Sei mein Stern
Computer!
Fasziniert inspizierte sie das hypermodern anmutende Gerät. Der BSC schulte seine Agenten unablässig in der modernsten Datenverarbeitungstechnik, doch so etwas war ihr noch nie zu Gesicht gekommen. Fenster öffneten und schlossen sich zu schnell, als dass sie hätte ausmachen können, was sie beinhalteten. Indessen schob Simon die CD mit einem Finger in ein externes Laufwerk, ohne überhaupt hinzusehen. Denn seine Augen ruhten auf Jana.
„Wo liegt das Problem?“, erkundigte er sich beiläufig, während er sie von Kopf bis Fuß völlig schamlos einer eingehenden Musterung unterzog.
„Die Datei, die ich dringend überarbeiten muss, ist blöderweise passwortgeschützt. Mein Verleger wartet darauf und …“
„Sie sind Schriftstellerin?“, fiel er ihr neugierig ins Wort.
Mit Argusaugen beobachtete sie, wie seine Finger über die Tastatur jagten, wobei es den Anschein erweckte, dass er nur unwesentlich mit ihr in Berührung kam. Es waren wohlgeformte, geschickte Hände, und sie mochte sich im Moment gar nicht vorstellen, was er damit noch alles anstellen könnte. Um sich von dieser schmutzigen Fantasie abzulenken, widmete sie sich flugs wieder dem Bildschirm. Ziffernkolonnen rauschten in aberwitzigem Tempo vorbei. Dazwischen tauchten Textblöcke auf, dann nur noch vereinzelte Zahlen.
„Äh, nein, ich bin freiberufliche Journalistin. Momentan schreibe ich einen Artikel über Münchner Promis …“
Ein leises Pling ließ ihr die Worte auf den Lippen ersterben. Sie schielte auf den Bildschirm und erblickte die Datei, die sie umständlich verschlüsselt hatte.
Geöffnet! Innerhalb von Sekunden!
Allem Anschein nach hatte sie ihren Hacker gefunden!
Doch jede Zelle ihres Körpers sträubte sich gegen diese Erkenntnis. Simon wirkte beim besten Willen nicht wie ein gefährlicher Extremist oder größenwahnsinniger Programmierer. Obendrein hatte er ihr gestanden, dass er Terrorismus verabscheute. Wieso sollte er sich dann für die Sicherheitssoftware von Atomraketen interessieren?
Okay, er war Techniker. Kein Wunder, dass er in Informatik bewandert war. Deswegen musste er noch lange kein Verbrecher sein, oder?
Na herrlich! Wen wollte sie hier eigentlich aufs Glatteis führen?
Es gab schließlich noch die todbringendste aller Alternativen. Der Mann neben ihr war ein durchgeknallter Psychopath, was ihn zwangsläufig zum begnadeten Schauspieler prädestinierte. Die Art von Verbrecher, denen man am besten niemals in die Parade fuhr, wenn man nicht in einer Katastrophe wie Ground Zero enden wollte. So wie der Killer von Norwegen, der auf einer Insel fast hundert Jugendliche ermordet und vor Ausübung dieser Tat doch so harmlos angemutet hatte.
Und die Erfahrung hatte sie eins gelehrt: Um einem so abgeklärten Wesen auf die Schliche zu kommen, gab es genau zwei Möglichkeiten - den Schalter umlegen, der ihn aus der Reserve lockte, oder ihn auf frischer Tat ertappen.
„So, das war’s“, grinste ihr Nachbar, während er ihr vergnügt mit der CD vor der Nase herumfuchtelte. Mitnichten darüber im Bilde, welche Horrorszenarien ihr gerade durch den Kopf flitzten.
„Danke“, hauchte sie. „Sie haben mir soeben das Leben gerettet. Wie um alles in der Welt haben Sie das nur angestellt?“
Er schmunzelte spitzbübisch, was ein Kribbeln in ihrer Magengegend lostrat. „Das gebe ich lieber nicht preis. Kann sein, dass es nicht ganz den rechtlichen Vorschriften entspricht. Wie lange sind Sie eigentlich in München?“
In dem Moment, als sie zu einer Antwort ansetzte, zerriss ein schrilles Klingeln die Stille. Mit einer blitzschnellen Bewegung war Simon am Telefon. „Ja, Valerie. Was gibt’s?“
Verblüffung machte sich auf seinem Gesicht breit. „Aber natürlich kannst du sie hochschicken. Was spricht dagegen?“
Er legte auf und rutschte wieder auf den Stuhl. „Eine Bekannte ist auf dem Weg zu mir. Sie scheint etwas vergessen zu haben.“ Nachdenklich fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. „Valerie war ganz scharf darauf, sie abzuwimmeln. Ich frage mich nur, warum? Das stellt doch kein Problem für Sie dar, oder?“
Doch noch bevor Jana ihre Meinung kundtun konnte, klopfte es ungeduldig an der Tür. Simon sprang erneut auf, marschierte im Stechschritt durchs Zimmer, riss die Tür auf und fand sich Angesicht in Angesicht mit einer drallen Blondine im roten Minikleid wieder. „Laura, was treibt dich hierher?“
Die Blondine schob sich in den Raum, blieb jedoch wie vom Donner gerührt stehen, als
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