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Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben

Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben

Titel: Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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treffen!«
    Â»Im Traum doch nur!«
    Â»Nix im Traum! Das kann man so nicht trennen!«
    Â»Ja, das ist mir schon aufgefallen«, sagte ich eifrig, gefolgt von dem Gedanken, dass diese Äußerung etwas ungünstig platziert war … und keine zwanzig Minuten später hatte ich meine Klamotten gepackt.
    Der Tag entwickelte sich prächtig. Ich hatte drei Freunde angerufen, um irgendwo unterzukommen, und jede Ausrede war phantasievoller gewesen als die vorangegangene. Stefan schoss den Vogel ab, indem er sagte, er hätte jetzt einen drei Jahre alten Sohn und wenig Platz, und ich könnte mich durchaus zwischendurch mal melden und nicht immer nur, wenn ich was will, und ich antwortete: »Schwachsinn – ich hab dir erst vor kurzem 50 Mark geliehen«, und legte sauer auf.
    Unverschämter Penner.
    Ich würde zu meiner Mutter ziehen müssen. Krank. Ganz offensichtlich war ich gar nicht Sträter, sondern das Produkt der kranken Überlegungen von Edgar Allan Poe.
    Ich trat ans Fenster und blickte hinaus. Es wurde Herbst. Am Horizont bildeten Hunderte Vögel eine V-Formation, flogen einen eleganten Bogen, richteten sich südwärts aus, drehten ab und kamen näher.
    Ich kniff die Augen zusammen, schnippte dann mit den Fingern und schrie: STRIKE!
    Es war ein Schwarm Mettbrötchen.
    Ich schlief immer noch.
    Ich wachte auf.
    Weder Bücherregale noch Lautsprecher von Bose.
    Viel Ikea-Geraffel. Regale, wie sie im Buche stehen, und zwar in Buche, obwohl nicht ein Buch darin stand.
    Batman-Comics dafür.
    Rappelvoller Aschenbecher links, Kippen, wohin das trübe Auge blickte.
    Ich war wirklich wach.
    Die Tür ging auf, meine Mutter streckte den Kopf ins Zimmer.
    Â»Sie hatten heute keine Croissants«, sagte sie mild.
    Â»Schon okay«, entgegnete ich. »Immerhin hast du es versucht.«
    Sie lächelte entschuldigend.
    Die Tür schloss sich. Ich erhob mich, ging zum Fenster und suchte den Horizont nach Mettbrötchen ab. Nix. Vögel. Ungenutzte Fördertürme. Fettige Nasenabdrücke auf dem Glas. Der Standard-Bildschirmschoner.
    Hauptsache wach.
    Warum nicht gleich so?
    Das Notebook stand in einem Kippenhaufen neben dem Aschenbecher.
    Zeit, was zu tun. Ich klickte auf die Maus und aktualisierte YOUPORN.
    Mir fiel ein, dass eine neun Kilometer entfernte Bäckerei auch gegen 15:00 Uhr noch Croissants buk, und ich lächelte über meinen scharfen Verstand.
    Dann läutete ich nach meiner Mutter.

Steh auf, wenn du ein Dümpelfelder bist
    I ch besaß eine Karte für das Konzert von DEPECHE MODE, dem ich beizuwohnen gedachte, und ich erwarb sie wie einen Bausparvertrag: lange im Voraus, hoffend, dass sich die Investition lohnen würde.
    Ich besitze übrigens auch ein iPhone, und ja, ich habe das bereits mehrfach erwähnt. Ob die Dinge, die ich über dieses Clever-und-Smart-Phone zum Besten gebe, in die Rubrik Reklame gehören, möchte bitte jeder selbst entscheiden. Generell bin ich zufrieden. Aber:
    Wäre ich der Entwickler solcher Prachtelektronik, würde ich als Erstes eine Software entwickeln, die das Display in der Empfindlichkeit verstellbar macht. Vermutlich geht das sogar, irgendwo tief in den Eingeweiden meines 700-Euro-Energieriegels befindet sich bestimmt ein Unterpunkt im Hades unterm Unterpunkt, und da kann ich wahrscheinlich im Kapitel RETINA-SENSIBILITÄTS-MODIFIKATIONS-PARAMETER was einstellen. Wer weiß das schon? Ich komm ja im Prinzip zurecht. Mein Handy ist so voll mit Apps, dass es mittlerweile 60 Gramm schwerer ist, ich hab’s nachgewogen.
    Aber mit der Navigations-App komm ich nicht zurande. Da kann man gegen’s Display blasen, und schon wird das als Eingabe missverstanden – ja, schräge Blicke reichen, und schon geht’s los. Das Display ist so empfindlich wie die eigene Hirnhaut.
    Jene Navi-App sollte mich trotzdem zum Konzert nach Düsseldorf lotsen, immerhin war die App teurer als die Konzertkarten gewesen, also versuchte ich mit spuckenassen Griffeln
    DÜSSELDORF
    EUROPAPLATZ
    einzugeben.
    Klick.
    Die Navi schlug nicht nur auf der Stelle DÜRRHÖRSDORF-DITTERSBACH vor, sondern fügte es gleich als Zielort ein und implantierte ohne große Nachfrage EUPELWEG in meinen Spätnachmittag, da es in Dürrhörsdorf-Dittersbach noch keinen Europaplatz gibt, auch wenn DEPECHE MODE selbst dann nicht dort aufspielen würden, wenn es ihn

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