnenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
Vom Netzwerk:
müssen wir ein bißchen Klatsch austauschen.«
    »Ich habe nicht viel zu erzählen. Ich war nicht mehr zu Hause, seit man mir die Mütze aufgesetzt und die Nadel angesteckt hat.«
    Dagmar sorgte dafür, daß Vater beschäftigt blieb, und ich war ihr dankbar dafür. Ich wollte nicht, daß er mich entdeckte, solange der Angriff noch nicht vorüber war. Keine Zeit für Sentimentalitäten bis dahin!
    In einiger Entfernung fielen die ersten Bomben.
    Ich sah überhaupt nichts vom Angriff. Dreiundneunzig Jahre vorher oder acht Monate später – je nachdem, wie man es zählte – sah ich Bomben auf San Francisco regnen, und das unter Umständen, in denen ich nichts anderes tun konnte, als hinschauen, die Luft anhalten und abwarten. Aber ich bedaure es nicht, daß ich zu beschäftigt war, um die Bombardierung von Coventry zu beobachten. Was ich hörte, reichte mir. Allgemein wird behauptet, daß man, wenn man einen Luftangriff hört, zu weit weg ist, um selbst erwischt zu werden. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das glauben soll.
    »Hast du Gretchen gehört?« flüsterte mir Gwen Hazel ins Ohr. »Sie sagt, sie hätten neunundsechzig von den zweiundsiebzig Bomben der ersten Welle erwischt.«
    Ich hatte es nicht gehört. Lazarus und ich waren mit unserem ersten Patienten beschäftigt, einem kleinen Jungen. Er hatte schlimme Verbrennungen, und der linke Arm war zerschmettert. Lazarus leitete die Amputation ein. Ich blinzelte die Tränen weg und half ihm.

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG
    IM EWIGEN JETZT
    Ich habe nicht vor, die Gefühle des Lesers (oder auch meine eigenen) zu verletzen, indem ich auf die Einzelheiten dieser tausendjährigen Nacht eingehe. Alles Schreckliche, was man jemals in der Notaufnahme eines Großstadtkrankenhauses gesehen hat, mußten wir in dieser Nacht behandeln. Mehrfachbrüche, bis zur Nutzlosigkeit zerschmetterte Glieder, scheußliche Verbrennungen. Wenn die Verbrennungen nicht allzu schlimm waren, linderten wir sie mit einem Gel, das dieser Zeit noch einige Jahrhunderte lang unbekannt sein würde, verbanden die betroffenen Stellen und wiesen die Krankenträger der Zivilverteidigung an, die Patienten hinauszubringen. Die schlimmsten Fälle wurden von Cas und Pol hinter den schon erwähnten Vorhang und durch ein Burroughs-Carter-Libby-Tor ins Ira-Johnson-Krankenhaus von Boondock gebracht; die Menschen mit Verbrennungen wurden von dort weitergeleitet ins Jane-Culver-Burroughs-Krankenhaus in Beulahland, um dort im Verlauf einiger Tage oder Wochen zu genesen und noch in derselben Nacht, nach dem Ende des Bombenangriffs, nach Coventry zurückzukehren.
    Alle Betroffenen waren Zivilisten, meist Frauen, Kinder und alte Männer. Die einzigen Militärangehörigen, die sich meines Wissens in Coventry oder Umgebung befanden, waren Angehörige der Territorialverteidigung, die Luftabwehrgeschütze bemannten. Sie hatten ihre eigenen medizinischen Einrichtungen. Ich schätze, in London wäre eine Erste-Hilfe-Station wie unsere in der U-Bahn untergebracht gewesen, aber Coventry besaß keine solche. Unser Lazarett bestand nur aus Sandsäcken im Freien, was aber vielleicht immer noch sicherer war, als in einem Gebäude untergebracht zu sein, das in Brand geraten konnte. Ich will niemanden kritisieren. Alle Maßnahmen der Zivilverteidigung vermittelten den Eindruck, daß man bemüht gewesen war, zu tun, was man tun konnte. Die Engländer waren ein Volk, das mit dem Rücken zur Wand stand und tapfer mit den Mitteln kämpfte, die es hatte.
    Unsere Ambulanzstation wies drei Tische auf, die man mit etwas gutem Willen als Operationstische bezeichnen konnte, die aber in Wirklichkeit nur schlichte Holztische waren, die man zwischen den Bombenangriffen rasch abgebeizt hatte. Vater arbeitete am von der Tür aus gesehen ersten Tisch, Woodrow an dem, der dem Vorhang am nächsten stand. Am mittleren operierte ein ältlicher Engländer, der anscheinend regelmäßig hier Dienst tat. Es war Mr. Pratt, ein einheimischer Tierchirurg, dem seine Frau »Harry« assistierte (was für Harriet stand) assistierte. Mrs. Pratt wußte während der Unterbrechungen des Angriffs manch Unfreundliches über die Deutschen zu sagen, war aber mehr an Gesprächen übers Kino interessiert. Ob ich jemals Clark Gable begegnet wäre? Oder Gary Cooper? Oder Ronald Colman? Als ihr klar wurde, daß ich keine der Filmgrößen kannte, hörte sie auf, mich zu quälen. Sie pflichtete ihrem Mann bei, als dieser sagte, es wäre sehr anständig von den Yanks, hier auszuhelfen

Weitere Kostenlose Bücher