Seine Zeit zu sterben (German Edition)
und Träumen gebe ich ihnen, das ist kein Sklavenhandel, die Leute sind doch nur Sklaven ihrer Vorurteile, Sklaven des schlechten Gewissens, das ihr allen macht, eure Bischöfe fliegen Erste Klasse ins Elend, stoßen mit Champagner im Anflug auf die Erlösung der Welt an, eure Nächstenliebe ist sich selbst der nächste Gang, das nächste Glas, der nächste göttliche Gigolo, hören Sie mir auf, ich bin ein Heilsbringer, ich habe die Luftpumpe, die den Ball aufbläst, das Flickzeug, das ihn vorher flickt, was sage ich, ich bringe ihnen Bälle mit, obwohl sie das, was sie können, mit Dosen lernen, mit Bällen, die sie sich selbst zusammenflicken.
Mit ihnen und ihren Eltern gehe ich sonntags in die Kirche, singe, bete, werfe die Hände in die Luft, umarme sie, mir egal, ob das katholisch ist oder irgendeine protestantische Sekte, an was die da beten, ich bete ihre Söhne an, Söhne Gottes am Ball, das Himmelreich in ihren kleinen Füßen, sie spielen auf Wolken, immer knapp über dem Boden, sie sind Jünger des Heiligen Diegos, ihre Madonna ist Maradona, ihr Jesus Sokrates, ihr Messias Messi, und ich bin der Papst, verstehen Sie, ich verschicke sie in die ganze Welt. Ja, ich bring sie hier unten, unter all den Rassisten, in die Dorfvereine, die nur das Maul halten, weil ihnen die Münder offen stehen bleiben, wenn sie meine Mohren den Ball küssen sehen, und wie ein dribbelndes Pfingstwunder allen das Spielen beibringen.
Soll ich ihnen sagen, sie dürfen sonntags nicht vor die Türe, nicht auf den Platz, nicht den heiligen Boden berühren, die Grasnarbe, aufgefahren in den Himmel, ich sitze und beobachte sie, das ist Arbeit ja, ich arbeite für die Kinder Gottes und schicke ihre Eltern zum Teufel, ich verkaufe sie nicht, ich betreue sie, ich bin ihr Hirte. Wollen Sie den Stab brechen? Die Jungs in den Skiinternaten fahren ja auch sonntags Ski, oder? Oder müssen sie in die Kirche und dann im Liegestuhl ruhig mit ansehen, wie die anderen die Hänge hinunterwirbeln, wie sie sich balgen, einander berühren, als wären sie Slalomstangen?
Ödön wartete, hoffte auf eine Reaktion, eine Drehung des Kopfes, eine Wimper, die hochschnellt, ein Husten, das Verkrampfen der Faust, er wiederholte »Internat«, er redete von den Jungs dort, dass ihr Vergnügen ja auch ihre Arbeit war, werden wir noch so erzogen, dass wir alles verwischen, verwischen Sie nicht auch Vergnügen und Arbeit, Pater, im Skigebiet, nehmen die Beichte ab wie andere dir den Bügel unter den Arsch halten, ja, Sie sind so überholt wie Schlepplifte, die ganze Kirche ist ein Schlepplift, und es bläst dir ins Gesicht, und du fürchtest Hüfte an Hüfte um dein Gleichgewicht, es drängt dich aus der Spur, aber du entkommst nicht dem andern, der Bügel ist verrutscht in deinem Kreuz, deinem Knie, du stemmst dich gegen den anderen, du nimmst die Kleinen zwischen die Beine, es geht bergauf, aber wenn du aussteigst, stehst du allein da und die anderen ziehen vorbei, du stehst in der Schneewehe, du fällst aus der Liftgemeinschaft, fällst vom Glauben ab, und sie lachen, lachen dich aus, wer fällt schon aus dem Lift, Anfänger. Ihr bringt den Kindern das mit den Bügeln bei, wie sie ihn zwischen die Beine nehmen, wenn sie allein fahren, wenn ihr sie allein lasst.
Du Drecksau hast, verschluckte Ödön, noch nicht, jetzt noch nicht, wenn, wollte er alles loswerden, er wollte alles hinter sich bringen, einmal alles erzählen, über alles reden, warum nicht hier, wir kommen eh nicht raus, es gibt kein Entkommen, nur den Schutz der Kirche, Kirchenasyl, Wehrkirche, ich wehre mich, wehre mich hier in deiner Kirche, ich trotze, ein trotziges Kind, wie waren die Sonntage zu Hause, Herr Pater, die Sonntage waren wir in Kitzbühel, jedes Wochenende in den Bergen, auf den Pisten, das Wochenende war meinen Eltern heilig, in der Skihose zur Messe, die Kälte in den Körper lassen, die den ganzen Tag nicht mehr weichen wird, bis abends die Zehen in der Dusche unter dem heißen Wasser verbrennen, du nur das Brennen spürst, auf dem Scheiterhaufen unter der Dusche stehst, im Regen, sie ließen mich im Regen stehen, das härtet den Jungen ab, ich bin abgehärtet, jedes meiner Blutkörperchen trägt seine Bleiweste durch meine Arterien.
Aber, Herr Pater, auf das war ich nicht vorbereitet, keine Härte der Welt schützt davor, kein Stahl, kein Panzer ist hart genug, es bläst alles weg. Wo war Gott, als es über mich kam? War ich ein Vater wie mein Vater? Ist mein Vater schuld, ist
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