Sei mein Stern
hielt Janas Vater sich dezent im Hintergrund. Sei es, um die herzzerreißende Begrüßungszeremonie nicht zu stören oder aber um Simon nicht schon beim ersten Zusammentreffen für alle Ewigkeit zu verschrecken.
Da löste sich Jana von ihrer Mutter, griff nach Simons Hand und zerrte ihn nach vorne. „Simon, das ist meine Mutter. Mutti, das ist Simon.“
Simon schüttelte der attraktiven, schlanken Frau, mit den verstrubbelten brünetten Haaren die Hand. Große dunkle Augen waren auf ihn gerichtet, die ihn mit ihrem geheimnisvollen Glitzern und ihrer endlosen Tiefe prompt an ihre Tochter erinnerten. Und schon hatte sie sein Herz erobert.
„Hallo, Simon, schön Sie kennenzulernen“, flötete sie gut gelaunt.
„Habt ihr problemlos hergefunden?“ schaltete sich da Jana wieder ein.
„Das schon. Aber erzähl uns doch bitte, warum wir Zickzack fahren mussten, als wären wir auf der Flucht, und ich dich von einer öffentlichen Telefonzelle aus anrufen sollte.“
Jana schmunzelte. „Darüber kläre ich euch später auf. Kommt erst mal herein.“
Janas Mutter machte einen Schritt nach vorne, dann schien ihr etwas einzufallen. „Wladimir, Schnucki, was stehst du denn da und hältst Maulaffen feil? Willst du deine Tochter und den netten jungen Mann nicht begrüßen?“
Unverzüglich trabte Schnucki an. Simon unterdrückte ein Lachen, als ihm bewusst wurde, wer im Hause Iwanow das Sagen hatte. Dieses Phänomen schien im ganzen Universum das Gleiche zu sein. Denn obwohl sein Vater über Jahrzehnte hinweg dem sirianischen Regierungsrat angehört hatte, führte zu Hause seine Mutter das Regiment.
Nachdem Schnucki ihm glücklicherweise seine Hand unbeschadet zurückgegeben hatte, beschränkte dieser sich darauf, Simon erneut prüfend ins Visier zu nehmen. Den Small Talk überließ er in jeglicher Hinsicht seiner Frau.
Im Wohnzimmer angelangt versorgte Jana ihre Eltern unverzüglich mit Champagner. Und wäre Simon nicht überzeugter Antialkoholiker gewesen, hätte er dem prickelnden Vergnügen sicherlich nicht entsagt. Denn es gab allen Grund zum Feiern: Die Aktion vom Vortag hatte geklappt wie am Schnürchen. Simon besaß seine Besitztümer wieder, die dank Sirias Weltraumtechniker von dem Schrottplatz, an dem sie abgelegt worden waren, buchstäblich ins Nirvana verschwunden waren. Die drei Männer, die Carsten zur Bewachung abgestellt hatte, lagen womöglich noch wochenlang vergeblich auf der Lauer.
Und zum krönenden Abschluss des Tages war Carsten am späten Abend von zwei Beamten des BKA vor seiner Wohnung abgepasst und abgeführt worden, da man ihn terroristischer Kontakte in die islamistische Welt bezichtigte.
Auch war es Simon gelungen, alle fragwürdigen Daten über sich und seinen Bruder aus den deutschen Geheimdienstcomputern zu löschen. Und im Grunde genommen wäre nun alles in trockenen Tüchern gewesen, wäre ihm da nicht dieses Missgeschick mit Janas Akte passiert. Herrgott noch mal! Wie sollte er ihr das Dilemma nur begreiflich machen?
„Simon, was machen Sie eigentlich beruflich?“, riss ihn da Janas Mutter aus seiner Trance.
„Ich bin Informatiker, Frau Iwanow.“
„Ach, sagen Sie doch Isabel zu mir.“ Sie musterte ihn einen Moment lang mit unergründlicher Miene. „Sie sind also Informatiker, interessant.“ Ihr Blick wanderte zu Jana. „Jana, kann es sein, dass wir vor nicht allzu langer Zeit über diesen jungen Mann hier geplaudert haben?“
Jana nickte verschmitzt grinsend. „Gut möglich.“
„Interessant“, bekundete Isabel erneut.
Schnucki blickte genauso desorientiert drein wie Simon, bevor der Furcht einflößende Russe verstimmt kundtat: „Ihr beiden sprecht mal wieder in Rätseln.“
Isabels Kopf flog in die Richtung ihres Mannes. „Ach Schnucki, du musst doch nicht immer alles wissen.“ Dann wandte sie sich wieder Simon zu. „Und was machen Sie in Ihrer Freizeit so?“, löcherte sie ihn erneut.
Simon kratzte sich am Kopf. Auf was wollte sie nur hinaus? Und was lief da zwischen den beiden Frauen? „Da kreiere ich Computerspiele und teste sie aus.“ Simon zuckte mit den Schultern. „Die Cyberworld ist schlicht und ergreifend mein Hobby.“
„Dann interessieren Sie sich gewiss auch für die Raumfahrt und die Nukleartechnik, oder? Schon beeindruckend, was heutzutage auf der Erde so alles möglich ist.“
Simon schluckte, und um die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung zu lenken, startete er folgendes Manöver: „Nun, da muss ich Ihnen leider widersprechen.
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