Sei mein Stern
legen, damit der Regierungsrat ihn nicht mit Gewalt zurückgeholt hat.“
Sie zupfte hektisch an ihrem Zopf herum. „Aber nun komme ich zu dem, was mir am meisten gegen den Strich geht. Böse Zungen behaupten, dass Simon dich hierhergeschafft hat, du aber mit fliegenden Fahnen zu Mark übergelaufen bist. Glaubst du im Ernst, ich als Mutter würde das so sang-und klanglos hinnehmen? Dieser Mark kann doch nicht in einem fremden Revier wildern. Dieses Verhalten ist absolut unverantwortlich.“
„Aber das ist doch völlig an den Haaren herbeigezogen!“, setzte Jana zu ihrer Ehrenrettung an.
Cassandra schoss hoch. „Heißt das, du hast nichts mit Mark am Laufen?“
„Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Er ist nur ein Freund. Selbst wenn er der letzte Mann wäre, würde ich den Teufel tun, mit ihm ins Bett zu steigen.“
Cassandra zuckte fast unmerklich zusammen, denn auf Siria waren solche unverblümten Aussagen nicht gang und gäbe. Sie verzichtete jedoch auf jedes weitere Wort und schaute Jana stattdessen eindringlich in die Augen. Jana hielt dem Blick störrisch stand und leistete noch nicht einmal Gegenwehr, als sie begriff, dass Cassandra sich gerade Zugang zu ihrem Kopf verschaffte. Bis eine plötzliche Panik über sie hereinbrach. Was, wenn die aufgebrachte Rachegöttin ihr irgendwelche absurden Ideen hineinpflanzte?
Sie blinzelte und war versucht, die Augen zu schließen. Doch diese Blöße wollte sie sich nicht geben. Sie würde nicht mit einem Anflug von Feigheit vor dem Feind reagieren. Trotzig starrte sie Cassandra mitten ins Gesicht. Und dann geschah etwas Unerwartetes.
Cassandra wandte schlagartig den Blick ab und schlug sich überrascht eine Hand vor den Mund. Leise seufzend sank sie auf den Sessel zurück. „Herr im Himmel! Jetzt hast du mich ernsthaft überrumpelt. Du liebst Simon mit jeder Faser deines Herzens. Du denkst nicht im Traum daran, dich mit einem anderen Mann einzulassen.“
Und da begriff Jana. „Du kannst Gedanken lesen?“, völlig entgeistert musterte sie ihre potenzielle Schwiegermutter.
Ein sanftes Lächeln zuckte um Cassandras Mundwinkel. „Ja, Mädchen, auch wenn ich diese Gabe seit Jahrzehnten nicht mehr angewandt habe. Durch die implantierten Chips ist diese Fähigkeit auf Siria ziemlich in Vergessenheit geraten. Doch Hektor hat sie mir in Erinnerung gerufen. Du musst wissen, er ist ein wahres Medium. Und er offenbarte mir von Anfang an, dass du Simon voll und ganz verfallen bist.“ Sie seufzte erleichtert. „Und er lag so was von richtig.“
Sie lehnte sich ein Stück nach vorne. „Also, hör zu. Simon und du, ihr benehmt euch wie zwei unreife Teenager. Ihr liebt euch, könnt euch aber aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund nicht zusammenraufen. Also, liebe Jana. Entweder ihr kommt miteinander ins Reine – was ich mir übrigens von ganzem Herzen wünsche – oder du verlässt Siria für immer. Und glaube mir, das ist keine leere Drohung. Da wird dir auch dein guter Draht zu Mark keine Hilfe sein.“
Anscheinend hatte sie ihre Gardinenpredigt beendet, denn sie sprang auf und schwebte in Richtung Ausgang. „Schätzchen, ich gebe dir zwei Wochen, um die Sache in Ordnung zu bringen!“, warf sie ihr über die Schulter zu, bevor sie wie der Teufel persönlich nach draußen fegte. Und natürlich gehorchten diese vermaledeiten Türen wie auf Kommando.
Verdrossen sank Jana im Sessel zusammen. Nun war sie sich zumindest darüber im Klaren, wem Simon und Rafael ihren eisernen Willen verdankten, genau wie den Drang, niemals zu verlieren. Und sie zweifelte keine Sekunde daran, dass Cassandra ihre Drohung in die Tat umsetzen würde.
Aber was zur Hölle sollte sie jetzt tun?
Kapitel 25
Simon starrte geistesabwesend in den Sternenhimmel über München. Kein Wölkchen trübte die Aussicht. Millionen Sterne glitzerten wie Diamanten, die jemand in der Galaxie verstreut hatte. Und obgleich der Herbst schon in den Startlöchern stand, war die Atmosphäre noch sommerlich aufgeheizt. Er rutschte tief in den bequemen Gartenstuhl auf Rafaels und Valeries Terrasse und gab sich völlig seinen Gedanken hin.
Gänzlich unerwartet war die Liebe seines Lebens am Vortag bei ihm auf der Matte gestanden und hatte ihn gebeten, mit ihr zur Erde zu reisen, um ihre Identität neu aufleben zu lassen. Und auch wenn ihm dieses Anliegen beinahe das Herz aus der Brust gerissen hatte, war er ihrer Aufforderung bereitwillig gefolgt. Letztendlich musste Jana entscheiden, ob ihre
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