Sellavie ist kein Gemüse
klingen.“ Natürlich tragen Frl. Müllers Viertele Stompers Melonen und Bärte und Opas Weste zum weißen Hemd. Aber mehr als dreimal kann auch die ausgebuffteste Dixieband nicht Ice Cream und den Bourbon Street Shuffle wiederholen, und so ist auch diese Tortur einmal durchgestanden.
Im Büro der Stadthalle, in deren gemütlich gekacheltem Foyer dieser Frühschoppen stattfand, stehen wir nun zusammen mit dem Klarinettisten von Frl. Müllers und holen unsere Gage ab. Ich sehe entsetzt, daß das Geldbündel für die anderen genau doppelt so dick ist wie unseres. Das kann doch nichtwahrsein. Die Lokalband, die zu Fuß oder mit dem Firmenwagen kommt, die keine Anlage braucht und sowieso auf jeder Hochzeit in der Gegend spielt, soll die doppelte Gage kriegen? Ich kann’s nicht fassen.
Dr. Golz sieht meinen finsteren Blick und sagt, als der Klarinettist draußen ist: „Ja wissen Sie, als ich Ihren Vertrag bekam, hatte ich schon achtzehnhundert pro Person, also fünftausendvierhundert bewilligt bekommen und dann wollten Sie nur achtzehnhundert insgesamt. Da mußte ich noch eine Band für Drei-sechs engagieren, sonst krieg’ ich meinen Etat nicht aufgebraucht. Ich hab’ mich auch gewundert, daß Sie so billig sind. Aber es war doch ein schönes Konzert und einigen Leuten hat’s ja auch ganz gut gefallen. Vielleicht könnten wir nächstes Jahr was im Theater machen. Oder zur Fünfzig-Jahr-Feier der Aluminiumwerke. Vielen Dank jedenfalls und gute Reise.“
Ich schweige bis nach Hause und versuche die rhythmische Struktur des Novemberregens auf dem Autodach zu analysieren.
Das Geständnis
Der Kleinstadt-Häusermakler
Mein Gott, natürlich interessiere ich mich nicht für Kleintierzucht. Und ich habe weder eine Leidenschaft für die Freiwillige Feuerwehr noch für den Kirchenchor. Ich bin nämlich weder pyroman noch musikalisch. Und Mittwoch abends wüßte ich auch was Besseres, als mit dem halben Gewerbeverein am Stammtisch zu sitzen und hiesigen Wein zu trinken , der im übrigen, aber vielleicht ist er gar nicht alleine dafür verantwortlich, meinen Gelusil-Lac-Verbrauch entscheidend in die Höhe treibt. Nein, ich bin auch nicht direkt ein Fan von Fastnachtsvereinen. Und besonders katholisch bin ich auch nicht. Und so direkt in dem Sinne jetzt ein CDU-Wähler? Nee.
Und nicht verliebt in die Tochter vom Bürgermeister .
Ja, Sie haben recht, ich vertrage keinen Alkohol. Er macht mich geschwätzig. Aber einmal im Jahr die Tagung vom RDM, ich bitte Sie, einmal werd’ ich doch noch mein Herz ausschütten dürfen.
Wissen Sie, was mein Lieblingsmärchen ist? Nein, ich bin nicht direkt ein Leser von Märchen. Ich bin eigentlich eher gar kein Leser, wann denn auch. Aber dieses eine, das kenn’ ich noch von früher. Raten Sie, oder sag’ ich’s? Ja, genau: Rumpelstilzchen. Wo sind Sie her, aus Norddeutschland? Ja das ist gut. Rülps. Tschuldigung.
Orchestral Maneuvres in The Dark
Der in den Startlöchern
Auf jeden Fall keine Manschettenknöpfe. Manschettenknöpfe sind Blödsinn. Übertrieben. Obwohl – diese hier in der Form von Tennisschlägern? Nein, zu spießig. Aber wie wär’s mit den roten emaillierten Doppeldeckern, die mir meine kleine Schwester schenkte, als sie gerade in ihrer Pferdeschwanz-Phase war?
Ach nein, besser keine Manschettenknöpfe. Den Chef interessieren solche Kinkerlitzchen nicht. Der hatte überhaupt nur bei der Steuerprüfung und zur Messe eine Krawatte um, sonst nie.
Und seine Frau, hat die nicht Psychologie studiert? Da ist man nicht so bieder. Oder war’s Theaterwissenschaft? Es könnte auch Theaterwissenschaft gewesen sein. Mist, das müßte man jetzt aber genau wissen. Hätte ich doch nur besser zugehört, als es der Chef erwähnte. Jetzt könnte man sich noch schnell was anlesen. Mal memorieren, was ich drauf hab’. Theater: Gründgens, Mephisto, gibt’s auch als Film, kein Problem, war ein Nazi oder so; Bruno Ganz, Peter Stein, Fassbinder, das müßte eigentlich reichen. Kenne ich alles aus’m Kino. Ist Minetti auch ein Schauspieler? Oder war? Zur Sicherheit weglassen, klingt ein bißchen nach Oper oder Formel Eins. Und jetzt die Psychologie: Ach was, da braucht man nichts zu wissen, Psychologen sind doch begeisterte Erklärer. Wenn sie Psychologie studiert hat, brauche ich bloß in rhythmischen Abständen „Ach“ zu sagen. Und der Chef ist ja auch noch da. Mit dem kann man auf jeden Fall über Ostblockmärkte, Koreakonkurrenz und Standortpolitik reden.
Aber was ist,
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