Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sein Anteil

Sein Anteil

Titel: Sein Anteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Wuchold
Vom Netzwerk:
roten Mund, das gleiche Dunkelrot wie die Perücke. Pia stellte ihm die beiden Mädchen, deren Namen er sofort vergaß, als ihre Freundinnen vor.
    »Du warst doch nur neugierig auf den Club und wolltest sehen, was deine Pia hier Schmutziges tut. Gesteh! Deswegen bist du gekommen!«
    »Nein, ich will mit dir reden. Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen.«
    »Das ist alles?«
    »Ich hätte vielleicht einen Job für dich.«
    »Was für einen Job? Etwas Unanständiges?«, fragte sie scherzhaft.
    Willem wusste nicht recht, was er darauf antworten sollte. Unanständig war der Job, den er ihr anzubieten hatte, in dem von ihr angedeuteten Sinne nicht.
    »Lass uns darüber ein andermal reden, nicht hier. Wann hast du Zeit?«
    »Sonntag ist mein freier Tag. Wie sieht es bei dir nächsten Sonntag aus?«
    »Gut, sehr gut. Ich lade dich zum Chinesen ein.«
    Willem war eingefallen, dass sie für ihr Leben gerne chinesisch aß, die beste Art, in London essen zu gehen.
    »Soll ich dich zu Hause abholen? Wo wohnst du mittlerweile?«
    Pia schrieb ihm auf einem kleinen Zettel den Namen einer Straße südlich des Regent’s Park auf, eine »bessere« Gegend, die Willem aber nicht gut kannte.
    Sie redeten noch eine Weile, bis ein kleiner untersetzter Mann durch den roten Samtvorhang am Eingang kam. Pia rückte etwas von Willem weg und lächelte den Mann an, der schnurstracks auf sie zukam.
    »Hallo, meine Liebe? Wie geht es dir?«, schleimte sich der Dicke heran.
    »Hallo, mein Lieber, gut«, gab Pia gekünstelt zurück.
    »Würdest du mir die Freude machen und dich zu mir setzen?«
    »Aber mit Vergnügen.«
    Pia drehte sich zu Willem.
    »Es tut mir Leid. Aber Dienst ist Dienst. Bleib nur! Trink wenigstens deinen Negroni aus!«
    William blieb an der Bar und nahm sich aus Pias Packung, die sie liegen gelassen hatte, eine Zigarette.
    Pia hakte sich bei dem Dicken ein, der kaum größer war als sie. Sie setzten sich an einen kleinen Tisch, direkt vor der noch leeren winzigen Tanzfläche. Keine fünf Minuten später stand ein Eiskübel mit einer Flasche Champagner vor ihnen. Willem versuchte angestrengt, nicht hinüber zu sehen. Er wollte nicht, dass Pia sich beobachtet fühlte. Doch immer wieder wurden seine Blicke von dem skurrilen Pärchen angezogen.
    Der Dicke trank Bier, während sich Pia selbst ein Glas Champagner einfüllte. Nach weiteren fünf Minuten lag die rechte Hand des Dicken feist auf ihrer Schulter. Er knutschte an ihrem Hals herum. Pia versuchte immer wieder seine Attacken lachend auszuweichen. Doch da fasste auch schon seine freie Hand ihr zwischen die Beine. Pia versuchte immer noch zu lachen.
    Willem stand auf. Er sah Pia an. Sie sah ihn an. An der Not in Pias Augen erkannte er, dass seine Entscheidung, sie zur Komplizin zu machen, richtig war.

 
5
     
     
     
    Willem war erst kurz vor elf Uhr aufgestanden. Er hatte beinahe neuneinhalb Stunden geschlafen, ohne auch nur ein einziges Mal von seinen quälenden Geldsorgen geweckt zu werden. Da die Kolumbianerinnen unter ihm jede Samstagnacht in einer Latino-Disko durchmachten und sonntags im Bett blieben, hatte er sogar heiß duschen können. Er fühlte sich blendend. Er zog sich salopper an als sonst, Jeans, ein verwaschenes Polo-Hemd und wildlederne Slipper ohne Strümpfe.
    Anschließend setzte er sich in seinen alten Mercedes. Willem hatte ihn seit Wochen nicht mehr bewegt und fast vergessen. Eine dicke Schmutzschicht lag über der ockerfarbenen Lackierung. Er hatte den Wagen noch vor seiner Pariser Zeit in Brüssel für ein paar Tausend belgische Francs gekauft. Schon damals war er recht ramponiert gewesen. Aber er wollte partout nicht auseinander fallen. Willem war fast gerührt, als er den Wagen bestieg: Er steckte den Schlüssel ins Zündschloss, drehte um und das gute Stück sprang gleich beim ersten Versuch an. Er klopfte zum Dank sacht auf das Armaturenbrett wie ein Reiter, der sein Pferd tätschelt, und fuhr zum »White Horse«, einem Pub in Parsons Green.
    Vor dem »White Horse« erstreckte sich eine weite Rasenfläche, eingerahmt von schmucken kleinen Backsteinhäusern. Da es eines der wenigen Pubs in der Gegend war, in dem man quasi im Grünen sitzen konnte, war das »White Horse« vor allem bei schönem Wetter eine Attraktion.
    Einen Tisch belegte eine Gruppe von Leuten verschiedener Nationalität, Engländer, Italiener und Deutsche darunter. Man winkte Willem zu. Alle waren Banker oder Börsenmakler oder ähnliches. Alle arbeiteten jedenfalls in der

Weitere Kostenlose Bücher