Sein Schmerz - Extrem (German Edition)
dich an den Klang meiner Stimme zu gewöhnen. Ich kann dich nicht unterrichten, wenn du die ganze Zeit versuchst, mich auszublenden. Wir machen es so: Ich werde reden und du wirst mir zuhören. Mir ist egal, wie schmerzhaft es ist – du wirst mir zuhören. Wenn deine Ohren zu bluten anfangen, hörst du weiter zu. Wenn sich dein Schädel anfühlt, als zerspringt er wie ein Ei, hörst du weiter zu. Ich will, dass du den Schmerz fühlst. Ich will, dass du nicht dagegen ankämpfst. Ich will, dass du ganz tief hineintauchst und so viel davon aufnimmst, wie du kannst. Ich will, dass du über sein Wesen und seine Beschaffenheit nachdenkst, darüber, wie der Schmerz schmeckt, sich anfühlt und klingt. Ich will, dass du prüfst, warum dieses Gefühl unangenehm für dich sein soll. Schmerz ist ein Signal deines Körpers, das dich davor warnt, dass dir etwas Schaden zufügt und die Ganzheit deines Körpers zerstört. Meine Stimme kann dich nicht verletzen, Jason, warum sollte sie dir also Schmerzen bereiten? Ich will, dass du mir zuhörst und dem nachforschst.«
Und Jason hörte zu. Die Schmerzen waren kaum auszuhalten, als Arjundas Worte ihn wie die Projektile aus einer Waffe trafen – eines nach dem anderen, ohne Gnade – und an seinen Schädelwänden abprallten. Es fühlte sich definitiv so an, als würden sie ihn verletzen, aber Jason war klug genug, um zu wissen, dass dies nicht der Fall war. Worte konnten nicht töten. Er hatte andauernd gehört, wie sein Vater und seine Mutter miteinander sprachen, und keiner von beiden hatte dabei je vor Qualen gebrüllt, wie er es tat. Er hatte sich immer eingeredet, dass es daran lag, dass er ein anderes Wesen war als sie, aber er wusste, dass auch das nicht der Wahrheit entsprach. Sie waren genau wie er, aber nur er litt solche Schmerzen. Der Yogi hatte recht. Er musste einen Weg finden, diese Schmerzen loszuwerden. Er versuchte, sie auszublenden und an etwas anderes zu denken, aber für ihn gab es keinen sicheren, glücklichen Ort. Alles, sein ganzes Leben, hatte ihm wehgetan. Alles, außer dem Reiz abschirmenden Sack. Er dachte an den Sack und das half ein wenig, aber die Folter dauerte an, während Arjunda weitersprach.
»Lauf nicht fort davor, Jason. Versuch nicht, meiner Stimme zu entkommen. Das wird es nur schlimmer machen. Du musst zulassen, dass du den Schmerz erfährst. Du musst zuhören, Jason.«
Die Stimme dieses kleinen Mannes, der nicht aufhörte zu reden, war genauso schlimm, als wäre Jason draußen gewesen, wo all die visuellen Eindrücke, Geräusche und Gerüche auf ihn einhämmerten. Aber sie war nicht so schlimm wie die Ohrfeige. Nicht einmal annähernd. Der Yogi hatte auch damit recht gehabt. Das war eine echte Strafe gewesen. Im Vergleich dazu schien das hier gar nichts zu sein … Und der Yogi hatte behauptet, dass er Jason sogar noch Schlimmeres antun konnte.
Aber wenn das Schmerz war, was ist dann das hier?, wunderte sich Jason. Zaghaft und verängstigt versuchte er, den Rat des Yogis in die Tat umzusetzen und seine Schutzmauer fallen zu lassen. Die Empfindungen waren überwältigend, aber Jason war neugierig geworden. Er wollte wissen, was er empfand. Was ihn sein ganzes Leben in diesem Elend hatte fristen lassen.
Wenn nicht Schmerz, was dann?
Er ließ zu, dass er diese quälenden Empfindungen erlebte. Er erforschte sie und versuchte herauszufinden, was sie waren und weshalb sie ihm Scherzen verursachten. Er verlor sich darin und versank scheinbar stundenlang in der Qual, bevor ihm plötzlich bewusst wurde, dass der Yogi aufgehört hatte zu sprechen.
»Hast du ihn gefunden? Hast du den Schmerz jetzt gefunden, Jason? Verstehst du ihn?«
»Noch nicht. Aber ich bin ganz nah dran.«
Der Yogi lächelte ihn an und Jason lächelte zurück. Dann ließ er sich auf sein Bett fallen und blieb still liegen. Der Yogi
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