Selbs Betrug
und strampelte, schob und zog ich mich Zentimeter um Zentimeter hervor. Als mein Po nicht mehr zwischen Bett und Boden eingeklemmt war, ging es besser voran. Dann waren die Schultern frei, dann der Kopf. Ich atmete auf. Für einen Moment schloß ich die Augen und rollte auf den Rücken – ich konnte einfach nicht sofort aufstehen.
Als ich die Augen aufschlug, stand Peschkalek über mir. Er hatte die eine Hand in der Tasche, zwirbelte mit der anderen den Schnurrbart und sah auf mich herab.
»Wie lange stehst du schon da?« Es war keine gute Eröffnung. Ich hätte ihm das erste Wort lassen und ruhig aufstehen sollen.
»Ich hätte dich wohl rausziehen sollen, was? Vielleicht mit einer kleinen Entschuldigung, weil’s unter meinem Bett so eng ist? Und eine Einladung: Was darf’s als nächstes sein? Wo würden Sie jetzt gerne schnüffeln, Herr Privatdetektiv?« Er machte eine ironische Verbeugung.
»Wie kommst du überhaupt hierher?« Auch das war kein guter Auftakt. Ich war durcheinander. Immerhin stand ich auf.
Er grinste. »Ich habe meine Uhr schlagen hören, als du vorhin telephoniert hast.« Das Grinsen wurde gehässig. »Und rat mal, warum ich mitgehört habe, als du angerufen hast. Warum hatten wir wohl unsere Köpfe zusammengesteckt, deine Brigitte und ich? Na?«
Er nahm die Hand aus der Tasche und ballte die Fäuste. Ich weiß nicht, ob er hoffte oder fürchtete, daß ich auf ihn losgehe. Ich dachte nicht daran. Ich stand auf und ließ mir Zeit.
»Na?« Er tänzelte.
»Wo hast du die Pistole?«
Er stand stocksteif. »Pistole? Wovon redest du?«
»Komm, Ingo. Außer dir und mir ist niemand hier. Es gibt keinen Polizeikommissar im Schrank und kein Mikrofon in meiner Krawattennadel. Du weißt, wovon ich rede, und ich weiß, daß du’s weißt – warum sollen wir Theater spielen?«
»Ich verstehe wirklich nicht, wie …«
»Du hast recht, meine Frage war auch Theater. Warum sollst du mir sagen, wo du die Pistole versteckt hast. Oder hast du sie überhaupt weggeworfen?«
»Es langt, Gerd. Ich hab Brigitte gesagt, ich hol nur schnell das Gerät. Das werde ich jetzt auch tun. Dann mache ich die Bilder von Manu, die sie haben will, und esse den Kartoffelauflauf, der im Ofen schmort. Mach dir Licht, such weiter nach Pistolen, und schließ bitte ab, wenn du gehst.«
Er drehte sich um und ging ins andere Zimmer. Er war gut. Er war viel besser, als ich gedacht hatte. Und die Selbstverständlichkeit, mit der er von Brigitte, von Manu und vom Auflauf redete, traf mich mehr als das grobe Geschütz vom Kopf an Kopf beim Telephonieren. Ich sah ihm zu, wie er zwei Kameras und ein Blitzlicht in eine Ledertasche packte.
»Ich würde auch noch die 15.6 mitnehmen, Ordner und Video.«
Ganz langsam schob er den Riemen durch die Schlaufe, setzte den Dorn in den Riemen und zog den Riemen fest. Er warf einen kurzen, suchenden Blick zum Regal.
»Ist alles noch da.«
Er hatte fertiggepackt. Aber er war sich nicht schlüssig. Er stand da, die Hände auf der Ledertasche, und sah aus dem Fenster.
»Übrigens habe ich die Karte, die du von Rolf kriegen wolltest.«
Jetzt wußte er noch weniger, was er machen sollte. Warf ich einen Köder aus? Machte ich ihm ein Angebot? Mit seiner Linken klopfte er einen wirren Rhythmus auf die Ledertasche.
»Ist Lemke nicht doch ein Risiko? Du bist davon ausgegangen, daß er mitspielt und dichthält. Dann hat er seinen Auftritt im Prozeß und du deine Story in den Medien. Wenn er dann aus dem Gefängnis kommt, kriegt er die Hälfte und kriegt sie mit Zins und Zinseszins. Davor kriegt er – was, acht Jahre, zehn Jahre? Ein hoher Preis, aber wo er nun eh erwischt wurde und bestraft wird – was hätte er davon, wenn er nicht mitspielen und dichthalten würde?«
Peschkaleks Hand klopfte langsam und gleichmäßig.
»Er hätte schon was davon. Er könnte dir heimzahlen, daß du ihn hast hochgehen lassen.«
Er wandte sich mir zu. »Ich ihn hochgehen lassen? Ich verstehe nicht …«
»Ich weiß nicht, ob man es dir regelrecht nachweisen kann. Tonbandaufnahmen, Stimmenvergleich – da gibt es heute zwar allerhand Möglichkeiten, aber der Polizei wird es den Aufwand nicht wert sein.« Ich schüttelte den Kopf. »Lemke braucht keinen regelrechten Nachweis. Wenn ich ihm auf die Sprünge helfe, weiß er genausogut wie ich, daß nur du es sein konntest und nicht der Spanientourist oder was weiß ich, als was du dich ausgegeben hast.«
Peschkalek sah mich an, als erwarte er den nächsten
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