Sellavie ist kein Gemüse
zufrieden, daß sie braun wird und endlich „Das Parfum“ lesen kann. Aber ich bin nicht zufrieden. Ich habe dann so eine Unruhe, so ein Eroberungsstreben, so ein Gefühl, daß hier in der Nähe eine Grenze sei, auf die ich mich zubewegen muß. Ich surfe, ich tauche, ich schwimme weit raus, und meine Freundin liegt nur da und glänzt fettig. Wenn ich von einer Muräne erzähle, hört sie höflich zu, wenn ich Katzenhaie gesehen habe, weiß sie, daß die ungefährlich sind, und wenn ich mit dem Surfbrett zwei Stunden lang gegen den Wind gekreuzt bin, sagt sie: „Ich hätte doch die Jungs mit dem Boot losschicken sollen, damit sie dich holen.“ Sie begreift es nicht. Sie kapiert nicht, daß es gerade dieses Erlebnis von Gefahr, gerade die Überwindung einer Schwierigkeit unter Einsatz der ganzen Person, daß es gerade das ist, worum es geht. Wenn ich mit einem Fischer rausfahre, dann findet sie das eigentlich auch romantisch, aber erstens zu früh und zweitens tun ihr die Fische leid. Abends beim Essen dann allerdings nicht mehr. Sie vergißt, daß ich sie im Notfall ernähren könnte, weil ich weiß, wie man sich Nahrung verschafft. Ich solle mich nicht so typisch männlich aufführen, sagt sie immer, wenn das Thema auf den Tisch kommt. Sie verspottet mein Training, hat es aber ganz gern, wenn ich sie vom Wohnzimmer ins Bett trage. Sie trägt mich nie. Und wenn eine Bande von Straßenjungs sie vergewaltigen wollte, weil sie nackt am Strand liegt, dann hätte sie auch nichts dagegen, daß ich sie raushaue. Und die Motorhaube unseres Land Cruisers würde sie auch nur dann aufmachen, wenn sie mit ihrer feministischen Schwester alleine wär! Wenn ich dabei bin, hat sie zu lange Fingernägel oder räumt derweilen das Handschuhfach aus. Es ist also nicht so, daß sie nicht profitieren würde von dieser Männlichkeit, die sie an mir kritisiert. Bloß die Kehrseite der Medaille will sie nicht akzeptieren.
Was ich sagen will, für mich ist das Meer jedenfalls kein großer Swimmingpool, sondern nach wie vor der Rand der Welt. Man muß sich drüber wagen, das Unbekannte suchen, in die Fremde segeln und neue Welten erobern. Wenn ich meiner Freundin sowas sage, dann behauptet sie, das Meer sei das Weibliche schlechthin, wir wollten nur auf die Suche nach unseren eigenen weiblichen Anteilen gehen und was sie daran störe sei, daß wir diese unterwerfen wollten und nicht integrieren. Integrieren , so ein Scheiß. Wenn ich das Meer integrieren wollte, käme ich vom Klo nicht mehr runter. Und wenn ich eine Frau integrieren könnte, würde ich allein leben und im Stehen pinkeln.
Ich habe im Büro ein großes Plakat und da ist nur Wasser drauf. Die unendliche Weite des Ozeans. Ich kann beim besten Willen keine Frau darauf erkennen.
Das richtige timing ist alles
Der Nicht-Yuppie
Ein Neuntausender-Saab-Turbo, vorwiegend vegetarisches Eßverhalten und all diese italienischen Anzüge aus den englischen Stoffen; die Bulgari-Uhr, das Fischgrät-Parkett, der Steinway und die Labradors; die Kate in der Heide und der Turm in San Gimignano; all das macht noch keinen Yuppie. Ja, zugegeben, in den letzten Jahren hab’ ich mich nicht dagegen gesträubt, wenn mich manche meiner Bekannten so bezeichneten. Manche. Es mußten schon die Richtigen sein. Wolfgang mit seinem IG-Metall-Janker und dem penetranten Was-tust-du-gegen-die-Zerstörung-der-Welt-Getue gehört zum Beispiel nicht dazu. Aber Inge, die seit viereinhalb Jahren Inka genannt wird, übrigens genau seit der Zeit, in der auch ihre Boutique den Namen wechselte, von „Guevara“ zu „Charisma“, die gehört dazu. Inka und ihr Dolph haben Stil. Dolph heißt übrigens schon viel länger nicht mehr Rudolf als Ingrid Inka. Oder andersrum. Auf jeden Fall haben die beiden Stil. Wenn auch erst seit kurzem. Erstmal mußten noch die Mastinos, die Sechziger-Jahre-Eigentumswohnung und das Feriendomizil auf Mallorca abgeschafft werden.
Mastinos! Da kann man sich gleich einen weißen 560er mit Spoiler und Monogramm vor die Haustür stellen. Aber jetzt, doch, muß man sagen, sie haben die Lektion gelernt. Der Zwölfzylinder und die Vorliebe für leichten, weißen Landwein aus Apulien weisen sie als lässige Hedonisten aus.
Aber um nicht vom Thema abzukommen, ich bin kein Yuppie. Erstens hält sich der Begriff schon viel zu lang, um nicht demnächst aussterben zu müssen, und zweitens sind Yuppies doch irgendwie oberflächliche Materialisten. Steht jedenfalls in den angesagten Blättern zu
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