Sei schlau, stell dich dumm: Biographie
derselben Woche saß ich schon im Flieger von Frankfurt nach Berlin. Dort wartete der Fotograf auf mich. Der musste allerdings viel Geduld haben, fast vierundzwanzig Stunden lang, da mein Flug nicht wie geplant ging. Ich musste sogar auf dem Flughafen übernachten. Meine Mama hatte mich hingebracht, aber weder Lust noch Zeit, mit mir auszuharren, als sich herausstellte, dass der Flieger an diesem Tag nicht mehr starten würde. Aber praktisch ist sie ja schon immer gewesen.
Mama setzte mich also in einen Warteraum für Leute mit Handicap (also Behinderte), denn da gab es Kaffee und Kekse. »Wenn dich einer fragt, was du hier machst, sagst du, dass du auf deine behinderte Oma wartest«, erklärte sie mir noch, bevor sie abrauschte. Gott sei Dank hat mich keiner gefragt! Nach einer Nacht auf mehr oder weniger gepolsterten Stühlen ging’s am nächsten Morgen endlich weiter. Es war – mittlerweile – der 4. März 2006. Heute, mehr als fünf Jahre später, weiß ich, dass es der Anfang meines neuen Lebens war. Davon hatte ich damals natürlich keine Ahnung. Und so erlebte ich einfach nur einen tollen, wenn auch anstrengenden Tag in Berlin.
Das Shooting hatte ich schon fast vergessen, als im Juni dann der Anruf von der FHM -Fotoredakteurin kam: »Daniela, besorg dir morgen die FHM – da bist du drin!« Also nix wie hin zum Kiosk. Wow, was für ein Gefühl! Zwei ganze Seiten nur mit mir. Sah schon gut aus, obwohl ich heute, wie ja allgemein bekannt ist, ganz anders aussehe. Daniela (19) aus Ludwigshafen-Oggersheim auf einer Doppelseite, die man in ganz Deutschland kaufen konnte. Wäre ich ein Junge, hätte ich damals gesagt: Da geht dir einer ab!
Ganz zu schweigen von dem Honorar: Fünfhundert Euro gab’s für die Aufnahmen. Das war megaviel Geld für mich, wenn man bedenkt, dass ich als Auszubildende in der Kosmetikbranche gerade mal auf dreihundert Euro im Monat kam.
Nur was danach kam, machte mich nicht ganz so glücklich. Erst mal mussten wir Girls, die das Casting gewonnen hatten, auf einigen Partys in irgendwelchen Dorf-Discos auftreten. Nun gut, das ging ja noch – ich kam schließlich irgendwie auch vom Dorf und war in Sachen Disco nun alles andere als verwöhnt aus Ludwigshafen-Oggersheim. Aber irgendwann bekam ich auf einmal die Anfrage, bei einem Poker-Spiel mitzumachen. Irgendwo auf einer Yacht auf dem Meer. Frauen waren bei der Veranstaltung nicht erwünscht, nur fünf gebuchte Girls – und ich sollte eine davon sein. »Ohne mich«, habe ich da gesagt. »Kommt gar nicht in Frage. Nein danke.«
Fotografiert werden ist das eine, animieren das andere – oder? Gucken darf bei mir jeder, so viel er lustig ist, aber anfassen? Da gibt es sofort eins auf die Finger.
Wenn das so in der Branche läuft, dann habe ich darauf gar keine Lust, dachte ich mir und ging weiter brav zur Berufsschule und drückte Pickel aus.
Das Montagsmädchen
Aber ein Jahr später hab ich’s doch noch mal probiert, als »Montagsmädchen«. Das war eine Aktion der BILD -Zeitung. So was wie das »Mädchen von nebenan«. Statt immer pralle Supertitten von den englischen Seite-drei-Girls zu zeigen, konnten sich ganz normale Leserinnen bewerben und wurden dann professionell geshootet.
Ich war zwar nicht gerade normal, aber ein Oben-ohne-Foto auf der ersten Seite der größten Zeitung Europas, das hat mich natürlich gereizt. Ich schickte denen ein schickes Bewerbungsfoto von mir und schrieb, dass ich im Café meiner Mutter in Oggersheim arbeitete. Ich wette, die haben bis dahin noch nie jemanden aus Oggersheim in der Zeitung gehabt, der nicht Bundeskanzler war. Und es hat geklappt.
Diesmal musste ich in ein Studio in Köln, um mich ablichten zu lassen. Das war eine Sache, die man wirklich nur für den Kick macht. Auf einmal schauen dir über zwölf Millionen Menschen beim Frühstück auf den Busen (damals noch Mini-Mini). Für leicht exhibitionistisch veranlagte Menschen wie mich ein echter Höhepunkt. Dafür gab es damals auch keinen Cent, nur Ruhm und Ehre. Heute, glaube ich, kriegen die BILD -Girls, wie die »Montagsmädchen« mittlerweile heißen, fünfhundert Euro Cash.
Das große Geld hätte nach meinem Seite-eins-Auftritt kommen können. Viele tausend Euro hat man mir angeboten. Davon könnte ich mir endlich meine Brüste machen lassen, dachte ich im ersten Moment. Aber der Typ, der mich mit dem Geld ködern wollte, war leider ein Porno-Produzent. Irgendwie ja logisch: Wenn man sich nackig macht und der ganzen Welt
Weitere Kostenlose Bücher