Sei mein Stern
das Weihwasser. Und seinem flackernden Blick nach zu urteilen, würde sie in den nächsten Minuten erfahren, warum. Wobei sie sich gar nicht sicher war, ob sie das auch wirklich wollte.
„Aus!“, kommandierte Jana in Richtung Bildschirm, der postwendend seinen Dienst einstellte. Dann wandte sie sich wieder Simon zu. „Wo brennt’s denn?“
Simon schubste eins der Mondbärchen vom Sessel und pflanzte sich darauf, bevor er Jana eindringlich ansah. „Jana, ich habe einen Riesenunfug verzapft.“
„Nein, sag nicht, du hast schon wieder meine letzten Cracker gefuttert.“
Doch Simon ging auf ihren Scherz mitnichten ein, sondern schüttelte mit einem Gesichtsausdruck wie sieben Tage Regenwetter den Kopf. „Wenn es nur so einfach wäre. Du weißt doch, ich habe Rafaels und meine Akte aus den Geheimdienstcomputern der Erde gelöscht. Tja, und da hatte ich plötzlich eine Eingebung und habe mich deiner Akte zugewandt. Was nicht gerade ein Klacks war. Denn die Daten von Geheimagenten sind doppelt und dreifach gegen Hackerangriffe geschützt.“ Er fuhr sich hektisch durchs Haar. „Du lagst übrigens goldrichtig, ein Deal mit diesem Roth hätte nicht funktioniert. Er hat nicht mit offenen Karten gespielt. Verschlüsselte Informationen wiesen darauf hin, dass du nicht vertrauenswürdig bist und …“
„Dieser verflixte Dreckskerl!“, platzte es aus Jana heraus. „Das hätte ich mir eigentlich denken können. Carsten hat eine höhere Sicherheitsstufe als ich. Das habe ich nicht in Betracht gezogen.“ Wütend ballte sie eine Hand zur Faust. „Was hast du mit den Einträgen gemacht, sie eliminiert?“
Simon warf den Kopf in den Nacken und taxierte einen imaginären Punkt an der Decke. „Natürlich. Einem Instinkt folgend habe ich die Daten lückenlos ausradiert … und dabei ziemlichen Bockmist gebaut.“ Er schaute ihr wieder ins Gesicht. „Jana, ich habe deine komplette Identität auf der Erde gelöscht. Bitte nimm mir das nicht übel.“
Jana blickte ihn sekundenlang an, als wäre er gerade dem Zoo entsprungen. „Ich verstehe nicht“, setzte sie schließlich an. „Das heißt, ich bin nie Agentin gewesen?“
Er atmete vernehmlich aus. „Nein, du hast niemals existiert.“
Ihre Pupillen weiteten sich erschrocken, als ihr die Tragweite seiner Aussage bewusst wurde. „Aber, Simon, warum hast du das getan? Ich will doch ab und an zur Erde, meine Eltern besuchen und einkaufen und … Ach, weiß der Kuckuck was noch.“ Sie schluckte vernehmlich. „Und was ist, falls ich irgendwann doch zurückkehren möchte?“
„Ja, diese Erkenntnis ist mir inzwischen auch gekommen. Du solltest dann auf keinen Fall in eine Führerscheinkontrolle geraten oder eine Landesgrenze überschreiten. Aber keine Sorge, ich werde dich in den Computern der Erde neu aufleben lassen. Entweder mit deiner alten Identität oder einer gänzlich neuen.“
Er sank ein Stück tiefer in den Sessel. „Fakt ist jedoch, dass die Person Jana Iwanow im Moment nicht existiert und es auch nie getan hat. Du hast keine Rentenansprüche, bist nicht erbschaftsberechtigt, nicht kranken-oder sozialversichert. Da es diesen ganzen Humbug auf Siria nicht gibt, war mir zuerst überhaupt nicht bewusst, was für eine Kette von Konsequenzen ich heraufbeschwöre.“
Er sprang mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung auf, steuerte sie an und ging vor ihr in die Hocke. „Es tut mir leid, Jana. Ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hat. Aber ich habe einen Moment lang nicht rational, sondern gefühlsmäßig gehandelt. Ich glaube, ich wollte verhindern, dass du mich jemals wieder verlässt.“ Er schluckte lautstark. „Wenn du willst, beame ich mich noch heute zur Erde und bringe alles wieder ins Lot. Nur bräuchte ich dann sehr viele Infos von dir.“
„Du hast meine Existenz gelöscht, damit ich dich nicht verlassen kann?“, stotterte sie ungläubig. „Aber, Simon, warum? Das liegt doch überhaupt nicht in meiner Absicht.“
„Warum?“ Er jaulte auf wie ein verletztes Tier. „O Jana, weil ich dich so sehr liebe, dass ich manchmal nicht mehr klar denken kann. Darum.“
Einen Moment lang faszinierte sie sein offenes Geständnis, und sie versank in seinen blauen Augen. Dann aber fiel tief in ihrem Inneren eine Tür zu, die alle Glücksgefühle hinter sich zu verschließen schien. Gott! Was für ein Albtraum. Dieser Kerl war keinen Krümel besser als Carsten, der zeit seines Lebens versucht hatte, sie von sich abhängig zu machen.
Das konnte
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