Seherin von Kell
wüßte.«
»Du hast versäumt, mich erst zu fragen.«
»Wirklich? Habe ich das tatsächlich vergessen. Du wolltest mir doch keinen Korb geben, oder?«
»Natürlich nicht.«
»Na also, dann…«
»Wir werden noch darüber reden, Kheldar«, sagte sie bedrohli-chen Tones.
»Oje, da habe ich mich anscheinend daneben benommen«, murmelte er.
»Und ob!« bestätigte sie.
Sie zündeten im Amphitheater, unweit des Drachenkadavers, ein großes Feuer an. Durnik hatte mit verlegener Miene einen beachtlichen Haufen Treibholz von verschiedenen Stränden des Riffs hierher versetzt. Garion blickte argwöhnisch auf den Haufen. »Ich kann mich an so manche sehr feuchte Abende erinnern, als Eriond und ich stundenlang nach trockenem Holz suchten«, sagte er zu seinem alten Freund.
»Heute ist ein besonderer Anlaß, Garion«, entschuldigte sich Durnik. »Außerdem, wenn du es so gewollt hättest, hättest du es ja selbst tun können, nicht wahr?«
Garion starrte ihn an, dann lachte er plötzlich. »Ja, Durnik«, gestand er. »Ich glaube, das hätte ich wohl. Ich weiß nur nicht, wie wir es Eriond erklären sollen.«
»Bildest du dir wirklich ein, daß er es nicht weiß?«
Sie unterhielten sich bis spät in die Nacht hinein. Viel war geschehen, seit sie einander alle das letzte Mal gesehen hatten, und es dauerte seine Zeit, bis alle auf dem laufenden waren.
Einige Stunden vor dem Sonnenaufgang erwachte Garion plötzlich.
Es war kein Laut, der ihn geweckt hatte, sondern ein Licht. Ein Strahl leuchtendes Blau erhellte plötzlich das Amphitheater. Ihm folgten alsbald weitere mächtige Strahlen, die in glühendem Rot und Gelb und Grün und in Farben, für die es keine Namen gab, vom Himmel herabströmten und als Lichtsäulen einen Halbkreis nah am Wasser bildeten. In der Mitte ihres regenbogenfarbenen Lichtes schwebte der makellos weiße Albatros auf Engelschwingen. Die glühenden Gestalten, die Garion bereits einmal zuvor, in Cthol Mishrak, erschaut hatte, erschienen in den Säulen puren Lichtes: die Götter Aldur und Mara, Issa und Nedra, Chaldan und Belar, und ihre Gesichter strahlten in der Freude des Willkommens.
»Es ist Zeit«, sagte Poledra, die in Belgaraths Armen saß, seufzend.
Sie nahm entschlossen seinen Arm von ihren Schultern und erhob sich.
»Nein!« protestierte Belgarath gequält, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »Wir haben noch ein bißchen Zeit.«
»Du hast gewußt, daß es geschehen wird, alter Wolf«, sagte sie sanft. »Es muß so sein, das weißt du doch.«
»Ich werde dich kein zweites Mal verlieren!« sagte er fest und stand ebenfalls auf. »Ohne dich hat hier nichts mehr Bedeutung für mich.« Er blickte seine Tochter an. »Pol!« rief er.
»Ja, Vater?« Auch sie erhob sich und Durnik mit ihr.
»Du wirst dich jetzt um die Dinge kümmern müssen. Beldin, Durnik und die Zwillinge werden dir dabei helfen.«
»Willst du mich mit einem Streich zur Vollwaise machen, Vater?«
In ihrer Stimme zitterten ungeweinte Tränen.
»Du bist stark genug, damit fertigzuwerden, Pol. Deine Mutter und ich sind ganz zufrieden mit dir. Leb wohl.«
»Sei nicht töricht, Belgarath!« sagte Poledra fest.
»Bin ich nicht. Ich will einfach nicht wieder ohne dich leben.«
»Es ist nicht gestattet.«
»Es ist nicht zu verhindern. Nicht einmal unser Herr kann mich jetzt davon abhalten. Du wirst nicht allein gehen, Poledra, ich komme mit!« Er legte die Hände auf die Schultern seiner Gemahlin und blickte ihr tief in die goldenen Augen. »Es ist besser so.«
»Wie du meinst, mein Gemahl«, sagte sie schließlich. »Wir müssen jedoch sogleich handeln, ehe UL eintrifft. Er kann es verhindern, so entschlossen du auch bist.«
Da stand Eriond vor ihnen. »Hast du dir das wirklich gut überlegt, Belgarath?« fragte er.
»O ja, oft genug in den vergangenen dreitausend Jahren. Ich muß-
te jedoch auf Garion warten – jetzt ist er hier und nichts hält mich mehr.«
»Was könnte deinen Entschluß ändern?«
»Nichts. Ich lasse mich nicht noch einmal von ihr trennen.«
»Dann werde ich mich wohl darum kümmern müssen.«
»Das ist verboten, Eriond«, wandte Poledra ein. »Ich erklärte mich damit einverstanden, als mir meine Aufgabe auferlegt wurde.«
»Vereinbarungen können jederzeit neu ausgehandelt werden, Poledra«, entgegnete er. »Außerdem versäumten mein Vater und meine Brüder, mir ihre Entscheidung mitzuteilen. Ich werde mich deshalb dieser Situation ohne ihren Rat annehmen müssen.«
»Du
Weitere Kostenlose Bücher