Sein Schmerz - Extrem (German Edition)
er flüsterte auch nicht. Seine Stimme klang fest und direkt.
Jason jaulte auf, als habe man mit einem Messer auf ihn eingestochen. Der schwarze Sack, der ihn umschloss, bewegte sich in Wellen. Der Yogi ging darauf zu und öffnete den Reißverschluss mit einer schnellen Bewegung, die Jasons nackten, leichenartigen Körper entblößte. Jason starrte schockiert und voller Entsetzen zu dem winzigen Mann hinauf, bevor sich sein Ausdruck in schiere Wut verwandelte.
Der Yogi schlug ihm ins Gesicht. Seine Handfläche kollidierte mit einem deutlich hörbaren »Klatsch!« mit der babyweichen Haut des Jungen. Jasons Augen rollten nach hinten. Sein Körper krümmte sich zusammen und verkrampfte sich, so als leide er unerträgliche Qualen. Als er sich wieder beruhigt hatte, hob der Yogi seine Hand, als wolle er ihn erneut schlagen. Jason zuckte zusammen, und seine Augen weiteten sich angsterfüllt.
»Hast du das gespürt, Jason? Das war Schmerz. Was du erlebst, wenn ich mit dir spreche, ist kein Schmerz. Du wirst den Unterschied lernen. Ich bin hier, um dich darin zu unterrichten.«
Melanie hörte, wie ihr Sohn aufschrie, widerstand jedoch dem Drang, in sein Zimmer zu stürmen. Ihre Hand schwebte über dem Türknauf und ihre langen, venösen Finger schlossen und öffneten sich immer wieder besorgt. Sie hielt den Atem an und lauschte dem Geschrei, das für andere Ohren wie Folter geklungen hätte. Melanie hatte sich jedoch schon so an die Schreie ihres Sohnes gewöhnt, dass sie sich bremsen konnte, obwohl ihr Mutterinstinkt ihr förmlich zubrüllte, einzuschreiten. Sie stand wie festgewachsen im Flur, während sich Falten der erwartungsvollen Anspannung, Angst und tiefen Konzentration in ihre Stirn gruben und sich ihre Finger langsam auf den Mund zubewegten.
Melanie hatte ihre Fingernägel bereits komplett abgekaut und knabberte nun mit ihren Zähnen an ihrer Nagelhaut, während sie dem Gebrüll ihres Sohnes lauschte. Sie hörte ihn immer wieder schreien, bis es mit einem Mal ganz still wurde. Die Isolierung zwischen den Wänden dämpfte die Geräusche von drinnen so gut, dass sie auch dann kaum hören konnte, was in Jasons Zimmer vor sich ging, als sie ihr Ohr ganz fest gegen die Tür presste. Nachdem Jasons Jammern und Schreien verstummt und von leisem Stöhnen abgelöst worden war, konnte sie die feste, beständige Stimme des Yogis hören. Sie war leise, aber weit von einem Flüstern entfernt. Trotzdem fing Jason nicht wieder an zu schreien, obwohl Melanie wusste, dass das Geräusch für ihn ohrenbetäubend klingen musste.
Während Melanie sich anstrengte, etwas durch die vollisolierte Tür zu verstehen, drang ein Laut aus dem Zimmer ihres Sohnes, der ihr einen eisigeren Schauer über den Rücken jagte, als seine Schreie es je vermocht hatten. Sie hörte ihren Sohn lachen. Sie wusste nicht, warum sie sich so sicher war, dass es Jasons Lachen war und nicht das des Yogis, da er dieses Geräusch noch nie zuvor von sich gegeben hatte, aber aus irgendeinem Grund war sie sich ganz sicher.
Diesmal griff sie doch nach dem Türknauf. Sie drehte ihn und spürte, wie sich der Schnapper aus dem Schließblech löste und sich die Tür öffnete. Sie stieß einen Schrei aus, als sich der Knauf wieder in ihren Fingern drehte, die Tür aus ihrer Hand gerissen und wieder zugeknallt wurde. Melanie stand zitternd im Flur und starrte auf die geschlossene Tür, während das Gelächter weiter andauerte. Es war schon sehr lange her, seit Melanie in diesem Haus zum letzten Mal jemanden hatte lachen hören, aber sie erinnerte sich noch an den Klang. Und sie war sich sicher, dass es nicht so klingen sollte. Das Gegacker, das in Jasons Zimmer widerhallte, klang noch gequälter als seine Schreie. Es war das Geräusch eines zerbrechenden Geistes, eines Ichs,
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