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Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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eingeschlagen, und es wurde immer schwerer, noch eine Brücke dazwischen zu bauen. Besser, man riss sie irgendwann komplett ein. Es war doch offensichtlich. Sarah passte besser zu Tim und Hannes zu mir. Tim und ich hatten vielleicht die längere Vergangenheit und ein Kind, aber Hannes und ich die aussichtsreichere Zukunft. Natürlich wäre es für Kai schöner gewesen, wenn Mama und Papa wieder zusammengekommen wären, aber als Scheidungskind hatte ich mir längst geschworen, dass mein Sohn niemals als Familienkitt würde herhalten müssen. Das Hin und Her musste aufhören, Kai brauchte ein vernünftiges Zuhause, nicht zwei halbe, und das konnten Tim und Sarah ihm sicherlich besser bieten als ich. Auch wenn es mir unglaublich schwerfiel, mir das einzugestehen.
    Ich starrte immer noch auf die weiße Tür und versuchte, mir meine Entscheidung mit all diesen Argumenten wieder und wieder verständlich zu machen. Aber es änderte nichts daran, dass sie verdammt wehtat.
    Ich zog mir den Pyjama an, den Hannes mir vorausschauend mitgebracht hatte, putzte mir die Zähne und legte mich zu Kai ins Bett, auch wenn die Schwester netterweise ein Klappbett danebengestellt hatte. Ich drückte meine Wange an seine weichen Haare und fing stumm an zu weinen. Irgendwann konnte ich das Schluchzen nicht mehr unterdrücken und weckte damit Kai. »Weinst du, Mami?«
    Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. »Ja, ein bisschen.«
    »Weil ich auf das Dach geklettert bin?«
    Ich musste lächeln und schüttelte den Kopf. »Nein, mein Schatz. Nicht deswegen. Obwohl wir uns vielleicht darauf einigen können, dass du das nicht noch mal ausprobieren musst, ja?«
    Er nickte ernst. »Warum weinst du dann?«
    »Weil ich traurig bin.«
    »Warum?«
    Kai war leider allmählich im Warum-Alter und ließ sich nicht mehr mit einfachen Antworten abspeisen. Ich drückte ihn ganz fest an mich.
    »Kai, ich habe dich und deinen Papa wirklich ganz, ganz doll lieb, okay?«
    Kai nickte. Ich holte schluchzend Luft: »Aber ich kann nicht mit euch nach Dortmund kommen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich hier bleiben muss.«
    »Bei Hannes?«
    Ich nickte.
    »Hast du Hannes mehr lieb als Papa?«
    Mir lag ein »Das ist nicht so einfach, mein Schatz, das verstehst du noch nicht« oder irgendsoeine Ausflucht auf der Zunge, die man als Kind von seinen Eltern immer gehasst hatte und jetzt selbst viel zu oft benutzte, um ein unliebsames Thema für beendet zu erklären. Aber ich entschied mich für ein klares »Nein«. Weil es nun mal nicht stimmte.
    »Und warum kommst du dann nicht mit uns nach Dortmund?«
    Kinderlogik war manchmal so viel klarer als Erwachsenenlogik. Wieso hörte man eigentlich irgendwann auf, die Welt in diesen verständlichen Kategorien zu sehen?
    »Weil Papa Sarah mehr mag als mich, denke ich.«
    Das konnte Kai zumindest verstehen.
    »Magst du Sarah auch?«, fragte ich ihn.
    Kai überlegte und nickte dann. »Sie lässt mich immer ihren Nachtisch aufessen, weil sie sonst zu dick wird, hat sie gesagt. Und ich darf auf ihrer Gitarre spielen.«
    Ich schluckte, es hörte sich nach einem harmonischen Familienleben an. Aber das hatte Kai nach dem ganzen Hin und Her auch verdient. Also sagte ich bemüht fröhlich: »Das ist aber sehr lieb von ihr.«
    »Ja, aber ich habe ihr gesagt, dass sie nicht meine neue Mama sein kann.«
    Wieder schossen mir Tränen in die Augen, und ich schluchzte erneut. Ich holte ein paarmal tief Luft und gab Kai einen Kuss auf die Haare. »Das ist gut. Ich komme dich in Dortmund nämlich ganz oft besuchen. Und du kommst Hannes und mich auch ganz oft besuchen, okay?«
    »Mmmh, ist gut.«
    Er wirkte sehr erwachsen in der Art, wie er nachdachte und die Situation für akzeptabel befand.
    »Was hältst du eigentlich davon, wenn ich Hannes heirate, mein Schatz?«
    »Gibt es dann Kuchen?«, fragte Kai kritisch nach.
    Ich musste lachen. »Ja, dann gibt es auch Kuchen.«
    Und damit war die Hochzeit auch von Kai abgesegnet.

Kein Grund zur Panik
    Kai durfte schon am nächsten Morgen wieder gehen, und als Tim ihn zusammen mit Sarah abholte, fühlte ich mich erstaunlich gut sortiert. Tim und ich benahmen uns so wie immer. Kein Blick, keine Geste verriet, dass wir uns gestern Nacht gerade zum zweiten Mal endgültig getrennt hatten. Ich war noch nicht einmal wütend auf Sarah, obwohl sie meine beiden Männer nach Dortmund entführte. Im Gegenteil, ich erkundigte mich sogar nach ihrem neuen Job, über den sie selbst nicht so glücklich war, weil sie

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