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Sellavie ist kein Gemüse

Sellavie ist kein Gemüse

Titel: Sellavie ist kein Gemüse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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wenn die Frau sagt, keine Geschäfte im Wohnzimmer? Abwarten. Augen auf und durch.
    Also los jetzt. Die schräggestreifte Krawatte locker um den Kragen wursteln, bloß nicht bemüht aussehen; das einreihige Cord-Jackett mit den Lederaufsätzen an den Ellbogen, die weichen Camel-Schuhe, keine Manschettenknöpfe, den Blumenstrauß nicht vergessen und ab. Hoffentlich hat sie Psychologie studiert.
    Als Unverheirateter hat man in solchen Fällen den doppelten Streß. Mit einer gewandten Gattin könnte man sich jetzt locker die Arbeit teilen. Sie himmelt den Chef an, und ich becirce die Frau mit meiner ritterlichen Nonchalance. Und irgendwann nimmt mich dann der Chef beiseite und zeigt die tolle Eisenbahn. Oder die perfekt eingerichtete Werkstatt im Keller. Derweilen gackern dann die Frauen allerlei Spöttisches über das Kind im Manne, und während die Männer einander Prokura oder den Posten des Personalleiters anbieten, verschwindet das Essensgeschirr wie von allein in der Spülmaschine. Aber was soll’s, es muß auch unverheiratet gehen.
    Na, bitte. Ging doch. War doch gar nicht so schlimm. Zwar war es leider Archäologie, was die Frau studiert hat, aber der Urlaub auf Kreta im Mai war meine Rettung. Sehr hilfreich, daß der Flieger wegen schlechten Wetters nicht starten konnte. Zwei unausgefüllte Tage in Heraklion. Nach dem zehnten Kaffee muß man einfach ins Museum. Knossos, die minoische Kultur von A bis Z. Volles Zwei-Stunden-Thema. Doch, ist eigentlich toll gelaufen.
    Eins war komisch. Als sie von den lauen Abenden erzählte, an denen sie allein vor ihrem Zelt in Epidauros gesessen habe und in ihrem Walkman klassische Musik gehört habe, da fragte ich mich sofort, wieso sagt die klassische Musik? Warum nicht einfach Musik? Denkt sie, ich höre nur Pop und Blaskapellen, oder will sie, daß ich von ihrem Musikgeschmack nichts Falsches denke? Die totale Zwickmühle. Grauenhaft. Das Entsetzliche daran ist, beide Möglichkeiten sind katastrophal! Hält sie mich für einen Banausen, dann hätte ich mich bildungsmäßig falsch präsentiert, hält sie mich für jemanden, der eventuell auf ihr Bildungsniveau herabsieht, dann ist komplett Essig mit Prokura und dergleichen. Außerdem scheint der Chef weder eine Eisenbahn noch einen Bastelkeller zu besitzen. Kein Herrenzimmer, kein Spaziergang im Park, kein „Unter uns jetzt mal“, und die Frau war in Jeans und Sweat-Shirt.
    Jetzt bin ich mit dem Wagen außer Hörweite, jetzt kann ich die Kassette mit „Sweet Home Alabama“ reintun. Volle Pulle aufdrehn, daß die Scheiben platzen. Mit Glück hilft’s gegen den Klotz im Magen. Kommt der vom Käsefondue oder von der Frage des Chefs, wie die Stimmung in der Abteilung so allgemein sei? Und im besonderen mein Verhältnis zum direkten Vorgesetzten. Vielleicht sollte man sich doch mal ein paar gescheite Manschettenknöpfe besorgen. Für alle Fälle. Oder eine Frau, die in Jeans und Pullover auch noch gute Figur macht.
    Und Klassik hört.

Dein Bauch gehört dir
    Der, der die Frauen emanzipiert

    Mit Heidrun fing es damals an. Sie war nicht meine erste Freundin, aber sie war die erste, die meine Hilfe brauchte. Vor mir hatte sie einen total beschissenen Typ, der nutzte sie aus. Ließ sie kein Wort sagen und führte sie bloß immer vor. Und dann war sie ihm doch nicht hübsch genug und er nahm sich ein Püppchen, mit dem er noch mehr den Macho spielen konnte. Widerlich.
    Sie war total fertig, als sie mich anrief. Brauchte jemanden zum Quatschen. Ich hab’ sie abgeholt, ihr meinen Pullover übergezogen und sie zu mir nach Hause geradelt. Damit sie sich nicht so weggeworfen vorkommt, fing ich an zu blödeln, und ich glaube, ich hab’ sie auch ziemlich aufgeheitert. Ja, und dann quatschte sie sich halt den ganzen Streß von der Seele, mußte auch mal sein. Konnte ich gut verstehen.
    Ja, und dann entschloß sie sich spontan, mit mir in die Bretagne zu fahren, aber sie sagte gleich, daß mit uns nichts laufen würde. Das verkrafte sie jetzt, so kurz nach Manfred, so hieß der Macho, noch nicht gleich wieder. Außerdem, sagte sie, zieh’ ich sie auch irgendwie sexuell nicht so an wie Manfred. Dabei ist der so’n Arsch und du bist so lieb, sagte sie dann noch.

    Ja, und dann war es eigentlich ganz schön. Wir quatschten und blödelten die halben Nächte durch, das heißt, sie quatschte und ich blödelte, und irgendwie fuhren wir dann doch ganz schön aufeinander ab. Als wir heimfuhren sagte sie jedenfalls, ach, wenn ich dich doch

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