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Seidenfächer

Titel: Seidenfächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L See
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Gesicht und ihren Intrigen immer noch ganz die Alte war.
    Wenn ich auf diese Monate im Frühling und im frühen Sommer zurückblicke, sehe ich auch heute noch, wie glückselig ich war. Ich hatte meine Familie, und ich hatte meine laotong . Wie gesagt, bei mir ging es voran. Bei Schneerose war das nicht der Fall. Sie nahm nicht wieder zu, was sie abgenommen hatte. Sie stocherte in ihrem Essen herum – sie aß nur ein paar Reiskörner, zwei Bissen Gemüse, und stattdessen trank sie lieber Tee. Ihre Haut war wieder ganz blass geworden, aber ihre Wangen wurden einfach nicht voller. Als sie nach Tongkou kam und ich ihr vorschlug, ihre alten Freundinnen zu besuchen, lehnte sie höflich ab: »Die würden mich nicht sehen wollen« oder »Die werden sich nicht an mich erinnern.« Ich drängte sie, bis sie versprach, im nächsten Jahr zur Zeremonie des Sitzens und Singens eines Lu-Mädchens hier in Tongkou zu kommen. Die Braut war Schneeroses Cousine zweiten Grades und meine Nachbarin.

    An den Nachmittagen setzte sich Schneerose zu mir, während ich stickte, aber sie schaute abwesend aus dem Gitterfenster. Es war, als wäre sie an unserem letzten Tag in den Bergen von dem Felsen gesprungen und befinde sich in einem lautlosen Fall. Ich sah ihre Traurigkeit, wollte mich aber nicht damit abfinden. Mein Mann sprach mich mehrmals darauf an. »Du bist stark«, sagte er eines Abends, nachdem Schneerose nach Jintian zurückgekehrt war. »Du bist aus den Bergen wiedergekommen, und es erfüllt mich jeden Tag mit mehr Stolz, wie du unserem Haushalt vorstehst und welches Vorbild du den Frauen in unserem Dorf bist. Aber – und ich bitte dich, werde jetzt nicht böse auf mich – du bist blind, was deine Weggefährtin betrifft. Vielleicht war es zu viel für sie, was letzten Winter passiert ist. Ich kenne sie nicht gut, aber du siehst doch sicher, dass sie tapfer versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Du hast viele Jahre gebraucht, um das zu verstehen, aber nicht jeder Mann ist wie dein Ehemann.«
    Dass er mir das anvertraute, beschämte mich tief. Nein, das stimmt nicht. Ich war eher verärgert, weil er es wagte, sich in den inneren Bereich der Frauen einzumischen. Aber ich stritt mich nicht mit ihm, denn das stand mir nicht an. Trotzdem, ich war entschlossen zu beweisen, dass er Unrecht und ich Recht hatte. Deshalb sah ich mir Schneerose genauer an, als sie mich das nächste Mal besuchte. Ich hörte ihr zu, hörte ihr richtig zu. Schneeroses Leben hatte sich zum Schlechten entwickelt. Ihre Schwiegermutter hatte ihr das Essen gekürzt und ihr nur ein Drittel der Reismenge zugeteilt, die zum Überleben nötig war.
    »Ich esse nur klaren Reisbrei«, sagte sie, »aber das macht mir nichts aus. Ich habe zurzeit nicht so großen Hunger.«
    Was noch weitaus schlimmer war – der Metzger hatte nicht aufgehört, sie zu schlagen.
    »Du hast doch gesagt, er macht es nicht mehr«, protestierte
ich, denn ich wollte nicht glauben, was mein Ehemann gleich so deutlich gesehen hatte.
    »Was soll ich denn tun, wenn er Hand an mich legt? Ich kann doch nicht zurückschlagen.« Schneerose saß mir gegenüber, und ihre Stickarbeit lag so schlaff und knittrig auf ihrem Schoß wie runzlige Tofuhaut.
    »Warum hast du mir das nicht erzählt?«
    Sie antwortete mit einer Gegenfrage. »Warum sollte ich dich mit Dingen belästigen, die du nicht ändern kannst?«
    »Wir können das Schicksal verändern, wenn wir es nur hartnäckig genug versuchen«, sagte ich. »Ich habe mein Leben geändert. Du kannst das auch.«
    Sie sah mich mit Mäuseaugen an.
    »Wie oft kommt das vor?«, fragte ich, wobei ich versuchte, ruhig zu klingen, aber ich war enttäuscht, weil ihr Mann noch seine Fäuste gegen sie einsetzte, wütend, weil sie es so widerstandslos hinnahm, und verletzt, weil sie sich mir nicht anvertraut hatte – schon wieder.
    »Die Berge haben ihn verändert. Sie haben uns alle verändert. Siehst du das nicht?«
    »Wie oft?«, drängte ich.
    »Ich bin ihm in vielen Dingen keine gute Ehefrau …«
    Mit anderen Worten, es kam öfter vor, als sie zugeben wollte.
    »Ich möchte, dass du zu mir ziehst«, sagte ich.
    »Eine Frau kann nichts Schlimmeres tun, als ihren Mann zu verlassen«, gab sie zurück. »Das weißt du.«
    Das traf zu. Eine Frau konnte für dieses Vergehen durch die Hand ihres Mannes mit dem Tode bestraft werden.
    »Außerdem«, fuhr Schneerose fort, »würde ich meine Kinder niemals allein lassen. Mein Sohn braucht Schutz.«
    »Aber musst du ihn mit

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