Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
Vom Netzwerk:
sehr alt, auch in Potsdam hätte sie erkranken können. Es war auch nicht der Husten, an dem sie gestorben ist –ihr Körper wurde einfach immer schwächer und schwächer. Das ist der Lauf der Dinge.«
    Die Worte trösteten Catharina nur wenig, auch wenn sie wusste, dass Mamsell die Wahrheit gesagt hatte. Sie vermisste die Gespräche mit der alten Köchin, hätte sie gerne um Rat gefragt. Schließlich beschloss sie, sich Anna anzuvertrauen.
    Es hatte wochenlang nicht geregnet, die Böden waren trocken und staubig. Kurz vor Christi Himmelfahrt sank die Temperatur, und es fror.
    »Das ist ein schlechtes Omen«, sagte Anna düster. Erschrocken bemerkte Catharina, wie schlecht ihre Freundin aussah. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, ihre Wangen waren eingefallen, die Hände knochig. Umso monströser wirkte der geschwollene Leib der werdenden Mutter.
    »Unserer Annegrijt geht es nicht gut«, sagte Abraham leise zu Catharina. »Wir fürchten um ihr Leben. Für Anna ist das kaum zu ertragen.« Er schüttelte seufzend den Kopf.
    Anna hatte die Stube verlassen und war in das Kinderzimmer gegangen, um nach dem Kind zu sehen.
    »Der Arzt war hier und auch der Docteur des Regiments, sie konnten uns kaum Hoffnung machen.« Er wischte sich über die Augen. »Es ist kaum zu verstehen, diese kleine, süße Unschuld soll von uns gehen?«
    »Das tut mir im Herzen weh.« Catharina schluckte. »Kann ich Euch helfen? Euch zur Seite stehen?«
    Abraham sah sie nachdenklich an. »Würdet Ihr das tun?«
    »Aber natürlich! Wieso zweifelt Ihr?«
    »Ihr, nun«, sagte er zögerlich, »die von der Leyen und Euer Leben in dieser Familie scheint Euch verändert zu haben. Ihr geht zu einfältiger Unterhaltung, habe ich gehört, kleidet Euch prunkvoll und wart sogar beim Kriegsgericht zugegen.«Er seufzte. »Ich laste Euch das nicht an, doch gottgefällig ist es nicht.«
    Catharina senkte beschämt den Kopf. Was sollte sie darauf erwidern?
    Abraham schien ihre Scham zu bemerken. Er legte ihr die Hand auf den Arm. »Euer Angebot nehme ich jedoch gerne an. Wir wechseln uns ab bei der Wache am Bett unseres Kindes, doch meine liebe Frau ist sehr geschwächt. Ich mache mir große Sorgen um sie. Es würde ihr sicher gut tun, Euch an ihrer Seite zu haben.«
    »Was ist mit Anna?«, fragte Catharina leise.
    Abraham seufzte. »Ängste quälen sie, mitunter sieht sie Tiere, die nur in ihren Gedanken entspringen. Sie fürchtet sich. Auch schläft sie kaum noch. Sie meint, wenn sie die Augen schließt, werde sie sie nicht mehr öffnen.«
    »Ist es das Kind, das sie trägt?«
    »Ich weiß es nicht, und auch kein Arzt konnte mir die Frage beantworten. Es fing vor einer Weile an und wird immer schlimmer. Ich fürchte um sie, genau wie um unser Kind.«
    »Ich werde meinen Herren bitten, mich freizustellen, damit ich Euch zur Seite stehen kann.«
    »Das ist sehr mildtätig und freundlich von Euch.« Abraham klang erleichtert.
    »Natürlich«, sagte Frieder, »sollt Ihr Eurer Freundin in dieser schweren Zeit beistehen. Vielleicht kann ich beim Regiment vorsprechen und um eine Konsultation des Docteurs bitten.«
    »Monsieur ter Meer hat schon darum gebeten, doch auch der Docteur weiß sich keinen Rat. Niemand weiß, was das Kind hat – es wird nur immer schwächer.«
    Als Catharina in das Kinderzimmer gekommen war, traute sie ihren Augen kaum. Das vormals zarte Kind war nunmehr nur noch Haut und Knochen. Die großen Augen starrten abwesend aus dem faltigen Gesicht, das sie zu ihrem Schrecken an Thea erinnerte. So als hätte das Kind die ganzen Jahre des Lebens übersprungen und wäre lange vor der Zeit gealtert.
    »Manchmal«, sagte Anna traurig, »sieht sie mich an und lacht. Dann erkenne ich mein Kind wieder, meine kleine Unschuld. Sie war oft so fröhlich, so aufgeweckt, doch das ist alles vergangen.« Tränen standen ihr in den Augen. »Meist erkennt sie weder mich noch ihren Vater, reagiert nicht, auch wenn sie die Augen geöffnet hat. Und dann wieder verdreht sie die Augen, so dass nur noch das Weiße zu sehen ist. Ein grauenvoller Anblick, bei dem ich das Schlimmste erwarte.«
    »Eure Schwiegermutter ist erfahren in Kräuterkunde, weiß sie keinen Rat?«
    Anna schüttelte den Kopf. »Nein, zudem leidet Änne unter Gichtanfällen. Der Arzt hat sie geschröpft, es geht ihr besser, doch sie ist noch schwach.«
    Catharina verstaute ihre wenigen Habseligkeiten in der Truhe der kleinen Kammer, die sie beziehen durfte. Tag und Nacht wachten sie am Bett der

Weitere Kostenlose Bücher