Sein Schmerz - Extrem (German Edition)
wandte sich ab, verließ das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
»Was haben Sie mit ihm gemacht? Warum hat er so geschrien?«
»Er hat geschrien, weil er Schmerzen hatte. Wie Sie selbst gesagt haben, alles tut ihm weh, meine Stimme und seine eigene eingeschlossen.«
»Aber ich habe ihn sprechen gehört. Ich habe ihn lachen gehört!«
»Ja, das haben Sie.«
Melanie wusste nicht, was sie denken sollte. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie hätte den kleinen Mann am liebsten gepackt und die Informationen aus ihm herausgeschüttelt. Sein ruhiges, unnahbares Verhalten machte sie beinahe wahnsinnig.
»Was haben Sie mit ihm gemacht?«
Sie blickte auf Jasons geschlossene Tür und obwohl es in dem Zimmer immer ruhig war, wirkte diese Stille jetzt, nach all dem Lärm, unheilvoll. Ihr Blick wanderte wieder zu Yogi Arjunda zurück, der geduldig vor ihr stand, ihre Fragen vorausahnte und nur darauf wartete, dass sie sie stellte, damit er die lästige Pflicht hinter sich bringen konnte, sie zu beantworten. Aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, nun seiner Gnade ausgeliefert zu sein.
»Kann … kann ich ihn sehen?«
Es war ganz offensichtlich die Frage, auf die er gewartet hatte.
»Nein. Es ist noch zu früh.«
In Melanies Kopf drehte sich alles.
»Wollen Sie damit sagen, dass ich meinen eigenen Sohn nicht sehen kann? Das können Sie doch nicht ernst meinen!«
»Wenn Sie sich nicht beruhigen, werde ich sofort gehen, und nachdem, was Ihr Sohn gerade durchgemacht hat, braucht er mich. Wenn ich jetzt gehen würde, ginge es ihm viel schlechter als vor meiner Ankunft. Wenn Sie Ihrem Sohn helfen wollen, dann werden Sie sich von ihm fernhalten, bis ich etwas anderes sage. Falls Sie meine Hilfe nicht wünschen, dann sagen Sie es einfach, und Sie können wieder zu ihrem bisherigen Leben zurückkehren. Nur, dass Ihr Sohn dann wissen wird, wie nahe er daran war, die Antworten zu finden, die er schon sein Leben lang gesucht hat – und dass Sie sie ihm verwehrt haben.«
Melanie starrte ihn an, während Tränen der Frustration über ihre dicklichen Wangen rannen. Ihre Augen huschten hin und her und suchten nach jemandem, der ihr helfen und ihr sagen würde, was sie tun sollte. Dieses eine Mal wünschte sie sich, Edward und seine entnervend rationale Stimme wären an ihrer Seite, aber er kam frühestens in drei Stunden von der Arbeit zurück.
»Gehen Sie nicht«, flüsterte sie.
Arjunda lächelte.
Jason erwachte in der Dunkelheit. Er war vollkommen erschöpft. Der Schmerz umgab ihn wie eine dicke Wolke, die seine Gedanken trübte. Er erinnerte sich wieder an die quälende Einführung des Mannes, der sich selbst als Lehrer bezeichnete. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass sein Schmerz sinnvoll gewesen war. Das erste Mal, dass Jason das Gefühl gehabt hatte, der Schmerz erfülle einen Zweck.
Schmerz ist ein Signal, mit dem dich dein Körper vor Gefahr warnt. Das hier ist kein Schmerz. Aber was ist es dann?
Bevor der kleine Mann ihm wehtat, hatte Jason seine Schmerzen nie infrage gestellt. Er hatte nie versucht, sie zu verstehen. Der Schmerz hatte ihn sein ganzes Leben lang umgeben, aber er war stets ein Rätsel für ihn geblieben. Jason hatte die ganze Welt als seinen Feind betrachtet und geglaubt, jeder und alles auf der Welt wolle ihn angreifen und ihm absichtlich Schaden zufügen, seine eigene Mutter eingeschlossen. Dann hatte der kleine Mann ihm eine Ohrfeige versetzt und Jason hatte begriffen, wie es sich wirklich anfühlte, verletzt zu werden. Nun musste er einen Weg finden, sich aus seinem Gefängnis des Elends zu befreien.
Der kleine Mann hatte ihm gesagt, er solle seine Empfindungen studieren, und dass der Schmerz verschwinden würde, sobald er verstand. Also versuchte er es. Er dachte über sie nach und
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