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Selbs Justiz

Selbs Justiz

Titel: Selbs Justiz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Schlink , Walter Popp
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nach meinen blöden kleinen Steinchen suchen, sie ratlos hin und her wenden und zu diesem oder jenem Bild kombinieren. Ich hatte es satt. Ich fühlte mich jung und dynamisch nach der Nacht mit Brigitte.
    Im Verkaufsraum stritt die Chefin mit ihrem Sohn.
    »So wie du dich anstellst, frage ich mich, ob du überhaupt Konditor werden willst.« Wollte ich meine Spuren wirklich verfolgen, so wie ich mich anstellte? Vor denen, die in die rcw führten, hatte ich Scheu. Warum?
    Fürchtete ich die Entdeckung, daß ich Mischkey ans Messer geliefert hatte? Hatte ich mir die Spuren mit den Rücksichten auf mich und auf Korten und auf unsere Freundschaft selbst versaut?
    Ich fuhr nach Heidelberg ins rrz. Gremlich wollte mich rasch im Stehen abfertigen. Ich setzte mich und holte wieder Mischkeys Computerausdruck aus der Aktentasche.
    »Sie wollten das noch mal sehen, Herr Gremlich. Ich kann’s Ihnen jetzt dalassen. Mischkey war schon ein 209
    Teufelskerl, ist noch mal ins rcw-System reingekommen, obwohl die Leitung schon gekappt war. Ich vermute übers Telephon, oder was meinen Sie?«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, log er schlecht.
    »Sie lügen schlecht, Herr Gremlich. Aber das macht nichts. Für das, was ich Ihnen zu sagen habe, kommt’s nicht drauf an, ob Sie gut oder schlecht lügen.«
    »Was?«
    Er stand immer noch und sah mich ratlos an. Ich machte eine einladende Handbewegung. »Wollen Sie sich nicht setzen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ich muß Ihnen nicht sagen, wem der rote Ford Escort hd-s 735 unten auf dem Parkplatz gehört. Heute vor genau drei Wochen stürzte Mischkey mit seinem Auto von der Eisenbahnbrücke zwischen Eppelheim und Wieblingen auf die Gleise, nachdem ihn ein roter Ford Escort abgedrängt hatte. Der Zeuge, den ich ausfindig machen konnte, hat sogar gesehen, daß das polizeiliche Kennzeichen des roten Escort mit hd anfängt und mit 735 endet.«
    »Und warum erzählen Sie das mir? Sie sollten damit zur Polizei gehen.«
    »Ganz richtig, Herr Gremlich. Schon der Zeuge hätte zur Polizei gehen sollen. Ich habe ihm erst klarmachen müssen, daß eine eifersüchtige Ehefrau kein Grund ist, einen Mord zu decken. Inzwischen ist er bereit, mit mir zur Polizei zu gehen.«
    »Ja und?« Er verschränkte überlegen die Arme auf der Brust.
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    »Die Chancen, daß ein weiterer roter Escort aus Heidelberg ein Kennzeichen hat, auf das die Beschrei-bung paßt, sind vielleicht … Ach, rechnen Sie’s selber aus. Die Schäden an dem roten Escort scheinen gering und leicht zu reparieren gewesen zu sein. Sagen Sie, Herr Gremlich, hatte man Ihnen Ihr Auto vor drei Wochen gestohlen, oder hatten Sie es verliehen?«
    »Nein, natürlich nicht, was reden Sie für einen Unsinn.«
    »Es hätte mich auch gewundert. Sie wissen doch sicher, daß man bei einem Mord immer fragt, wem
    nützt’s? Was meinen Sie, Herr Gremlich, wem nützt Mischkeys Tod?«
    Er schnaubte verächtlich.
    »Dann lassen Sie mich Ihnen eine kleine Geschichte erzählen. Nein, nein, werden Sie nicht ungeduldig, es ist eine interessante kleine Geschichte. Sie wollen sich noch immer nicht setzen? Also, es waren mal ein großes Chemiewerk und ein regionales Rechenzentrum, das dem Chemiewerk auf die Finger schauen sollte. Das Chemiewerk hatte ein Interesse daran, daß ihm nicht zu genau auf die Finger gesehen wurde. Im regionalen Rechenzentrum waren für die Kontrolle des Chemiewerks zwei Leute entscheidend. Für das Chemiewerk ging es um viel, viel Geld. Wenn es doch nur einen Kontrolleur kaufen könnte! Was würde es nicht dafür geben! Aber es würde nur einen kaufen, weil es nur einen brauchte.
    Es sondiert bei beiden. Wenig später ist der eine tot, und der andere zahlt seinen Kredit zurück. Wollen Sie wissen, wie hoch der Kredit war?«
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    Jetzt setzte er sich. Um diesen Fehler gutzumachen, gab er sich empört. »Es ist ungeheuerlich, was Sie da nicht nur mir, sondern einem unserer traditionsreich-sten und renommiertesten Chemieunternehmen an-
    dichten. An die sollte ich das am besten weitergeben; die können sich besser wehren als ich kleiner bat-Angestellter.«
    »Das will ich gerne glauben, daß Sie am liebsten zu den rcw laufen möchten. Aber im Moment spielt die Geschichte ausschließlich zwischen Ihnen, der Polizei und mir und meinem Zeugen. Dabei wird die Polizei interessieren, wo Sie damals waren, und wie die meisten werden auch Sie drei Wochen post festum kein solides Alibi vorzuweisen haben.«
    Wenn es den Besuch zusammen mit seiner

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