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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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Kleinen, Anna verließ kaum noch den Raum. Sie hatte sich den Sessel nach oben tragen lassen und schlief, wenn sie überhaupt mal die Augen schloss, im Sitzen.
    »Mögt Ihr Euch nicht hinlegen«, bat Catharina sie. »Auch Euer Körper braucht Ruhe und Kraft, schon für das Kind, das ihr unter dem Herzen tragt.«
    Doch Anna weigerte sich. »Sobald ich meinen Kopf auf das Kissen bette, kommen die schlimmen Gedanken, und einschrecklicher Ekel überfällt mich, so dass ich kaum noch Luft holen kann.«
    Tage- und nächtelang saßen sie abwechselnd am Bett des kleinen Mädchens, das kaum noch etwas zu sich nehmen konnte. Ihre wachen Momente wurden immer weniger, und die Hoffnung, dass sich das Kind erholte, schwand mit jeder Stunde. Marijke hatten sie in diesen schweren Stunden zu Katrina und Adam gebracht. Das Kind litt sehr unter der Situation.
    Am Sonntag begleitete Catharina Abraham zum Gottesdienst. Anna war zu schwach, um mitzukommen, auch wollte sie ihr Kind nicht alleine lassen.
    Es überraschte Catharina, dass Frieder nicht anwesend war. Michel teilte ihr mit, dass er wieder nach Köln geritten war. Nun denn, dachte Catharina sich, wahrscheinlich hat er dort geschäftlich zu tun. Doch der Stachel des Zweifels und der Eifersucht bohrte sich in ihre Gedärme.
    In der Nacht von Montag auf Dienstag, er war der 13 Juli, beschloss Catharina, in ihrer Kammer zu schlafen. Aus der Ferne klang das dumpfe Grollen von Donner. Blitze zuckten über den Himmel. Die schwüle Luft bewegte sich kaum, kein Windhauch brachte Erleichterung.
    Mitten in der Nacht wurde Catharina von einem schrillen Schrei geweckt und eilte in das Kinderzimmer. Dort stand Anna, ihr Kind im Arm, und weinte bitterlich. Abraham sah Catharina hilflos und verzweifelt an.
    »Der allweise Gott«, sagte er leise, »hat Annegrijt die Gnade erwiesen, ihre Leiden zu tilgen und so die kleine Rolle zu beenden, die sie hienieden gespielt hat. Sie ist nun, wie ich hoffe, an einem vollkommeneren und besseren Ort.«
    Am nächsten Tag beerdigten sie das kleine Mädchen.Catharina und Abraham mussten Anna stützen, sie weinte ohne Unterlass.
    Catharina fürchtete das Schlimmste für ihre Freundin, als in der folgenden Nacht die Wehen einsetzten.
    »Ich fürchte sehr um das Leben meiner lieben Frau«, vertraute Abraham Catharina an. »Sie ist schwach, zu schwach, um eine Geburt zu überstehen.«
    Catharina teilte seine Gedanken, wollte dies aber nicht aussprechen. Sie schickten die Magd, um die Hebamme zu holen.
    Madame Laer kam bald. »Es ist zu früh für die Wehen, nicht wahr?«, sagte sie besorgt.
    »Um einen Monat.« Abraham verzog gequält das Gesicht.
    »Ein Monat ist noch zu tolerieren. Ich dachte, sie hätte noch länger zu tragen.«
    »Sie ist sehr schwach. Unsere Tochter ist vorgestern verstorben, es war ein arges Leiden bis zu ihrem Tod.«
    »Ich hörte davon«, sagte die Hebamme voller Mitgefühl. »Nun will ich sehen, wie ich Eurer Frau helfen kann.«
    »Sie hat seit Wochen Zustände, die sich nicht bessern wollen.«
    »Zustände?« Madame Laer hob fragend die Augenbrauen.
    »Sie sieht Dinge, die nur aus ihrem Kopf entspringen, empfindet einen Ekel, ohne sagen zu können, wovor. Es steht schlimm um sie.«
    »Nun denn.« Die Hebamme eilte nach oben. Das Wimmern und die Schreie von Anna hallten durch das Haus. Und obwohl es ihr Angst machte, bot Catharina der Hebamme ihre Hilfe an.
    »Ich habe schon einmal einer schweren Geburt beigewohnt«, sagte sie leise.
    Madame Laer schien einen Moment zu überlegen, doch dann schüttelte sie den Kopf. »Bleibt bei Monsieur. Er wird Eure Hilfe brauchen. Betet mit ihm.«
    »Wird sie sterben?«, wisperte Catharina fast tonlos. Angst schnürte ihr die Kehle zu.
    »Das weiß ich jetzt noch nicht zu sagen.«
    Abraham saß in der Stube, knetete seine Hände. Hin und wieder stand er auf, ging zum Fenster und kehrte zurück zum Kamin. Das Gewitter vor zwei Tagen hatte keine Abkühlung gebracht, es war heiß und stickig, auch wenn sie die Fenster geöffnet hatten.
    Catharina dauerte der Mann ihrer Freundin, doch sie wusste, sie konnte ihm keinen Trost spenden.
    Qualvoll zogen sich die Stunden dahin. In länger werdenden Abständen hörten sie die verzweifelten Schreie aus der oberen Etage.
    »O Gott«, sagte Abraham, »bitte erweise meiner Frau die Gnade einer leichten Geburt. Bitte, lass sie bei uns bleiben, ich brauche sie so sehr.«
    »Gott ist gütig«, murmelte Catharina. »Er wird sie verschonen. Das glaube ich ganz

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