Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
die Füße in einen kleinen Fluss, der sich hier durch die Wiesen schlängelte.
Meine Brüder und ich hielten Wache, was eigentlich unnötig erschien, denn niemand wusste von unserem Zug. Doch wir hatten nicht vergessen, wie schnell die Dschinn heran sein könnten. Also hielten wir Ausschau nach dunklen Wolken oder Schatten, wo eigentlich keine Schatten hätten sein dürfen.
Während die Ersten im Zug sich schon wieder reisefertig machten, ging ich zu Sayd, der an der Spitze ritt – meist ein gutes Stück voraus, um den besten Weg zu finden.
»Es ist ein Jammer, dass Jared noch immer schmollt«, sagte er, als ich zu ihm trat. Gerade mühte er sich mit der Karte ab, die ihm Monsieur d’Azième überlassen hatte. Diese wies, wie ich jetzt sah, zahlreiche weiße Flecken auf, denn sie war anhand Azièmes Erinnerung an seine Reisen und der Berichte anderer Reisender erstellt worden. »Er hätte auch mit dieser schlechten Karte einen viel besseren Weg gefunden.«
»Hast du ihn schon gefragt, ob er das tun würde?«
Sayd schüttelte den Kopf. »Und es ist wohl auch besser, wenn ich ihm in der nächsten Zeit nicht unter die Augen trete.«
»Mit mir hat er ein paar Worte gewechselt«, entgegneteich. »Keine freundlichen Worte, und genau genommen war er sehr kurz angebunden, aber immerhin hat er mich sogar angesehen.«
»Da hast du Glück«, gab Sayd bitter zurück, während er erneut auf die Karte starrte. »Mir wird er wohl noch in hundert Jahren grollen. Wollen wir hoffen, dass er keine Dummheiten macht.«
»Das glaube ich nicht.«
Sayd schnaufte. »Malik war damals auch drauf und dran, einen folgenschweren Fehler zu begehen. Liebe macht uns zu Narren.«
Die Bitterkeit seiner Worte schmerzte mich. Und auf einmal stach mich der Hafer. Jared mochte vielleicht schmollen, doch er war noch immer unserem Bund verpflichtet!
Während ich, die Hände in den Hüften, zu ihm gestapft war, hatte ich vorgehabt, ihm gründlich den Kopf zu waschen, doch als ich sah, dass er mit Giselles Schwester am Flussufer saß, Steine ins Wasser warf und trotz seiner tiefen Traurigkeit für das Mädchen lachte, verflog mein Ärger, als hätte der Wind ihn fortgetragen.
»Was willst du schon wieder?«, brummte er, als er mich bemerkte. Wahrscheinlich verfinsterte sich seine Miene nur deshalb nicht, weil das Mädchen bei ihm saß.
»Ich wollte dich um Hilfe bitten.«
»Hilfe?« Jared schnaubte spöttisch, dann biss er sich auf die Lippe. Vor Yvette wollte er wohl nicht davon sprechen, dass ich Giselle meine Hilfe verweigert hatte.
»Sayd hat Probleme mit der Karte.«
»Und warum kommt er dann nicht selbst zu mir?«
Traurigkeit hin oder her, sein trotziger Ton weckte etwas in mir, das mich weitersprechen ließ. »Weil er weiß, dass du mit ihm nicht reden würdest! Sei uns meinetwegen böse, aber im Interesse dieser Menschen hier raff dich auf undhilf ihm, einen guten Weg zu finden. Je länger wir brauchen, desto größer ist die Gefahr.« Wut schoss in mir hoch, als er sich nicht rührte. Wer glaubte er zu sein, dass ich ihn anflehen musste, uns zu helfen? Hatte nicht auch ich Giselle geliebt und ein großes Opfer gebracht, indem ich ihr zum Schutz der Gemeinschaft die Lamiengabe verweigert hatte? »Sie hätte sich darüber gefreut«, sagte ich dann, mehr zu mir als zu ihm.
Jared erwiderte nichts darauf. Das Mädchen, obwohl es erst sechs Sommer alt war, schien den Ernst unseres Gesprächs zu begreifen, denn es starrte mich mit großen Augen an.
Ich lächelte ihr zu und bückte mich nach einer dottergelben, kleinen Blume, die zu meinen Füßen spross. Ich pflückte sie, beugte mich über Yvette und flocht sie ihr ins Haar. Jetzt lächelte mich die Kleine an. Und ohne Jared anzusehen, wandte ich mich ab und kehrte zu Gabriel zurück.
Bevor ich bei ihm ankam, hielt Madame d’Azième mich auf. »Ich wollte Euch danken«, sagte sie, während sie würdevoll die Hände ineinanderlegte.
»Ich wüsste nicht wofür, Madame«, entgegnete ich lächelnd.
»Dafür, dass Ihr David überzeugt habt, mir das Mädchen zu überlassen. Er war sehr zuvorkommend und freundlich.«
»Das ist David eigentlich immer.«
»Er scheint eine sehr feste Bindung zu dem Mädchen zu haben. Und vor allem hat er ein gutes Gespür für Kinder.«
»Das kommt wohl davon, dass er selbst einst Kinder hatte.«
»Hatte?« Verwunderung trat auf Jeannes Gesicht.
»David hat seine Familie während des Kreuzzuges verloren.« So viel durfte ich wohl verraten.
Jeanne
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