Sei mein Stern
zwischen uns aufgetan.“
Valerie winkte ab. „Gib ihm einfach Zeit. Offenbar ticken diese Außerirdischen anders als die Männer der Erde. Wenn bei ihnen nur ein Körperteil durchblutet ist, ist das dummerweise meistens der Kopf.“ Sie lehnte sich ein Stück nach vorne und lächelte verschwörerisch. „Aber glaube mir, Jana, das Warten lohnt sich. Erst seit ich Rafael kenne, weiß ich, wie es ist, wenn beim Sex die Erde unter einem bebt.“
Jana seufzte. „Wem sagst du das? Einmal bin ich ja bereits in den Genuss gekommen. Und das macht alles noch unerträglicher. Letzte Woche, als Simon in Berlin war … Tja, da ist es passiert. Und dabei ist mir wirklich Hören und Sehen vergangen.“ Sie schloss die Augen und schwelgte einen Moment in Erinnerungen. „Aber leider blieb es ein einmaliges Erlebnis.“
Valerie riss die Augen auf. „Wow, Simon erstaunt mich immer wieder! Du hättest ihn mal erleben sollen, als er die Erde zum ersten Mal betreten hat. Durch und durch der verkorkste Nerd. Bis wir ihn so weit hatten, einen Anzug und eine Krawatte zu tragen, das glaubst du nicht. Doch dank seiner rasiermesserscharfen Intelligenz hat er recht schnell verstanden, wie man Frauen um den kleinen Finger wickelt. Aber nun scheint ihn die Realität aus irgendeinem Grunde wieder einzuholen.“
Jana ließ zischend die Atemluft entweichen. „Ja, in Form von Computerprogrammen und -spielen. Die Wesen aus der virtuellen Welt faszinieren ihn offensichtlich mehr als eine Frau aus Fleisch und Blut. Manchmal habe ich das Gefühl, er weiß gar nicht so recht, was er mit mir anfangen soll.“
Valerie kicherte. „Damit hast du vermutlich den Nagel auf den Kopf getroffen. Du wirst ihn aber doch nach Siria zurückbegleiten, oder?“
Jana nickte. „Natürlich. Dieser Planet ist fantastisch“, schwärmte sie hingebungsvoll. „Allein diese himmlische Ruhe zu jeder Tages-und Nachtzeit.“
Valerie blickte verträumt drein. „Ach, ich könnte auch dort leben. Aber Rafael ist total vernarrt in die Erde. Vielleicht irgendwann, wenn wir jeden noch so entfernten Winkel bereist haben.“ Versonnen spielte sie mit dem Stiel ihres Glases. „Darf ich dich etwas fragen?“
Jana nickte.
„Liebst du Simon?“
Jana lehnte sich zurück. Bisher hatte sie sich innerlich dagegen gesträubt, sich selbst diese Frage zu stellen, zu kompliziert war die ganze Situation. Aber wenn sie jetzt so konkret darüber nachdachte … Seit einer Woche teilte sie sich nun mit ihm das Haus, und im Grunde genommen konnte sie sich das für den Rest ihres Lebens vorstellen. Sie mochte seine sanfte, charmante Art, seinen Humor und seine Geradlinigkeit. Und was sie immer wieder in Verzückung versetzte, war diese Aura der Intelligenz, die ihn umgab wie dichte Nebelschwaden. Genau wie die unvergleichliche Hartnäckigkeit, mit der er seinen Job ausübte.
Sie war vernarrt in seine ehrlichen blauen Augen, in denen grundsätzlich der Schalk lauerte. Doch was ihr am meisten ans Herz ging, war die verhaltene Verletzlichkeit, die immer dann von ihm Besitz ergriff, wenn sein empfindlicher Magen ins Spiel kam. Als ob sie diese kleine Schwäche auch nur ansatzweise stören würde. Im Gegenteil, dieser Schwachpunkt verlieh seiner Persönlichkeit das letzte i-Tüpfelchen.
Sie wollte ihn nicht verlieren, niemals wieder auf seine Nähe verzichten.
Und sie wollte ihn verdammt noch mal küssen bis zur Ohnmacht und wilden Sex mit ihm haben, bis der Arzt kam. Vor ihrem geistigen Auge formierten sich lachende Kinder, die über rote Wiesen tobten, umringt von Rudeln von Mondbären. Eine Vision, die ihr bei Carsten niemals in den Sinn gekommen wäre.
Und da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie war bis über beide Ohren in diesen durchgeknallten außerirdischen Computerhacker verliebt.
Kapitel 21
„Jana, Schätzchen, endlich“, rief ihre Mutter vergnügt. „Es ist so schön, dich zu sehen!“
Jana stürzte aus der kleinen Hütte, stolperte mit Riesenschritten auf ihre Mutter zu und dann lagen sich Mutter und Tochter sekundenlang in den Armen, und die Welt um sie herum schien stillzustehen. So verblieb Simon ausreichend Zeit, den groß gewachsenen, kräftigen Kerl zu beäugen, der gerade einen dunkelblauen BMW verriegelte. Er war ein Bulle von einem Mann, mit breiten Schultern, einem leichten Bauchansatz und dunklen, streng zurückgekämmten Haaren. Die ausgeprägten Geheimratsecken verliehen seinem Gesicht einen eisernen, unbarmherzigen Zug.
Gott sei Dank
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