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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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durch das Gewitter waren sie nun gezwungen worden, über das flache Land zu marschieren, wo sie leicht zu entdecken waren.

    »Wie lange brauchen wir noch bis Owitambe?«
    »Wenn wir dieses Tempo halten können, noch etwa vier Tage«, antwortete Fritz. Stirnrunzelnd machte er sich über den nächsten Wegabschnitt Gedanken.
    »Die Leute sind zu angeschlagen, als dass wir größere Umwege in Kauf nehmen könnten«, besprach er sich mit Rajiv. »Wir müssen den direkten Weg nehmen, sonst werden es nicht alle schaffen. Dazu brauchen wir jedenfalls eine Menge Glück, damit wir keinem Schutztrupp über den Weg laufen.«
    Rajiv nickte und informierte Waravi. Ihnen blieb keine andere Wahl. Bevor sie sich auf den Weg machten, sammelten die Herero die Raupen auf, die überall vor dem Regen aus dem Sandboden gekrochen kamen. Sie stopften sich die Insekten direkt vom Boden in den Mund. Das eiweißreiche Fleisch gab ihnen neue Kraft für den bevorstehenden Marsch. Auch Fritz überwand sich zu dem wenig einladenden Mahl, während Rajiv sich angewidert abwandte. Er begnügte sich weiterhin mit den melonenartigen Knollen der Tsammas, deren fades Fleisch sie schon in den letzten Tagen genossen hatten.
     
    Gegen Mittag des folgenden Tages näherte sich ihnen aus Nordwesten eine Staubwolke. Fritz erkannte sofort, dass es sich um Reiter handelte. Fieberhaft sah er sich nach einer Versteckmöglichkeit um. Weit und breit gab es weder eine Felsengruppe noch ausreichend Gebüsch, hinter dem sie sich verstecken konnten. Sie mussten sich den Männern stellen. Er rief Waravi zu sich und machte ihm klar, dass sie den Schutztruppen vorgaukeln mussten, er sei gerade dabei, sie in das nächstgelegene Auffanglager zu bringen. Mit ein bisschen Glück würden die Soldaten weiterziehen, um andere versprengte Gruppen zu suchen, und sie würden ihren Weg fortsetzen können. Waravi sah ihn verwundert an.
    »Wieso machst du das?«, fragte er ihn. »Es ist viel leichter für
dich, uns den Soldaten zu übergeben. Wenn die Deutji dir nicht glauben, werden sie dich bestrafen.«
    »Zerbrich dir nicht meinen Kopf«, antwortete Fritz bitter. »Was die Deutschen mit euch machen, spricht gegen jede Menschlichkeit.«
    Waravi schlurfte davon und hielt seine Leute dazu an, sich den Anschein von Gefangenen zu geben. Auch die alte Frau musste nun wieder laufen. Nancy löste sich aus der Gruppe. Schüchtern berührte sie Fritz’ Arm.
    »Danke! Menschen wie du sind wie Regen auf unfruchtbarer Erde«, meinte sie schlicht. Und zum ersten Mal glaubte Fritz so etwas wie ein angedeutetes Lächeln und etwas Hoffnung auf ihrem Gesicht zu sehen.
    Die Staubwolke näherte sich und hielt direkt auf sie zu. Tatsächlich handelte es sich um einen kleinen Trupp von Schutzsoldaten, deren sandfarbene Uniformen sich langsam aus dem Staub herauslösten. Als Fritz ihren Anführer erkannte, fuhr ihm der Schreck in die Glieder.
    »Was für ein denkwürdiges Wiedersehen«, rief Baron Rüdiger von Nachtmahr in adretter Schutztruppenuniform. Er parierte sein Pferd erst, als er direkt vor Fritz und Rajiv war. Selbst hier in der Wildnis verzichtete er nicht auf sein Monokel, mit dem er die Gruppe abfällig beäugte.
    »Wohin wollen Sie mit dem Gesindel?«, wandte er sich an Fritz. Er behandelte ihn wie einen Untergebenen.
    »Die Freude liegt ganz auf meiner Seite«, antwortete dieser knapp. »Wir haben uns dieser armen Menschen angenommen, um sie in die nächste Missionsstation zu bringen.« Fritz gab sich Mühe, nicht provozierend zu klingen.
    Nachtmahr räusperte sich. Die Antwort schien ihn aus irgendeinem Grund nicht zu befriedigen. Erst jetzt entdeckte Fritz Nachtmahrs Sohn Achim, der wie gewöhnlich dem Vater wie ein Schatten folgte. Der junge Mann wirkte in seiner Uniform
seltsam verloren, was ihn nicht davon abhielt, sich gleich wieder in den Vordergrund zu spielen.
    »Das ist doch eine Lüge«, mischte sich Achim wichtigtuerisch ein. »Wir wissen doch alle, dass dieser Negerfreund die Herero niemals ausliefern würde. Sie sind ja nicht einmal gefesselt!«
    Fritz beachtete den Jungen nicht. »Darf ich wissen, wer hier der leitende Offizier ist?«, wandte er sich scharf an Nachtmahr. »Ich glaube nicht, dass dieser Grünschnabel das Recht hat, solche Behauptungen aufzustellen.«
    Nachtmahr warf Achim einen wütenden Blick zu, bevor er ebenso scharf antwortete.
    »Tun Sie nicht so, als ob Sie nicht wüssten, wen sie hier vor sich haben!«, donnerte er los. »Ich befehlige diesen Trupp und

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