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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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Soldaten aus. Dann sprang er hinter den Schreibtisch und schubste den Major beiseite. Mit einem Satz sprang er auf den Fenstersims und von dort nach draußen in den Innenhof des Forts. Mit gebundenen Händen versuchte er die Pferde zu erreichen, die am anderen Ende des Hofes standen. Seine Flucht war von vorneherein ein sinnloses Unterfangen. Der Innenhof war voller Soldaten. Bevor Fritz
auch nur die Pferde erreicht hatte, hatte der Major Alarm geschlagen.
    »Nehmt den Mann gefangen«, schrie er aufgebracht. Nachtmahr stand ebenfalls am Fenster. Sein Gesicht zeigte von Hass erfüllte Entschlossenheit, als er seine Pistole aus dem Koppel löste und auf den Flüchtenden richtete. Ein Schuss hallte über den Kasernenhof, und Fritz fiel getroffen in den Kies.

    Johannes hätte sich ohrfeigen können, dass er so unbekümmert gewesen und einfach eingeschlafen war. Als die Ovambos sie mit groben Fußtritten aus dem Schlaf gerissen hatten, war es zu spät gewesen, um noch nach seinem Gewehr zu greifen. Ehe sie sich’s versahen, waren er und seine Frau gefesselt gewesen.
    Die Männer waren Ovambos vom Stamm der Ondongas. Nehale hatte mehreren Trupps den Auftrag erteilt, die Gegend auszukundschaften. Er wollte rechtzeitig darüber informiert werden, falls die Deutschen Truppen schickten. Die fünf Männer diskutierten nun aufgeregt. Offensichtlich konnten sie sich nicht darüber einigen, was sie mit ihnen anstellen sollten. Sie unterhielten sich auf Oshivambo, einer Sprache, die Johannes nicht verstehen konnte.
    »Verstehst du, was sie sagen?«, fragte er Sarah leise. Sie nickte. »Sie überlegen, ob sie uns laufen lassen oder …«, sie schluckte, »… uns erschießen sollen.« Sie achtete darauf, dass Raffael nichts hörte. »Der Mann mit der Narbe ist dafür, uns laufen zu lassen. Die anderen möchten sich für ihre toten Brüder an dir rächen.«
    Johannes kaute nervös auf seiner Unterlippe. Das sah nicht gut aus. Einer der Männer sah ihn hasserfüllt an und spuckte ihm ins Gesicht. Er war so überrascht davon, dass er nur verwirrt blinzelte, als ihm der Speichel quer über sein Auge lief. Dem Ovambo schien die Demütigung nicht zu genügen. Er
holte mit dem Gewehrkolben aus und setzte an, ihm damit das Gesicht zu zertrümmern. Der ältere Mann mit der Narbe fiel ihm in den Arm. Er schimpfte und schubste den Spucker verächtlich beiseite. Offensichtlich war er derjenige, der das meiste zu sagen hatte. Der Spucker zog sich widerwillig zurück, und auch die anderen beruhigten sich allmählich.
    »Du mitgehen«, sprach er schließlich in gebrochenem Herero und deutete auf die drei. »Du Gefangene von Häuptling Nehale !« Er zeigte mit dem Zeigefinger auf seine Brust. »Ich Hidipo. Ich bringe zu Nehale!«
    Er wandte sich ab und ging zu seinem Pferd. Die Männer setzten Raffael wieder auf den Rücken der Stute, während sie Sarah und Johannes wie angebundenes Vieh hinter sich herzogen. Die ersten Kilometer ließ Hidipo die Pferde traben, sodass die beiden Gefangenen Mühe hatten, Schritt zu halten. Als Sarah aber stolperte und von den Pferden mitgeschleift wurde, verlangsamten sie das Tempo und ließen die Pferde Schritt gehen.
    Spät in der Nacht näherten sie sich endlich dem Dorf, in dem Nehale sich aufhielt. Ein dichter Palisadenzaun umgab kreisförmig die Rundhütten im Innern. In der Mitte des Dorfes war ein großer Platz, auf dem ein einladendes Feuer prasselte. Trommeln und Gesang waren zu hören. Die Männer feierten ihren Erfolg mit selbst gebrautem Bier. Hidipo ließ die Pferde vor dem Palisadenzaun stehen und löste die Fesseln der Gefangenen. Offensichtlich rechnete er mit keinem Fluchtversuch. Raffael war so müde, dass er sich weigerte zu laufen. Er weinte. Johannes nahm ihn schnell auf seinen Arm. Hidipo knurrte unwillig und trieb sie mit seinem Gewehrkolben vor sich her. Sie hatten den ganzen Tag keinen Schluck Wasser bekommen und waren am Ende ihrer Kräfte. Mühsam schleppten sie sich über den Dorfplatz zu einem großen Feuer, an dessen Seite auf einem erhöhten Hocker Häuptling Nehale saß. Er war ein
groß gewachsener schlanker Mann mittleren Alters. Seine wachen Augen musterten eingehend erst Johannes und anschließend seine Frau. Als sein Blick auf den Jungen fiel, der völlig regungslos über Johannes Schulter hing, winkte er eine der Frauen herbei. Sofort kamen zwei Mädchen und reichten dem Jungen und seinen Eltern in einer Tonschale Wasser, das sie dankbar annahmen. Nehale rief nun Hidipo. Die

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