Sei mein Stern
Mund klatschte. „Jana! Um Himmels willen!“
Und dann gestand Jana ihren Eltern, deren Gesichter sich abwechselnd kreidebleich und krebsrot färbten, die gnadenlose Wahrheit. Die einzige Kleinigkeit, die sie unter Verschluss hielt, war Simons Herkunft. Es waren fürs Erste genug Neuigkeiten.
„Ja, nun wisst ihr, warum Simon und ich untertauchen mussten, und dass es nicht ratsam wäre, sich momentan mit irgendwelchen Atomausstiegsplänen zu weit aus dem Fenster zu lehnen“, kam sie letztendlich zum Schluss.
Eine Zeit lang herrschte eine explosive Stille in der kleinen Hütte, die sich wie eine schwere Last auf Janas Schultern legte. Dann meldete sich ihre Mutter zu Wort. „Verrätst du mir zumindest, wie ich dich im Notfall erreichen kann? Dein Handy ist ja wohl abgemeldet.“
Jana nickte. „Stimmt. Bitte seid mir nicht böse, aber es ist für alle Beteiligten sicherer, wenn ihr meinen derzeitigen Aufenthaltsort nicht kennt“, wand sie sich, um ihre Eltern nicht erneut beschwindeln zu müssen. „Doch ich gebe euch die Telefonnummer von Simons Bruder. Er ist der Einzige, der mit uns in Kontakt treten kann. Ansonsten werde ich mich von Zeit zu Zeit bei euch melden.“
Wladimir räusperte sich. „Das muss ich jetzt erst einmal alles verdauen. Aber Simon, ich frage Sie trotzdem: Wären Sie denn bereit mir mit Ihrem Know-how auf die Sprünge zu helfen, sobald ein bisschen Gras über die Sache gewachsen ist?“, gab der Russe sich so schnell nicht geschlagen. „Vielleicht brauchen Sie dafür ja gar nicht selbst in Erscheinung zu treten.“
Simon grinste. „Gerne, Herr Iwanow. Ich habe mir schon die ganze Zeit darüber Gedanken gemacht, wie ich Ihrem Planeten … also, ich meine, der Erde unter die Arme greifen könnte, ohne erneut ins Kreuzfeuer der Regierungen zu geraten. Schließlich haben die Erwärmung der Erdatmosphäre und die Verschwendung begrenzter Ressourcen Auswirkungen auf das ganze Universum. Und gehen somit jeden etwas an.“
Als ihre Eltern sich verabschiedet hatten, war Jana am Ende ihrer Kräfte. Zitternd sackte sie auf ihrem Sessel in sich zusammen. Die Miene ihrer Mutter, als diese begriffen hatte, dass Jana sie jahrelang zum Narren gehalten hatte, war der eines geprügelten Hundes gleichgekommen. Dessen ungeachtet hatte Isabel Simon beim Abschied zur Seite genommen und ihn gebeten, ihr kleines Mädchen unversehrt zurückzubringen, was Jana beinahe die Tränen in die Augen getrieben hatte.
Simon rutschte neben sie auf die Sessellehne und zog sie wortlos in seine Arme. Sie sank an seine breite Brust und ließ zu, dass er sie einfach nur festhielt. Zärtlich streichelte er ihr übers Haar.
„Sie werden es verstehen“, machte er ihr Mut. „Und jetzt müssen wir Vorkehrungen für die Abreise treffen. Roger will uns in einer Stunde holen.“
Argwöhnisch taxierte er Jana. Das war der Moment, vor dem er sich seit Tagen gefürchtet hatte.
Würde sie ihn mutterseelenallein zurück in die sirianische Wüste schicken?
Kapitel 22
„Jana, ich muss mit dir reden“, ließ Simon gänzlich unerwartet die Bombe platzen, als er das Wohnzimmer von Rafaels Haus betrat, wo Jana es sich vor dem großen Flachbildschirm bequem gemacht hatte.
Am Abend zuvor, gleich nach ihrer Ankunft auf Siria, hatte sie sich todesmutig der Hypnoseschulung unterzogen, die ihr die sirianische Sprache - einschließlich der von neun Nachbarplaneten - in die Tiefen ihres Gehirns eingepflanzt hatte. Anscheinend hatte sie mit ihrer Rückkehr nun mehr als hinlänglich ihre guten Absichten unter Beweis gestellt, denn Zacharias hatte der Prozedur bedenkenlos zugestimmt.
Amadeus, der Chefmediziner, hatte sie an eine Vielzahl von Drähten angeschlossen, bevor er an einem toasterähnlichen kleinen Apparat einen Schalter umgelegt hatte. Noch im selben Moment war es ihr schwarz vor Augen geworden. Und als sie nach wenigen Sekunden das Bewusstsein wiedererlangte, war das Know-how in ihrem Kopf verankert, als hätte man es auf eine DVD gebrannt.
Neugierig beäugte sie den Mann, der etwas unbeholfen im Wohnzimmer stand. Die Hände hatte er in dem schwarzen Overall vergraben, der Einheitskleidung der männlichen unverheirateten Bevölkerung, den er Jana zuliebe jedoch nur noch gelegentlich trug. Ihr Blick wanderte über Simons breite Schultern hinab zu seiner kräftigen Brustmuskulatur, und sie sehnte sich fast schmerzhaft danach, einmal wieder in seinen Armen zu liegen. Doch seit ihrer Rückkehr mied er sie wie der Teufel
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