Sei mein Stern
über Janas Besuch. Gott sei Dank entging den beiden in ihrer Euphorie, dass Jana bei Rafaels Anblick dreimal heftig schluckte, um nicht lustvoll aufzustöhnen. Der Mann war das Ebenbild seines jüngeren Bruders, nur noch muskulöser, weltgewandter und mit einem Hauch mehr Sex-Appeal, auch wenn Jana das bisher für ein Ding der Unmöglichkeit gehalten hatte. Mit den makellos sitzenden Designer-Jeans und dem weißen Hemd, dessen Ärmel er lässig hochgekrempelt hatte, wirkte er wie die personifizierte Männlichkeit, umgeben von einer Aura des Wagemuts, die seinem Bruder völlig abging. Nur ein paar winzige Fältchen um die Augenwinkel gaben einen Hinweis darauf, dass dieser Mann bereits durch seine ganz persönliche Hölle gegangen war.
Rafaels himmlisch blaue Augen blitzten amüsiert, als er Jana einer offensichtlichen Musterung unterzog. Mit Erstaunen registrierte sie, dass er genau die gleiche Uhr trug wie sein Bruder. Ein protziger Chronograf, dessen Marke sie bisher nicht hatte ausmachen können, der aber wertmäßig vermutlich so mancher Wohnungseinrichtung den Rang ablief.
Valerie und Rafael boten ihr sofort das Du an und führten sie auf eine Terrasse, auf der sie ein in fröhlichen Farben gedeckter Tisch und bequeme Gartenstühle erwarteten. Auf dem Grill brutzelten Würstchen und Steaks geduldig vor sich hin und verbreiteten einen so appetitlichen Geruch, dass Janas Magen postwendend mit einem verräterischen Knurren reagierte.
Mehrfach brachten ihre Gastgeber ihr Entzücken über den Zeitungsartikel zum Ausdruck, der am Morgen in der Süddeutschen erschienen war und das Galaxis anpries wie sauer Bier. Von diesem Moment an hatten die Telefone nicht mehr stillgestanden, und es entzog sich komplett Valeries Kenntnis, wo sie die Unmengen potenzieller Gäste unterbringen sollte. Erst jetzt wurde Jana bewusst, dass Simon in der Tat kein Sterbenswörtchen über ihr Abkommen hatte verlauten lassen.
Und während Valerie Jana nach dem Aperitif einen Blick auf ihr Baby gewährte, ein zum Knuddeln süßes Mädchen, das schlief wie ein Stein, verweilten die Männer im Garten.
„Simon, was läuft da zwischen dir und diesem heißen Feger? Ist das was Ernstes?“, ging Rafael neugierig in die Vollen.
Simon lehnte sich seufzend zurück und hypnotisierte sekundenlang sein Wasserglas. Dann fixierte er seinen Bruder, der hoheitsvoll an einem teuren Rotwein nippte. Ein ungläubiges Lächeln flog über Simons Lippen. Er konnte es manchmal kaum fassen. Rafael hatte sich zu einem richtigen Lebemann entwickelt, der sich die Luxusgüter der Erde mit voller Hingabe zu Gemüte führte. Wobei es keine Rolle spielte, ob es sich um delikates Essen, teure Weine oder Champagner handelte. Von Luxuskarossen und Designerklamotten ganz zu schweigen. Sein Bruder war für alles zugänglich. Wohingegen Simon sich einfach nur nach den Einheitsklamotten Sirias und seinem kleinen Zimmer zurücksehnte.
„Nun“, antwortete er schließlich, „ehrlich gesagt hat Jana mir ziemlich den Kopf verdreht. Es ist, als hätte mich ein Blitz getroffen. Sie hat irgendetwas an sich, das mir bei keiner Frau zuvor ins Auge gestochen ist.“ Er grinste schwach. „Und ich meine damit nicht ihre ellenlangen Beine. Nein, sie ist mit einem unglaublichen Willen ausgestattet. Wenn ich ihr in die Augen schaue, erkenne ich so viele mysteriöse Facetten und Geheimnisse, dass ich darin zu ertrinken drohe. Und unverzüglich wird in mir der Wunsch entfacht, alles über sie herauszufinden.“
„Schläfst du mit ihr?“
Simon verdrehte die Augen. Na herrlich! Wenn das alles war, was seinen Bruder interessierte, konnte er sich die langen Reden getrost sparen. Er seufzte erneut. „Nein, diese Spielregeln hat allerdings sie aufgestellt. Sie hat sich Zeit ausgebeten. Angeblich ist sie noch nicht über ihren Exfreund hinweg. Und die Tatsache, dass sie mich auf Abstand hält, treibt mich so langsam in den Wahnsinn.“
Er schielte einmal mehr gedankenverloren in sein Wasserglas. „Aber nun kommt die Kehrseite der Medaille. Ich traue ihr keinen Meter. Mein Gefühl sagt mir, dass sie nicht mit offenen Karten spielt, etwas Grundlegendes vor mir verbirgt. Könntet ihr beide, also du und Valerie, sie ein bisschen für mich unter die Lupe nehmen?“
Rafael guckte ihn verdattert an. „Aber sie macht doch einen umgänglichen Eindruck. Wo liegt das Problem?“
„Tja, sie gibt sich als erfolglose Journalistin aus, die ab und an banale Reportagen über Hotels, Restaurants oder
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