Sellavie ist kein Gemüse
nur lieben würde, du wärst mein Traummann.
Na ja, dann machte sie noch zweimal so schlechte Erfahrungen mit Typen, und nach knapp einem Jahr kamen wir dann doch zusammen. Sie hatte echt totale Scheiße hinter sich, eine Abtreibung und einen Selbstmordversuch, und der einzige, der immer zu ihr hielt, war ich. Ich ließ mich dann auch sterilisieren, weil sie sagte, das verkrafte ich nicht nochmal. Verstand ich gut. Und Küche, Kinder, Kirche sind sowieso das beschissenste Machtinstrument gegen die Frauen. Da mach’ ich eh nicht mit.
Ja, und dann hab’ ich ihr erst mal gezeigt, was eine Frau alles können kann. Es hat sie unheimlich stark gemacht zu wissen, wie ein Motor funktioniert, wie man Lampen aufhängt oder Vorhangschienen in die Decke dübelt. Es hat sie echt motiviert, und manchmal mußte sie lachen über ihre früheren Typen, die ihr immer in den Mantel helfen wollten und sie zum Dummchen abstempelten.
Davon, daß ich sie so emanzipiert habe, hat später dann sogar der Obermacho Manfred profitiert. Doch. Der ist heut’ echt wie ausgewechselt. Als sie später mit ihm zusammenzog, stellte sie nämlich ganz klare Bedingungen. Bevor ich dich heirate, sagte sie, emanzipierst du dich auch, sonst will ich kein einziges Kind mit dir zusammen haben. Und Manfred hat echt dazugelernt. Muß ich echt zugeben, er ist jetzt sehr o.k. Er geht mit Stefanie und Anna Fußballspielen, und Florian darf so viele Puppen haben, wie er will. Und Heidrun wollte die Kinder, er hatte da gar nichts mitzureden. Doch, der hat sich echt entwickelt.
Ich hatte seither viele Freundinnen, ich weiß auch nicht, ich zieh’ die an. Wenn sie verzweifelt sind, kommen sie zu mir und ich bau’ sie auf. Echt. Ich will mir jetzt nicht irgendwie an die Brust klopfen oder so, aber wenn sie zu mir kommen, sind sie alle so zerbrochene Püppchen, und wenn sie mich verlassen, stolze, selbstbewußte Frauen. Irene ist sogar lesbisch geworden. Ehrlich. Direkt nach mir hatte sie noch was mit einem Typ, aber als sie das Kind bekam, ließ sie ihn sitzen und zog mit einer Frau zusammen. Für Oliver ist das nur gut, da lernt er wenigstens nicht den ganzen männlichen Konkurrenzscheiß, den die Väter so drauf haben. Ja, auch Manfred. Ich hab’ ihn beobachtet mit Anna und Steffi auf dem Fußballplatz, da ging es nur ums Gewinnen. Ich mußte Steffi nachher trösten, weil sie kein einziges Tor geschossen hatte. Sie sagte zu mir, ich sei echt der beste Typ, den sie jemals kennengelernt hätte, das sage Heidrun auch immer, wenn Manfred nicht da sei, und ob sie nicht nächsten Sommer mit mir in die Türkei fahren könne.
Als Heidrun das hörte, hatte sie allerdings einen Totalrückfall ins Spießertum. Steffi sei vierzehn, ob ich mir das klarmache, und was ich denn mit einem vierzehnjährigen Mädchen allein in der Türkei wolle und so. Als ob ich was mit Steffi anfinge! Als ob ich sie überredet hätte! Was kann ich dafür, daß sie sich bei mir besser verstanden fühlt als bei Heidrun und Manfred? Was kann ich dafür, wenn ihr das Quatschen und Blödeln mit mir mehr Spaß macht als mit ihnen? Grad sowas müßte Heidrun doch am besten wissen. Außerdem könnte ich sie sowieso nicht mitnehmen, weil Almuth noch nicht so weit ist. Die hängt noch total in den bürgerlichen Strukturen drin, mit Eifersucht und allem Drum und Dran. Die ist noch nicht soweit. Die würde das nie verstehen, wenn noch eine Frau mit uns fährt. Auch wenn die erst vierzehn ist. Oder grade dann.
Aber Almuth kommt auch ganz frisch aus so ‘ner total kaputten Beziehung. Der Typ war Industriekaufmann. Das muß man sich mal vorstellen. Total angepaßter Karrierist, der echt nur sich und was die Nachbarn und die Vorgesetzten und die Kunden und was weiß ich wer noch alles von ihm denken könnten im Kopf hat. Echt. Kann ich auch irgendwo verstehen, wenn Almuth so reagiert.
Na ja, einstweilen kann ich nichts für Steffi tun, außer ihr erstmal „Die Kunst des Liebens“ zu schenken und später „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen“. Wenn sie sechzehn oder siebzehn ist, hat die sowieso die ganzen Strukturen hinterfragt, von denen Heidrun und Manfred bestimmt sind. Dann sollen die mal sehen, mit wem ihre Tochter alles in den Urlaub fährt. Aber irgendwo kann ich Heidrun dann auch wieder verstehen. Bin bloß froh, daß ich selber keine Kinder habe. Echt. Da ist der Rückfall in die Kleinfamilie ja voll programmiert. Ist doch kein Wunder, wenn sie dann hysterisch wird.
Der
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