Sei gut zu dir, wir brauchen dich
ohne sich zuvor eine Handvoll Bohnen einzustecken. Er tat dies nicht etwa, um die Bohnen zu kauen. Er
nahm sie mit, um so die schönen Momente des Tages bewusster wahrnehmen und um sie besser zählen zu können. Für jede positive
Kleinigkeit, die er tagsüber erlebte – zum Beispiel eine nette Konversation auf der Straße, das Lächeln seiner Frau und Lachen
seiner Kinder, ein köstliches Mahl, eine feine Zigarre, einen schattigen Platz in der |28| Mittagshitze, ein Glas guten Weines – kurz: für alles, was die Sinne erfreute, ließ er eine Bohne von der rechten in die linke
Jackentasche wandern. Manche Begebenheit war ihm gleich zwei oder drei Bohnen wert. Abends saß er dann zu Hause und zählte
die Bohnen aus der linken Tasche. Er zelebrierte diese Minuten. So führte er sich vor Augen, wie viel Schönes ihm an diesem
Tag widerfahren war und freute sich des Lebens. Und sogar an einem Abend, an dem er bloß eine Bohne zählte, war der Tag gelungen,
hatte es sich zu leben gelohnt. (aus: Horst Conen, Optimisten brauchen keinen Regenschirm , Ariston Verlag, Kreuzlingen 1996)
Tragen Sie immer ein paar Bohnen in der Tasche!
Das Rezept des Conte ist eine unkonventionelle Art, sich selbst dazu anzuhalten, den erfreulichen Dingen des Tages mehr Beachtung
zu schenken. Nicht jeder mag sich gleich dazu animiert fühlen, es ihm gleichzutun, vielleicht auch, weil die Taktzahl unseres
Alltags meist höher ist. Es existiert keine mehrstündige Siesta, dafür aber ein enger Terminplan, der unser Leben stark von
außen bestimmt, Hektik und Verpflichtungen diktieren oft unseren Tag. Doch gerade deswegen ist es wichtig, die Eindrücke eines
Tages zu selektieren und den guten mehr Gewicht beizumessen. Wenn wir uns selbst verordnen, die angenehmen Kleinigkeiten des
Tages häufiger zu würdigen und seltener als selbstverständlich oder unwichtig einzustufen – so kann schon aus einem leckeren
Sandwich, der guten Idee für ein Geburtstagsgeschenk oder dem wohligen Körpergefühl nach dem Duschen etwas werden, was uns
eine Bohne wert ist. Nicht achtlos vorbeiziehen zu lassen, was eigentlich ganz schön und erfreulich ist – das ist das ganze
Geheimnis.
Deshalb probieren Sie die Methode des Conte: Stecken Sie sich jeden Morgen ein paar Bohnen ein (es können auch Erbsen oder
Murmeln sein). Diese einfache Strategie hat schon vielen Menschen |29| geholfen, den Vorhang eines vermeintlich nur grauen Alltags beiseite zu schieben. Falls es Ihnen lieber ist, können Sie natürlich
auch ohne diese Hilfsmittel – also nur im Geiste – festhalten und zählen, was Ihnen an schönen Momenten widerfährt. Ob mit
oder ohne Bohnen, treten Sie jeden neuen Tag mit dem Vorsatz an, nicht nur Negatives zu erwarten, sondern auch jede Menge
Positives. Tun Sie es einfach – ganz egal was früher war – aus Liebe zu Ihrem Leben. Starten Sie jeden Morgen einen neuen
Versuch, das Konto unschöner Erfahrungen auszugleichen, mit dem Ziel, sobald wie möglich auf der Guthaben-Seite ein Plus zu
erwirtschaften, statt weiter das Minus zu beklagen.
Oft stellt man mir die Frage: »Gerate ich dann nicht in die Gefahr, die Welt durch eine rosarote Brille zu betrachten, sie
verfälscht wahrzunehmen, besser als sie in Wahrheit ist?« Da brauchen Sie keine Sorgen zu haben. Denn im Laufe der Zeit stolpern
Sie seltener als gewohnt in negative Gefühlsmuster hinein. Sie nehmen differenzierter wahr, lernen das, was Sie erleben, objektiver
und damit positiver zu bewerten. Und sitzen am Abend weniger häufig da und sagen: »War das heute wieder ein furchtbarer Tag.«
Und das wiederum hat zur Folge, dass Sie die vorhandenen Konditionierungen, wie zum Beispiel »Ich habe ein schweres Leben«
oder »Ich erlebe nur Schlechtes«, leichter überwinden. Es ist also eine Möglichkeit, sich selbst dazu zu erziehen, zufriedener
zu sein und sich mit dem, was Sie umgibt, in Harmonie zu fühlen. Je konsequenter Sie diesen Ansatz in Ihr tägliches Leben
und Erleben integrieren, desto rascher entsteht ein Gleichgewicht im Erfahrungsrucksack. Negatives steht Positivem nicht mehr
so machtvoll gegenüber, denn Sie sehen, dass noch etwas anderes existiert. Allein dadurch, dass Sie die Dinge positiver bewerten
als gewohnt, werden wieder Kräfte frei, die Sie beflügeln.
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|30| Mit Kopfarbeit gegen den inneren Nörgler
Vielleicht sagen Sie an dieser Stelle: »Auch wenn ich mehr auf schöne Momente achte und
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