Sekundentod: Kriminalroman (German Edition)
hatte, waren Timos blond und zusätzlich mit helleren Strähnen durchzogen, die, wie Timo stets betonte, ausschließlich auf die Sonne zurückzuführen waren. Falko bezweifelte dies im Hinblick auf die deutschen Witterungsverhältnisse, sagte jedoch nie etwas dazu.
»Hallo, Falko«, begrüßte er ihn. »Willst du die Fakten hören?«
Cornelsen hob die Hand. »Noch nicht. Ich möchte mir erst selbst ein Bild machen.« Er sah die Ermittler an. »Habt ihr schon alles fotografiert und gefilmt?«
Breitenbach nickte. »Die Kollegen sind gerade damit fertig geworden.«
»Könntet ihr kurz einen Schritt zurücktreten?«
Ohne zu zögern, folgten alle seiner Bitte. Die meisten arbeiteten schon seit Jahren mit ihm zusammen und kannten daher seine spezielle Methode, sich einem Tatort zu nähern.
»Ist ganz schön eng hier drinnen. Wir warten am besten draußen. Sag Bescheid, wenn du fertig bist.« Timo bedeutete den Kollegen mit einer ausholenden Armbewegung, den Raum zu verlassen. Es gab Tage, da nervte ihn das Vorgehen seines Vorgesetzten. Im Grunde hatte es hier kein Profiling gegeben, bis Falko diese spezielle Art der Ermittlung in Lüneburg durchgesetzt hatte. Genau genommen gab es das auch heute noch nicht, da jedes Bundesland zwar über eine entsprechende Abteilung verfügte, diese in der Regel jedoch in den jeweiligen Hauptstädten angesiedelt war. Doch Falko hatte eben seine ganz eigene Art, die Ermittlungen zu führen und seine Methode anzuwenden. Und Timo war froh, Teil eines Teams zu sein, das eine geradezu beneidenswerte Aufklärungsquote vorzuweisen hatte. Doch manchmal dauerte es ihm einfach zu lange, wenn sich Falko mal wieder so viel Zeit nahm, wie er wollte, um den Tatort auf sich wirken zu lassen, völlig unbeeindruckt davon, wie lange alle um ihn herum deshalb warten mussten. Heute war so ein Tag. Am Wochenende Bereitschaft zu haben war ohnehin nicht das, was Timo begeisterte. Und wenn er am Samstagmorgen aus dem Bett geklingelt wurde, wusste er, wie der Rest seines Wochenendes verlaufen würde.
Schon richtig, dass er gestern Abend nicht noch in die Bar hätte gehen sollen und sich auf eine flüchtige Bekanntschaft einlassen. Doch solange er ungebunden war, wollte er nicht einen Tag ungenutzt verstreichen lassen, selbst wenn er, wie heute Morgen, in aller Hergottsfrühe aus den Federn musste. Ihr Name war Miriam, und vielleicht war sie noch da, wenn er nachher nach Hause kam. Zumindest, wenn sie die Tatortbegehung so schnell wie möglich hinter sich bringen würden. Wenn sich Falko aber seine Zeit nahm, die er aus welchen Gründen auch immer benötigte, könnte sich die Sache noch Stunden hinziehen. Er versuchte, sich seine Gedanken nicht anmerken zu lassen, als er hinter den Kollegen den Raum verließ.
Cornelsen wartete noch einen Augenblick, ging dann rückwärts bis zum Eingang und sah sich um. Ein schöner Raum, nicht groß, dafür aber lichtdurchflutet durch die bis zum Boden gehenden Fenster, obwohl die zugezogenen cremefarbenen Vorhänge einen Teil davon schluckten. Ob der Täter das gemacht hatte, um einen Blick von außen zu verhindern, nachdem er gegangen war? Falko sah sich weiter um. Die Einrichtung war schlicht, Landhausstil, wie er meinte, ohne jeden Schnickschnack und ohne viel Dekoration. Nicht einmal Grünpflanzen gab es, was er für eine alleinlebende junge Frau ungewöhnlich fand. Diese Information hatte er über den Fall neben der Anschrift schon erhalten. Die Vermisstenmeldung hatte ihr Agent, ein gewisser Thomas Reder, aufgegeben. Sie war auf ihrer eigenen Buchpremiere nicht erschienen und hatte sich seit Tagen nicht gemeldet, weshalb der Agent die Polizei informiert hatte. Falko Cornelsen ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Es war kein klassisches Wohnzimmer, eher ein Arbeitszimmer mit Sitzecke. Vor der hellen Couch stand ein kleiner Holztisch auf einem Flokatiteppich. Sie wirkte gemütlich, aber kaum benutzt. Einen Fernseher gab es nicht, jedoch ein Sideboard, auf dem einige Kabel mit Steckern lagen. Offenbar hatten der oder die Einbrecher ein Gerät mitgenommen. Er ging ein paar Schritte in den Raum hinein. Der massive Holzschreibtisch war der Fensterfront zugewandt, den Blick in den weitläufigen Garten gerichtet. Etwa ein Meter neben dem Schreibtisch stand ein Staubsauger, der geöffnet war. Falko beugte sich vor. Der Beutel war entfernt worden. Hatten sich der oder die Täter die Zeit genommen, auf diese Weise Spuren zu beseitigen? Falko schloss kurz die Augen,
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