Sei mein Stern
aufzulockern, linste sie auf Janas Bauch. „Na, schon Nachwuchs unterwegs?“
Mit einem verächtlichen Laut ließ Jana ihre Einkaufstüten fallen. „Von was denn? Von Gedankenübertragung?“ Mit diesen Worten schlängelte sie sich an Simon vorbei, setzte ihn einem Blick aus, der die Milch sauer werden ließ, und marschierte in die Küche.
Rafael warf seinem schockgefrosteten Bruder einen verdutzten Seitenblick zu. „Heißt das …? Valerie, Schätzchen, lässt du uns mal bitte kurz alleine? Ich glaube, ich muss mich mal mit meinem kleinen Bruder von Mann zu Mann unterhalten.“
„Du weißt aber schon noch, wie du dich damals angestellt hast, oder?“, schoss Valerie ihn an, bevor sie hinter Jana herhuschte.
„Simon, was stimmt bei euch beiden nicht? Ich denke, du bist völlig verrückt nach dieser Frau“, eröffnete Rafael unverzüglich das Feuer, nachdem die Küchentür hinter den Ladys ins Schloss gefallen war.
Simon kratzte sich hektisch am Kopf. Das fehlte ihm noch! Als ob er nicht schon genug unter Strom stünde! „Ja, aber das ändert leider nichts an der Tatsache, dass sie nichts für mich empfindet.“
„Ach, und deswegen rettet sie gerade unser aller Arsch? Du meinst, sie setzt ihr Leben rein aus Jux und Tollerei aufs Spiel?“
„Sie ist Geheimagentin. Risiko liegt ihr im Blut!“
Rafael ging einen Schritt auf ihn zu. „Simon, nun mal raus mit der Sprache. Was hat sich denn nun damals in Berlin zugetragen? War das mit dem Fick des Jahrhunderts ernst gemeint, oder wollte sie nur Öl ins Feuer gießen?“
Simon lächelte schwach. „Tja, offensichtlich war ich gut. Ja, wir hatten Sex. Es sollte ein Abschied sein. Aber irgendwie ist dann alles aus dem Ruder gelaufen.“ Seine Nerven flatterten, als er sich mit der Hand durchs Haar fuhr. „Es wurde das emotionalste Erlebnis meines ganzen Lebens. An diesem Nachmittag ist mir schlagartig klar geworden, dass ich noch nie zuvor mit einer Frau im Bett war, die mir etwas bedeutet hat.“
Rafael räusperte sich. „War das bevor oder nachdem du erfahren hast, dass sie dich ans Messer geliefert hat?“
„Danach.“
Rafael schluckte lautstark. „Donnerwetter, für so abgeklärt hätte ich dich gar nicht gehalten.“
„Tja, ich konnte einfach meine Finger nicht von ihr lassen.“
„Und jetzt begehrst du sie nicht mehr?“
Simon stöhnte gequält auf. Wie lange musste er sich diesem Verhör denn noch aussetzen? „O doch. Und du hast nicht den blassesten Schimmer, wie sehr. Aber ich bin mir immer noch nicht darüber im Klaren, ob ich ihr vertrauen kann. Die Frau ist ein Buch mit sieben Siegeln. Denk nur daran, mit welch stoischer Ruhe sie diesem Roth eine aalglatte Lüge nach der anderen aufgetischt hat. Sie muss Nerven haben wie Drahtseile.“
Er machte einen Schritt zur Seite und schielte aus dem Fenster. „Und ehrlich gesagt wäre ich nicht sonderlich überrascht, wenn demnächst ein Einsatzkommando die Hütte stürmen würde. Ich sitze schon den ganzen Abend auf glühenden Kohlen, aus Angst, dass ihr auch noch mit hineingezogen werdet. Diese Ungewissheit, auf welcher Seite Jana wirklich steht, macht mich alle.“ Er wischte sich mit der Hand über die Augen. „Woher weiß ich denn, dass ihr überhaupt etwas an einer Zukunft auf Siria liegt? Falls wir es zustande bringen sollten, diesen Roth außer Gefecht zu setzen, gibt es absolut keinen Grund mehr für sie, weiterhin unterzutauchen.“
Rafael schnaubte. „Das ist doch kompletter Blödsinn! Glaubst du allen Ernstes, sie hat aus reiner Angst mit dir zusammen die Flucht angetreten?“ Rafael griff nach einem Rotweinglas, das auf dem Tisch stand, und nahm einen kräftigen Schluck, bevor er Simon nachdenklich über das Glas hinweg taxierte. „Simon, kann es sein, dass dir einfach nur das Herz in die Hose gerutscht ist? Nun wird es zum allerersten Mal in deinem Leben ernst, und prompt bekommst du kalte Füße.“
Simon kratzte sich erneut am Kopf, während seine nervöse Energie den ganzen Raum zu erfüllen schien. Wie ein Tier im Käfig tigerte er auf und ab. „Gottverdammt, ja! Vielleicht hast du recht. Ich bin dieser Frau einfach nicht gewachsen! Du solltest mal sehen, wie sie mit dem Gleiter über Siria heizt, so als hätte sie zeit ihres Lebens nichts anderes getan. Gestern hat sie mit deinen Kumpels Fußball gespielt. Die Jungs fressen ihr geradezu aus der Hand. Wenn sie irgendwann noch der Sprache mächtig ist, bin ich abgeschrieben.“
Mit einem bemitleidenswerten Seufzer
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