Seidenmagd
Mutter gesehen«, sagte er plötzlich. »Geht es Eurer Familie gut?«
»Ja, sie haben die Feuersbrunst unbeschadet überstanden.« Catharina schluckte. »Doch machen sie sich Gedanken um mich.«
»Um Euch?« Abraham hob überrascht die Augenbrauen.
»Ja. Um meine Stellung ...«
»Ach.«
»Ich bin ... nun, eigentlich bin ich ja immer noch bei von der Leyen angestellt«, sagte sie leise.
»Ihr wollt zurückkehren?«
»Nein. Nein, das möchte ich nicht. Das Leben dort ist nichts für mich, habe ich festgestellt. Ich kann bei ihnen nicht mehr dienen.«
»Ihr ward ...« Er zögerte, schüttelte dann den Kopf. »Ihr seid mir eine große Hilfe, Marijke hängt sehr an Euch.«
»Und ich an ihr. Aber, seht ... ich kann nicht für immer hierbleiben und Euren Haushalt führen.«
»Natürlich. Ich verstehe«, sagte er düster. »Es ist eine eintönige Aufgabe, nicht so schillernd und aufregend wie das, was Ihr bisher erlebt habt.« Er stand auf und stürzte den Rest des Weines hinunter. »Nun denn. Würdet Ihr noch einige Wochen bleiben, bis ich eine geeignete Hilfe gefunden habe? Elise ist dem ganzen Haushalt nicht gewachsen.«
»Ja.«
»In der französischen Zeitung von Köln steht ein vorzüglicher Artikel!«, rief Engelbert vom Bruck und stürmte in die Stube. Inzwischen benutzte Abraham den Raum wieder, auch wenn er dort oft von melancholischen Gedanken heimgesucht wurde. Ein Monat war vergangen, der Februar neigte sich seinem Ende zu. Nach dem bitteren Frost, der den Rhein hatte zufrieren lassen, setzte endlich Tauwetter ein. Abraham und Catharina gingen seltsam distanziert miteinander um, doch immer noch hatte er noch keine Haushälterin eingestellt.
»Ist der Frieden endlich bestätigt?«, fragte Abraham hoffnungsfroh.
»Lest selbst«, sagte Engelbert, hielt aber dann den Bogen fest in beiden Händen, statt ihm seinem Freund zu reichen, und deklamierte: »Europa sieht den Tag leuchten, den diegöttliche Vorsehung bestimmt hat für die Wiederherstellung seiner Ruhe und vorzüglich der Deutschlands. Ein allgemeiner Frieden folgt dem langen und blutigen Kriege, der sich zwischen so vielen Kronen und Höfen erhoben hatte. Gott in seiner Barmherzigkeit hat allen diesen Mächten den Weg zu erkennen gegeben, durch den er wollte, dass sie sich versöhnen und den Völkern, die er ihrer Herrschaft unterworfen hat, die Ruhe wieder brächten!«
»Lasst es mich selbst lesen.« Abraham nahm seinem Freund den Bogen aus der Hand und vertiefte sich in die Worte. »Gott sei es gedankt«, murmelte er immer wieder.
Die Nachricht verbreitete sich wie Lauffeuer durch die Stadt. Man hörte Jubel und Musketenfeuer.
Auch Abraham nahm seinen Mantel. »Catharina!«, rief er. »Kommt, kommt! Der Krieg ist beendet! Kommt!«
Überrascht eilte sie aus der Küche.
»Wo ist Euer Mantel? Kommt!« Er zog sie an sich und küsste sie. »Frieden. Endlich!«
Catharina lachte auch, nahm den Mantel, ihr Tuch und setzte eilig die Haube auf, dann folgte sie den beiden Männern auf die Straße.
»Es lebe der König von Preußen!«, jubelten alle. Sie liefen zum Rathaus, wo ein großer Umzug stattfand. Das Wappen des Königs wurde an der Wand befestigt und bejubelt. Von Glück beseelt taumelten die Menschen durch die Straßen. Abraham hielt Catharina fest umschlungen, denn das Gedränge war groß. Die Wirtshäuser öffneten ihre Türen, es gab Branntwein und Bier.
Erst spät in der Nacht legte sich der Freudentaumel. Catharina drängte es nach Hause zu den Kindern. Marijke hat sicher den Tumult gehört und sorgt sich vielleicht, dachte sie.Sie löste sich aus Abrahams Griff. Er war stehen geblieben, um mit einem Freund zu sprechen.
»Ich gehe schon mal vor«, sagte sie, war sich aber nicht sicher, ob er sie gehört hatte.
»Ich komme gleich«, rief er ihr zu ihrer Erleichterung hinterher. Sie ging die Oberstraßen entlang, überall wimmelte es noch vor Menschen im Glückstaumel.
»Catharina!«
Jemand hielt sie am Arm fest. Sie drehte sich um, Frieder stand vor ihr. »Catharina!«
»Frieder.« Es war nur ein Hauch, ihr versagte die Stimme.
»So lange haben wir uns nicht mehr gesehen.«
Sie schnaufte, er hatte schließlich gewusst, wo sie weilte.
»Ich habe Euch noch gar nicht zu Eurer Eheschließung gratulieren können. Meinen herzlichen Glückwunsch.«
»Danke.« Er senkte den Kopf. »Ihr wisst«, sagte er dann leise, »dass es der Wunsch meines Oheims und meiner Muhme war.«
»In der Tat?«
»Ja.«
»Und Ihr hättet Euch anders
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