Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
senkte betroffen den Kopf. »Das wusste ich nicht. Aber es erklärt Vieles. Vielleicht ...«
Als ich nach ihrer Hand griff, verstummte sie. »Es ist die richtige Entscheidung«, sagte ich. »Bei Euch wird Maria ein gutes Zuhause haben. In welchem Land auch immer. An Eurer Seite wird aus ihr ein ebenso edles und gutes Mädchen werden, wie Giselle es war.«
Tränen schimmerten in ihren Augen, als sie sagte: »Das hoffe ich.«
Schweigend sahen wir uns an, dann fragte Jeanne: »Habt Ihr zufällig Yvette gesehen?«
Ich nickte. »Sie ist bei Jared. Er wollte ihr wohl zeigen, wie man Steine übers Wasser springen lässt.«
Madame d’Azième nickte mir zu, dann ging sie zum Flussufer.
Dort würde sie allerdings wohl nur noch ihre Enkelin finden, denn als ich zur Seite blickte, sah ich Jared mit langen Schritten zu Sayd eilen. Gespannt, was nun passieren würde, beobachtete ich die beiden.
Einen Moment lang standen sie da, als wüssten sie nichts miteinander anzufangen. Dann deutete Jared auf die Karte, woraufhin Sayd sie ihm reichte.
Bestand doch noch Hoffnung, dass er uns bald nicht mehr grollte?
Als die Unterredung zwischen Sayd und Jared beendet war, verkündete unser Anführer, dass wir weiterreisen würden.
Jeanne d’Azième setzte Maria vor ihre Enkelin auf das Pferd, damit diese sie festhalten konnte. Ich war überrascht, wie gut sich die beiden Mädchen trotz unterschiedlicher Muttersprachen verstanden. Und dass Maria keinerlei Anzeichen von Heimweh zeigte. Trotz ihres geringen Alters schien sie begriffen zu haben, dass ihr altes Leben in dem Augenblick zu Ende war, als die Magd nicht mehr erschien, um ihr Essen zu bringen.
Als alle fertig waren, setzte sich unser Zug wieder in Bewegung.
Dank Jareds Einsicht änderten wir die Route ein wenig ab und kamen wesentlich besser voran. Doch ich täuschte mich, wenn ich gehofft hatte, dass er sich wieder gefangen hatte. Gesenkten Kopfes ritt er weit hinter dem Zug. Nur wenn es galt, die Strecke zu korrigieren, preschte er nach vorn und gab Sayd den entsprechenden Hinweis. So ritten wir, bis sich schließlich der Tag hinter den Bergen verkroch.
»In der Nacht müssen wir besonders wachsam sein«, mahnte Sayd, als wir unser Lager aufschlugen. »Da sie nicht viel mehr als schwarzer Rauch sind, können sie sich recht gut tarnen.«
»Und wenn wir kein Feuer entzünden?«, fragte Vincenzo.
»Dann finden sie uns trotzdem«, brummte David.
»Er hat recht«, stimmte Sayd ihm zu. »Wir sollten das Lager sogar so hell wie möglich machen. Und dann gibt es noch etwas, das vielleicht helfen könnte.«
Er zog ein Stück Pergament aus der Tasche, das er noch vor unserer Abreise beschrieben haben musste. Die Kalligrafie erinnerte an den Wandschmuck in der Alhambra. Ich erkannte darin eine der Schutzsuren aus dem Koran.
»Dschinn fürchten diese Sure«, erklärte er uns mit einem Blick auf Jared, der früher wohl eine Geschichte dazu zum Besten gegeben hätte.
»Vielleicht sollten wir die Sure an den Rändern unseres Lagers in den Sand schreiben«, schlug ich vor.
»Keine schlechte Idee.« Sayd ließ den Zettel herumgehen, damit jeder ihn lesen konnte, dann bedeutete er mir, ihn zu behalten.
»Falls die Dschinn auftauchen, murmelt diesen Spruch – und haltet eure Waffe bereit.«
»Das heißt also, dass der Spruch nicht wirkt?«, fragte Vincenzo grinsend.
»Ich weiß, dass er wirkt, wenn er von jemandem gesprochen wird, der zu Allah betet. Ich übernehme keine Haftung, dass die Sure auch bei Christen, Juden und Nordleuten hilft. Aber dafür habt ihr ja eure Waffen. Da ihr alle schon mal mit ihnen zu tun hattet, erübrigt es sich, zu sagen, dass man sie mit einem Stich durchs Auge tötet.«
Nachdem Gabriel und ich die Sure an allen möglichen Stellen in den Sand geschrieben hatten, setzten wir uns zu den anderen an das große Lagerfeuer. Es war eine recht leise Runde, in der jeder gedankenversunken ins Feuer oder in den sternenklaren Himmel starrte. Nach und nach begaben sich die Katharer zur Ruhe, hin und wieder weinte eines der kleinen Kinder, doch es wurde von seiner Mutter rasch wieder beruhigt.
Schließlich war es rings um uns still. So still, dass wir hören konnten, wie die Tiere der Nacht zur Jagd aufbrachen oder davon zurückkehrten. Ich blickte auf den Mond, der unverschleiert auf uns herabsah. Doch auch er konnte mir nicht sagen, was uns bevorstand.
35
E ine Woche später näherten wir uns allmählich der nördlichen Küste. Bis nach Bordeaux würde es
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