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Sellavie ist kein Gemüse

Sellavie ist kein Gemüse

Titel: Sellavie ist kein Gemüse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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einstellt.

Spätzle, Spätzle,
    wenn ich das schon hör’
    Der gekränkte Schwabe

    Nicht selten verlautet aus gewissen norddeutschen Kreisen, der Schwabe habe nichts Besseres zu tun, als tagaus tagein mit seinem Schätzle Spätzle zu essen, seinem Kinde eigens dafür ein Lätzle umgehängt zu haben, das Kätzle am Naschen der Spätzle zu hindern, wie auch allgemein ihm, dem Kätzle, keinerlei Mätzle zu erlauben. Wenn der Schwabe lustig sei, so heißt es, schneide er ein Frätzle, wenn er ins Theater ginge, bestehe er auf seinem Plätzle, denn er sei es gewohnt und verzichte unter keinen Umständen darauf, mit dem Nachbarn ein Schwätzle zu halten. Natürlich nur bis der Vorhang aufgeht und der Schauspieler sein erstes Sätzle spricht.
    Der Schwabe also, so soll uns hier weisgemacht werden, findet ausschließlich in der Verkleinerungsform als Schwäble statt. Des weiteren will man aus der eingangs erwähnten Richtung den Schwaben als geizig, kleinlich und mißgünstig hinstellen. Den Mülleimer, so wird kolportiert, wasche er mit der Zahnbürste aus – und das wöchentlich; das Treppengeländer poliere seine Frau mit einer abgetragenen Unterhose und ein Trinkgeld gäbe er grundsätzlich nicht.
    Nun, meine Damen und Herren, das alles ist nicht nur gemein, sondern auch ein ausgemachter Blödsinn. Wenn ich meine alte Zahnbürste noch einem weiteren Verwendungszweck zuführe, dann spricht das für mein Umweltbewußtsein, für Intelligenz und Organisationstalent. Den Eindruck zu erwecken, ich würde mir aus Geiz mit derselben Zahnbürste auch meine Zähne, übrigens meine ersten Zähne, das möchte ich auch mal festgehalten wissen, also ich würde mir auch noch die Zähne damit putzen, das ist infam. Wir sollen als eine Bande schmuddliger Abfallschlotzer diskreditiert werden. Die Lächerlichkeit solcher Anschuldigungen erschließt sich dem denkenden Mitmenschen zum Glück von selber.
    Nun zur zweiten Unverschämtheit. Unser Treppengeländer wird nicht poliert, es glänzt von selber. Wenn man das Dranfassen nämlich ein bißchen ökonomisch gestaltet, also nur, wenn man sich wirklich mal festhalten muß und wenn man sich außerdem gelegentlich die Pfoten wäscht, dann wird so ein Geländer nicht stumpf. Dann braucht man es nicht zu polieren. Dann wischt man einmal die Woche Staub und damit ist der Fisch geputzt. Bitte sehr, können Sie gerne nachahmen, meine Herren Hamburger Hygieneweltmeister. Hände waschen, heißt der Trick. Hände waschen. Kapiert?
    Und nun zum dritten. Der Schwabe gäbe kein Trinkgeld. Blödsinn, sag’ ich, horrender Blödsinn. Wie oft hab’ ich einem aufmerksamen Kellner das Glitzern der Freude in die Augen steigen sehen, wenn ich einen ordentlichen Bonus auf die Zeche schlug. Ich höre meine Stimme noch sagen „Drei fünfundachtzig“, nachdem der Ober eben den Preis mit „Drei achtzig“ genannt hatte. Na, ist das vielleicht nix? Das läppert sich nämlich. Wenn einer fleißig ist und ein angenehmes Benehmen hat, dann geht der abends aber locker mit drei Mark mehr nach Hause. Jederzeit. Das macht im Monat um die neunzig Mark. Das könnten fünf Prozent des Lohnes werden. Tausendachtzig Mark im Jahr. Der Schwabe und kein Trinkgeld geben. Ja, da könnt’ ich mich grad’ totlachen. Außerdem geh’ ich selten aus, da hab’ ich ja gar nicht die Gelegenheit.
    Und wie steht’s mit dem Vorwurf, der Schwabe sei provinziell, er neide der norddeutschen Tiefebene die Weite, den Horizont, die Weitläufigkeit? Ha. Wenn ich mich eben totgelacht hätte, dann müßte ich jetzt grad’ aus dem Grabe steigen und von neuem donnernd lachen. Ha, ha. Die Weite: Ich würd’ mal sagen, eine Weite, in der nichts los ist, was bringt einem die? Das gibt doch alles nix fürs Auge her. Da haben wir vielleicht ein paar strohgedeckte Häuschen, Ställe mit hormonverseuchten Kälbern, einen altersschwachen Traktor und fad schmeckende Chemieschweine. Ja, sagenhaft. Ja, und was fliegt denn da? Ist es eine Schwalbe, die nach Schwäbisch Gmünd fliegt, oder ein Flugzeug von Dornier? Und da unten, was fährt denn da die endlos langweilige, kerzengrade, gähnend lange unbefestigte Straße entlang? Ein Mercedes aus Untertürkheim , ein Porsche aus Zuffenhausen oder ein Audi aus Neckarsulm? Zugegeben, es könnte auch ein BMW sein, aber wird der vielleicht in Norddeutschland gefertigt? Und der Audi könnte auch aus Ingolstadt kommen, aber liegt das vielleicht in der Nähe von Wilhelmshaven?
    Was hat der käsgesichtige

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