Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
war. Das wußte sie.
Aber sie hatte keine Angst davor. Sollte er doch machen, was er wollte. Solange er sie nicht umbrachte. Sie fürchtete sich vor dem Tod. Nur vor dem Tod.
Bei dem heftigen Schmerz wurde ihr schwarz vor Augen. Oder kam es daher, daß sie schon seit einer Weile keine Luft mehr bekam? Langsam lockerte sich sein Griff über ihrem Mund, während er seinen Befehl, sie solle die Klappe halten, wiederholte. Das war nicht nötig. Ihr Kehlkopf war zu einem riesigen, schmerzenden, stummen Geschwür herangewachsen, das alles blockierte.
Lieber Gott, mach, daß ich nicht sterben muß. Mach, daß ich nicht sterben muß. Mach, daß er bald fertig ist, bald, bald.
Das war ihr einziger Gedanke, und er wirbelte wie ein Mahlstrom durch ihren verängstigten Kopf, wieder und wieder.
Er kann machen, was er will, aber lieber, lieber Gott, mach, daß ich nicht sterben muß.
Die Tränen kamen ganz von selbst, ein lautloser Strom, so als reagierten ihre Augen aus eigener Initiative. Sie trauerten auf eigene Faust und registrierten nicht, daß sie im Grunde doch gar nicht weinte. Plötzlich sprang der Mann auf. Ihr Rücken jammerte, als er in seine ursprüngliche Lage zurücksackte; nun lag sie platt auf dem Bauch. Aber nicht lange. Er packte ihren Kopf, eine Hand ihr rechtes Ohr, die andere die Haare, zog sie hinter sich her ins Wohnzimmer. Das tat unendlich weh, und sie versuchte zu kriechen. Er war zu schnell, ihre Arme konnten nicht Schritt halten. Ihr Hals streckte sich verzweifelt, um nicht zerrissen zu werden. Wieder wurde ihr schwarz vor Augen.
Liebster Gott. Mach, daß ich nicht sterben muß.
Er knipste keine Lampe an. Eine Laterne vor dem Fenster gab genügend Licht. Mitten im Zimmer ließ er sie los. Zusammengekrümmt, in Embryostellung, fing sie wirklich an zu weinen. Leise zwar, aber sie schluchzte und zitterte. Sie schlug die Hände vors Gesicht, in der vergeblichen Hoffnung, der Mann könnte verschwunden sein, wenn sie sie wieder wegnähme.
Plötzlich machte er sich wieder über sie her. Ein Lappen wurde in ihren Mund gestopft. Der Spüllappen. Der beißende Geschmack drohte sie zu ersticken. Sie erbrach sich heftig, aber das, was aus ihrem Bauch nach oben kam, fand keinen Ausweg. Und da verlor sie das Bewußtsein.
Als sie wieder zu sich kam, war der Lappen verschwunden. Sie lag in ihrem Bett und merkte, daß sie nackt war. Der Mann lag auf ihr. Sie spürte, wie sein Penis aus- und einjagte, aber der Schmerz an ihren Knöcheln war noch schlimmer. Die Füße waren mit irgend etwas an die Bettpfosten gebunden. Mit etwas Schneidendem, es fühlte sich an wie Stahldraht.
Lieber heiliger Gott, mach, daß ich nicht sterben muß. Ich will mich auch nie mehr über irgendwas beklagen.
Sie hatte aufgegeben. Sie konnte ja doch nichts machen. Sie versuchte zu schreien, aber ihre Stimmbänder waren noch immer gelähmt.
»Du bist wunderbar«, zischte er durch zusammengebissene Zähne, »eine wunderbare Frau wie du darf doch samstags nachts nicht ohne Schwanz gelassen werden!«
Sein Schweiß tropfte in ihr Gesicht. Er brannte auf ihrer Haut, und sie drehte den Kopf zur Seite, um den Tropfen auszuweichen. Er ließ für einen Moment ihr eines Handgelenk los und verpaßte ihr eine derbe Ohrfeige.
»Stillhalten!«
Es dauerte. Wie lange, wußte sie nicht. Als er fertig war, blieb er bleischwer auf ihr liegen. Er keuchte. Sie sagte nichts, tat nichts. Sie hatte kaum noch das Gefühl, überhaupt zu existieren.
Langsam erhob er sich und band ihre Füße los. Es war wirklich Stahldraht. Den muß er bei sich gehabt haben, dachte sie schwerfällig. Sie hatte keinen in der Wohnung. Obwohl sie jetzt hätte aufstehen können, blieb sie apathisch liegen. Er drehte sie auf den Bauch. Sie leistete keinen Widerstand.
Wieder legte er sich auf sie. Einen müden Moment lang registrierte sie, daß seine Erektion sich nicht gelegt hatte. Sie konnte nicht begreifen, daß sein Schwanz schon wieder gebrauchsfähig war, nur eine Minute nach der letzten Auslösung. Er teilte ihre Hinterbacken. Dann drang er von hinten in sie ein. Sie konnte nichts machen. Zum zweitenmal wurde sie ohnmächtig, konnte aber ihr Stoßgebet noch wiederholen.
Lieber, lieber Gott im Himmel, mach, daß ich nicht sterben muß. Ich bin doch erst vierundzwanzig. Mach, daß ich nicht sterben muß.
Er war nicht mehr da. Hoffte sie. Sie lag noch genauso da wie vor ihrer Ohnmacht, nackt, auf dem Bauch. Draußen fing die Stadt an, den Sonntag zu begrüßen. Es war
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