Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition)
des Grundgesetzes, sind wir meilenweit entfernt von einer Gleichstellung der Geschlechter in Gesellschaft und Wirtschaft. Das wird sich nach meiner jahrzehntelangen eigenen Erfahrung weder durch gutes Zureden noch durch Warten auf die Einsicht der Mächtigen ändern. Nur eine gesetzliche Verpflichtung, flankiert von entsprechenden Sanktionen, kann und wird den anhaltenden gesellschaftlichen Widerstand gegen die Gleichstellung der Geschlechter brechen können. In der Geschichte gibt es genügend Beispiele dafür, dass notwendige gesellschaftliche Veränderungen ohne die Macht des Gesetzes nicht zu erreichen sind. So konnte beispielsweise erst durch das Gesetz zur Einführung von Teilzeitarbeit und Familienurlaub für Beamtinnen und Beamte erreicht werden, dass Eltern, die ihr Kind einige Zeit selbst betreuen wollten, nicht gänzlich aus dem Beruf ausscheiden mussten und damit automatisch ihre Position total verloren.
Nicht hilfreich erscheint vor diesem Hintergrund die Haltung der derzeit für Frauen und Familie zuständigen Bundesministerin. Sie vertritt, soweit bekannt, die Ansicht, eine feste gesetzliche Quote sei unnötig, die Wirtschaft werde es schon irgendwie (Flexiquote!) selbst schaffen. Die Geschichte zeigt, dass diese Annahme scheitern muss und scheitern wird. Besonders unverständlich muss dieser ministerielle Widerstand gegen eine gesetzliche Quote deswegen erscheinen, weil diese Ministerin selbst eine hundertprozentige Quotenfrau ist. Hat sie das vergessen? Sie ist in dieses Amt nicht berufen worden wegen ihrer überragenden Sachkompetenz und politischen Erfahrung, sondern weil für diese Aufgabe eine Frau gesucht wurde, die der CDU angehörte und außerdem aus Hessen kam.
Dies ist nicht zu beanstanden, wohl aber ist zu kritisieren, wenn eine derart berufene Politikerin anschließend in Verkennung ihrer Aufgaben meint, Emanzipation sei weitgehend erreicht – und wo nicht, sei sie reine Privatsache. Das hören Frauen seit Jahrzehnten ; da hält es einen Menschen wie mich, der ein Leben lang versucht, Gleichberechtigung durchzusetzen, nicht länger auf dem Stuhl!
Es ist also noch immer viel zu tun – und deshalb ist jetzt die Zeit für dieses Buch.
Lore Maria Peschel-Gutzeit, im Sommer 2012
1. Auflage 2012
Copyright © 2012
by Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg
www.hoca.de
Covergestaltung: b3k-design.de, Andrea Schneider
Coverabbildung: Bild links: ullstein bild – axentis.de
Bild rechts: Friedrich Reinecke Verlag GmbH
E-Book-Umsetzung: Jouve
ISBN 978-3-455-85052-9
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