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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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Festung auszubauen und ihr Eigentum zu bewachen. Jella und Fritz hatten darauf verzichtet.
    Auf Owitambe arbeiteten Menschen aus allen Völkern. Sie hatten den Herero, die geblieben waren, Schutz und Sicherheit versprochen. Doch das Chaos nahm immer mehr zu. Wenn es so weiterging, würden auch sie einen Großteil ihres Besitzes verlieren.
    »Unsere Leute haben große Angst«, erzählte Samuel. Er war einer der wenigen Herero, die immer noch treu zu ihr hielten. »Überall sind Soldaten. Sie kommen und töten und nehmen das Vieh, das sie finden.«

    »Das ist eine bodenlose Ungerechtigkeit«, regte sich Jella weiter auf. Am liebsten wäre sie persönlich ins Hauptlager der Schutztruppen geritten, um sich zu beschweren. Leider ließ ihr Zustand das nicht zu. Sie musste tatenlos zusehen, wie immer mehr Arbeiter die Farm verließen, um ihre Familien in Sicherheit zu bringen. Wie konnte sie es den Menschen denn verübeln, wenn sie fort wollten?
    »Es ist alles so sinnlos!«, klagte sie. Plötzlich fühlte sie sich müde und völlig erschöpft. »Wie sollen wir nur all die Arbeit ohne Hilfe schaffen?«
    Ein fester Tritt gegen ihre Bauchwand ließ sie nach Luft schnappen. Das Baby meldete sich und erinnerte Jella daran, dass es nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Mit einem leisen Stöhnen lehnte sie sich gegen die Scheunenwand.
    »Will Kind kommen?«, fragte Samuel besorgt.
    Jella winkte ab.
    »Nein, es wird noch eine Weile dauern«, behauptete sie und richtete sich wieder auf. Die Fürsorge des Vorarbeiters tat ihr gut. Ob er und seine Familie wohl auf der Farm bleiben würden? Auch sie waren Herero und mussten um ihr Hab und Gut fürchten.
    »Wollt ihr auch fort?«, fragte sie von einer plötzlichen Angst getrieben. Sie fühlte sich zunehmend alleingelassen. Ihr Vater war immer noch nicht zurück, obwohl auch er versprochen hatte, rechtzeitig vor der Geburt zu Hause zu sein. Und von Fritz und Rajiv hatte sie noch gar nichts gehört. Die Farmarbeit, die Sorgen, die bevorstehende Geburt – alles machte ihr Angst. Samuel spürte die Sorgen seiner Herrin. Unbeholfen legte er seine abgearbeitete Hand auf Jellas Schulter und beruhigte sie.
    »Teresa und ich bleiben hier«, sagte er bestimmt. »Owitambe ist auch unsere Heimat!«
    Jella seufzte erleichtert auf und schenkte ihm ein warmherziges Lächeln. Das Ehepaar war auf Owitambe unersetzlich geworden.
Samuel hatte sich als Vorarbeiter hervorragend erwiesen. Viele Arbeiten tat er selbstständig und in weiser Voraussicht, was längst nicht bei allen auf der Farm selbstverständlich war. Teresa half mittlerweile im Haus mit. Sie hatte nach Nancys Weggang deren Platz eingenommen. Zwar schmeckten ihre Gerichte fad und waren wenig abwechslungsreich, aber sie gab sich alle Mühe, ihr Repertoire zu erweitern. Imelda hatte sich mit Begeisterung Teresas angenommen und es sich zur Aufgabe gemacht, sie zu einer passablen Köchin auszubilden. Außerdem hatte Teresa vier Kinder und eine Menge Erfahrung beim Kinderkriegen. Das Baby in ihrem Bauch strampelte erneut. Jella biss die Zähne zusammen. Es fiel ihr immer noch schwer, sich damit abzufinden, dass sie nicht mehr so beweglich war. Wenn Fritz nicht bald nach Hause kam, würde sie ihr Versprechen nicht mehr einhalten können – und das Baby würde ohne ihn auf die Welt kommen.
    Mit schweren Schritten wankte sie zurück zum Haus. Im Salon setzte sie sich in den gemütlichen Ohrensessel und legte die Füße hoch. Sie schloss die Augen, um ein wenig zu schlafen. Doch statt der ersehnten Ruhe setzten sich erneut trübe Gedanken in ihrem Gehirn fest. Wieso blieb Fritz so lange weg? Er war schon über drei Wochen unterwegs und müsste längst wieder zurück sein. Auch um ihren Vater machte sie sich Gedanken. Es sah ihm gar nicht ähnlich, dass er so lange fortblieb. Was, wenn sie gar nicht mehr kamen? Jella zwang sich, an etwas anderes zu denken. Ihr Blick fiel auf den kleinen Schildkrötenpanzer mit den Buschmannheilkräutern, den Nakeshi ihr geschenkt hatte. Wo ihre Freundin jetzt wohl war? Der Gedanke an Nakeshi ließ sie wieder ruhiger werden. Sie schloss die Augen und stellte sich das verschmitzte Lächeln ihrer Freundin vor. Sie erinnerte sich an ihr munteres, ansteckendes Lachen und fühlte, wie mit dieser Erinnerung ihre Sorgen wie ein sanfter Regenschauer hinweggespült wurden. Jellas Züge
entspannten sich immer mehr, und sie fiel in einen kurzen, erholsamen Schlaf.

    Mit einem verführerischen Lachen lockte Nakeshi Bô

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